Verkehr in der Region Die ewige Debatte um den Ennertaufstieg

REGION · Tag für Tag meldet der Verkehrsfunk sogar in der Urlaubszeit Staus wegen der Bauarbeiten auf der Nordbrücke. Da befeuert wieder ein Gutachten zur Verkehrssituation in der Region die 1968 begonnene ewige Debatte über Südtangente und Ennertaufstieg. Diesmal empfehlen die Gutachter den Ennertaufstieg und die Autobahnauffahrt Birlinghoven als Lösung.

In der Vergangenheit kamen Gutachten auch zum umgekehrten Schluss. Vor zu starken Eingriffen in die Natur warnte Landschaftsplaner Reinhard Grebe. Dessen Papier kam 1996 auf den Tisch, nachdem es drei Jahre lang unter Verschluss gehalten worden war.

Auch die jüngst im Internet aufgetauchte Mobilitätsstudie für Bonn und den südlichen Rhein-Sieg-Kreis, in Auftrag gegeben vom Bund und von der damaligen schwarz-gelben NRW-Landesregierung, lag unter Rot-Grün gut neun Monate in der Schublade. Nicht immer scheinen Gutachten willkommen zu sein.

In der aktuellen Studie empfehlen die Gutachter, die "Bündelung Siebengebirge" umzusetzen. Hinter dem neuen Namen verbergen sich der vierspurige Ennertaufstieg (B56n) und die Anschlussstelle an die A3 bei Birlinghoven, also die Verbindung der Südbrücke alias A562 mit der Autobahn 3.

Nach Ansicht der Gutachter-Büros ETC Transport Consultants Berlin und PTV Planung Transport Verkehr Karlsruhe hat die "Bündelung Siebengebirge" die stärkste Entlastungswirkung und den größten volkswirtschaftlichen Nutzen. Fünf "Maßnahmen-Kombinationen" (MK) haben die Gutachter genauer unter die Lupe genommen. So lautet ihr Fazit:

  • Entlastung nördliches Siebengebirge (MK 1): Das Paket enthält eine neue Führung der Landstraßen 268 und 490 in Königswinter und Oberkassel, Ennerttunnel sowie eine Anbindung an die A3 bei Thomasberg. Damit werde die B42 entlastet, ebenso die nördliche Anbindung Bonns über die A560 und A565. Das Siebengebirge würde laut Studie um 26.000 Fahrzeuge pro Tag entlastet, deutlich weniger als bei MK 2. Kosten: 160 Millionen Euro.
  • Bündelung Siebengebirge (MK 2): Der Favorit der Gutachter mit Ennertaufstieg und Anschlussstelle Birlinghoven. Deutlich höhere Entlastung der Naturschutzgebiete, Entlastung Sankt Augustins und des Bonner Nordens. Kosten: 193 Millionen Euro. (Anmerkung der Redaktion: Als der Ennertaufstieg 2003 aus dem Bundesverkehrswegeplan flog, war noch von Kosten in Höhe von 60 Millionen Euro die Rede.)
  • Bündelung Siebengebirge und Südumgehung Bonn (MK 3): Wie MK 2 plus Venusbergtunnel (Verbindung A565 zur A562). Zusätzliche Vorteile für das linksrheinische Bonn, eine Entlastung der B9 sowie der A565. Naturschutzgebiete würden aber stärker belastet. Kostenpunkt: 519 Millionen Euro. Teuerste Variante, aber deutlich zusätzlicher Nutzen.
  • Ortsumgehung Ittenbach (MK 4): Bau eines Teil-Tunnels unter dem Oelberg, Ausbau der B42 sowie der L331 nach Ittenbach. Entlastung des Ortes und anderer Querungen im Siebengebirge, mehr Belastung für Naturschutzgebiete und B42. Verkehrliche Wirkungen: deutlich geringer. Kostenplanung: 64 Millionen Euro.
  • Verbesserter ÖPNV (MK 5): Der ÖPNV ist laut Gutachten nur in der Lage, bei der Problemlösung zu unterstützen. Bei allen Szenarien gehen die Gutachter davon aus, dass 2025 40.000 Einwohner mehr im Rhein-Sieg-Kreis leben. Eine Annahme, wohlgemerkt. Im selben Zeitraum ein Verkehrsprojekt umzusetzen, gilt als unmöglich. Ganz gleich, welches.

Die Mobilitätsstudie und ihre Geschichte

Vor mehr als drei Jahren ist die Mobilitätsstudie vom Bundesverkehrsministerium und dem Land Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben worden. Ihr Ziel sollte es sein, eine sachliche und neutrale Basis unter Einbeziehung aller Interessengruppen zu legen, damit wieder Bewegung in die festgefahrene Diskussion über die Lösung der Verkehrsprobleme in Bonn und der Region kommt.

Die Kosten für das Gutachten in Höhe von 258.000 Euro teilten sich Bund und Land zu gleichen Teilen. Eine erste Fassung legten die Gutachter des Papiers am 18. Oktober 2010 vor, eine zweite datiert vom 8. August 2011.

Nachdem Politiker aus der Region immer wieder auf die Herausgabe der Verkehrsstudie gedrängt hatten, die beim Düsseldorfer Verkehrsministerium lag, tauchte sie am vergangenen Freitag unerwartet auf der Internetseite von Straßen.NRW auf.

Zunächst handelte es sich um die ältere Version, was nach GA-Informationen ein Versehen gewesen sein soll. Ab Montag stand dann die zweite und aktuellere Version im Netz, die ältere ist seitdem verschwunden.

In beiden Versionen unterscheidet die Studie zwischen einem Planungsgebiet und einem Modellgebiet. Das Planungsgebiet ist im Norden durch die A565 mit der Nordbrücke und im Süden durch die Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz begrenzt.

Die Verkehrsflüsse haben die Gutachter aber im weiter gefassten so genannten Modellgebiet betrachtet, dass sich von der Rodenkirchener Brücke (A4) bis zur A48 bei Koblenz erstreckt. Das Gutachten steht im Internet zum Herunterladen bereit unter: http://www.strassen.nrw.de/projekte/mobilitaetsstudie_rhein-sieg.html

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort