GA-Serie "Rheinische Redensarten" Do häst do de Ühl om Dach

In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir mit Unterstützung von Dialektsachverständigen bedeutungstiefe Redewendungen.

 Da hast Du die Eule auf dem Dach.

Da hast Du die Eule auf dem Dach.

Foto: GA-Grafik

Um eine der niedlichsten Redensarten im Rheinischen wollen wir uns heute kümmern. Dabei ist besonders bemerkenswert, dass der Satz zwar eine Vielzahl an Deutungen zuließe, auch eine schier unerschöpfliche Zahl an Einsatzmöglichkeiten böte. Tatsächlich wird er aber stets in einem bestimmten Zusammenhang vorgebracht. Es geht um die Formulierung: „Do häst do de Ühl om Dach.“ Auf Hochdeutsch heißt das: „Da hast Du die Eule auf dem Dach.“

Die Exegese braucht Vorwissen

Die Exegese ist hier keinesfalls ein Selbstläufer. Ja, man braucht schon ein bisschen Vorwissen. Oder wenigstens eine gewisse Lebenserfahrung. Denn am häufigsten trifft man diesen Satz wohl im Umfeld der rheinischen Kneipenkultur an. Nämlich immer dann, wenn zu vorgerückter Stunde ein Herr zum anderen spricht. Vielleicht ist er ein bisschen spät dran für den Nachhauseweg, oder er hat merklich ein Kölsch mehr als die Kumpanen. Dann kann es sein, dass der Satz fällt: Wenn Do noh Huus küss, häst do de Ühl om Dach.

Furcht vor Beziehungsberechtigten

Dem Delinquenten droht demzufolge Ungemach, falls er zu spät und/oder beeinträchtigt von außen die Haustür aufschließt. Die Furcht personifiziert sich in der Beziehungsberechtigten – der Ehefrau. Das Klischee vergangener Jahrzehnte führte zu witzig gemeinten Zeichnungen, die eine Frau mit Nudelholz hinter der Eingangstür zeigt. Heute, in Zeiten der Gleichberechtigung, gibt es das natürlich nicht mehr.

Die Eule als Nachtvogel

Wie dem auch sei, die Eule gilt als Nachtvogel vielen als Zeichen drohenden Unheils. Und genau daraus erklärt sich die Redensart. Hat jemand die Eule auf dem Dach, dann ist höchste Vorsicht geboten. Wir empfehlen also entweder vorab ein tugendhaftes Leben oder im nachhinein die regelmäßig Nutzung eines Schutzhelmes. In der Literatur findet der schlechte Ruf der Eule seinen Niederschlag etwa im Drama Julius Cäsar von William Shakespeare. Ein Eulenschrei kündigt darin den Mord am Kaiser an. Und auch in Macbeth ruft die Eule während des Mordes. Man sollte die Eule auf dem Dach also niemals auf die leichte Schulter nehmen.

Die Artikel zum rheinischen Dialekt entstehen in Zusammenarbeit mit dem Heimatfilmer Georg Divossen (www.bönnsch-abc.de). Haben auch Sie einen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns an rheinisch@ga.de.

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