GA-Serie "Rheinische Redensarten" Du häs jo et Schoss eruss

In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir mit Unterstützung von Dialektsachverständigen bedeutungstiefe Redewendungen.

Schöner als im Rheinland lässt es sich nirgendwo beleidigen. Fantasievoller kann keine Volksgruppe ihre Mitmenschen beschimpfen. Und immer ist ein guter Schuss Humor dabei, so dass der Adressat nicht vollständig auf die Palme klettern muss. Der hiesige Dialekt verkleinert in jenen Fällen die Verbalattacke zur zarten Neckerei. Bierernst ist da also nicht angebracht.

Das gilt auch für unsere heutige Rheinische Redewendung: „Du häs jo et Schoss eruss“ ist an sich schon sehr lautmalerisch und heißt ins Hochdeutsche übersetzt: „Du hast ja die Schublade raus.“

Genau so wie man sonst vielleicht sagen würde „Du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank“ ist da von einem Defizit die Rede. Irgendetwas fehlt, was eigentlich da sein sollte. Schön ist da auch die verwandte Wendung: „Der ist ein bisschen kurz unter der Mütze“. Ja, es ist leicht zu erraten, es geht um intellektuelle Hilflosigkeit. Da stellt sich einer dumm an. Und da muss das Bild des Schrankes herhalten, dem eine Schublade fehlt.

Begriff stammt aus der Nordeifel und vom Niederrhein

Sprachforscher Peter Honnen vom Landschaftsverband Rheinland hat in seinem Regionalwörterbuch erläutert, weshalb „Schoss“ so viel heißt wie „Schublade“. Der Begriff ist demnach üblich im Gebiet zwischen Nordeifel und südlichem Niederrhein. Und es ist abgeleitet vom „schießen“ des Bäckers, der noch heute das Brot in den Backofen „einschießt“.

Für diejenigen, die eine ungeordnete Krimskramsschublade ihr Eigen nennen, sei übrigens erwähnt, dass das Rheinische dafür das Wort „Rummelsschoss“ bereithält. Da wäre es manchmal sogar wünschenswert, wenn sie „et Schoss eruss“ hätten.

Die Artikel zum rheinischen Dialekt entstehen in Zusammenarbeit mit dem Heimatfilmer Georg Divossen (www.bönnsch-abc.de). Haben auch Sie einen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns an rheinisch@ga.de.

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