Eine Zeitreise in die letzten Jahre des Zweiten Weltkrieges

Führungen zum Tag des offenen Denkmals im Rhein-Sieg-Kreis stehen unter dem Motto "Krieg und Frieden"

  Vor 60 Jahren  erblickte Josef Schnabel von dieser Stelle am Niederkasseler Rheinufer aus die ersten US-Soldaten in Wesseling.

Vor 60 Jahren erblickte Josef Schnabel von dieser Stelle am Niederkasseler Rheinufer aus die ersten US-Soldaten in Wesseling.

Foto: Eisner

Rhein-Sieg-Kreis. (eiu) "Die hießen doch mal Hermann-Göring-Werke", entfährt es am Samstag einer Niederkasselerin, als sie über den Rhein blickt und die ROW-Raffinerien in Wesseling erblickt. Die rüstige Dame gehört zu einer Gruppe von rund 40 Personen, die sich auf eine "Zeitreise" begeben hatte.

Der Niederkasseler Denkmalpfleger Josef Schnabel hatte zur Denkmalfahrt geladen, die ganz im Zeichen von "Krieg und Frieden" stand und die Teilnehmer in die Zeit des Zweiten Weltkrieges zurückversetzte. Derartige Führungen gab es am bundesweiten Tag des offenen Denkmals in vielen Orten im Kreis.

"Es gibt leider in Niederkassel kaum noch steinerne Zeugen aus dieser Zeit", sagte Bürgermeister Walter Esser als er die Teilnehmer der Denkmaltour begrüßte. Esser, am 2. Oktober 1944 geboren, ist selbst ein Kriegskind. "Meine Mutter brachte mich in Troisdorf zur Welt, weil Niederkassel in dieser Zeit unter Beschuss lag", erzählte Esser.

Einem Auszug der Chronik der Lülsdorfer Volksschule ist zu entnehmen, dass die Benzinwerke in Wesseling am 3. Oktober 1944 von den Amerikanern angegriffen worden waren. Aber auch Niederkassel war oft das Ziel von alliierten Bombern. "Das ist die Lichtung, wo ich am Morgen des 7. März 1945 erstmals amerikanische Truppen drüben in Wesseling gesehen habe", sagte Josef Schnabel und zeigte den Teilnehmern die Stelle am Rheinufer unterhalb des Rathauses.

Schnabel war damals zehn Jahre alt und erinnert sich noch sehr lebhaft an die Kriegszeit. Die Familie Schnabel lebte damals in einem Haus an der Nießengasse. "Wenn die Luftangriffe kamen, sind wir immer in diesen Luftschutzkeller", berichtete Schnabel, als er die Teilnehmer mit zu seinem Geburtshaus nahm, in dem heute eine junge Familie wohnt. "Da gehen sie besser nicht runter. Diese Eisenleiter ist über 60 Jahre alt", mahnte er die Gruppe.

Er selbst stellte sich aber noch einmal auf die Leiter, um einen Blick in den Keller zu werfen, der bei den vielen Bombenangriffen auf Niederkassel für ihn und seine Familie der Ort der Zuflucht war. "Das war eine schlimme Zeit". Die Alliierten warfen aber nicht nur Bomben ab, sondern auch Anti-Nazi-Propaganda. Die hatte zum Ziel, die Bevölkerung und die deutschen Soldaten zur Kapitulation zu bewegen. Einige Original-Exemplare hatte Schnabel am Samstag im Gepäck und zeigte sie den Teilnehmern.

In sieben Niederkasseler Stadtteilen machte der Bus mit Schnabel und seiner Gruppe halt, um Stellen zu besuchen, die während des Zweiten Weltkrieges nicht uninteressant waren. So die Stellungen der damaligen Fliegerabwehrkanonen (Flak) an der Deutzer Straße zwischen Niederkassel und Rheidt.

Da das Thema der Tour "Krieg und Frieden" hieß, machte die Gruppe auch am Drolshagener Hof in Stockem halt. "Das dortige Hof-Kreuz ist ein Zeichen des Friedens. Leider wird es derzeit restauriert und erst im nächsten Jahr wieder aufgestellt", sagte Schnabel. Vorher besuchten sie noch den Intarsienkünstler Paul Krenz in Rheidt, der als Zeichen des Friedens ein Weltenherz aus einer Uckendorfer Platane geschaffen hat.

Nach einer Pause im Clubheim der Golfanlage Clostermanns Hof referierten schließlich Zeitzeugen, wie sie das Kriegsende in Niederkassel erlebten. Später erläuterte Jakob Pütz aus Rheidt der Gruppe den Grad der Kriegszerstörungen und den Wiederaufbau anhand von Fotos.

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