GA-Serie "Rheinische Redensarten" Der hätt ene Ijel en de Täsch

In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir mit Unterstützung von Dialektsachverständigen bedeutungstiefe Redewendungen.

Der Rheinländer unterscheidet hin und wieder zwischen gern gesehenen Gästen und weniger gern gesehenen. Letztere werden manchmal auch Kläffbotze genannt. Das bezeichnet Subjekte, die auch spät am Abend den Weg nach Hause nicht finden. Sie kleben mit ihren Hosen (Botze) auf dem Stuhl, und der Gastgeber wird sie partout nicht los.

Interessanterweise wählt der Bonner Mundartfachmann Herbert Weffer in seinem bönnschen Wörterbuch die Schreibweise „Kläffbotz“, während der Langenscheidt Kölsch die Variante „Kläävbotz“ präferiert. Scheint so, als habe es zwischen Rheinkilometer 655 (Bonn) und 688 (Köln) eine Konsonantenverschiebung gegeben.

Vielleicht ist es aber auch ein weiterer Hinweis darauf, dass der Dialekt eine gesprochene und keine geschriebene Sprache mit verbindlich zu nennenden Regeln ist. Zumal die Akzentuierung auch von Ort zu Ort variieren kann.

Wie dem auch sei, unsere heutige Redensart lautet: „Der hätt ene Ijel en de Täsch.“ Wörtlich bedeutet das auf Hochdeutsch: „Der hat einen Igel in der Tasche.“ Wieder einmal eine Begriff, der sich nicht selbst erklärt. Mundartsprecher Hans Nolden kann helfen: „Das bezeichnet jemanden, der Angst hat, sich beim Griff in die Hosentasche zu verletzen.“

Und Karl Friedrich Schleier ergänzt: „In der Tasche sitzt ja das Portemonnaie.“ Es geht also um einen, der sich gerne einladen lässt oder dorthin geht, wo es etwas umsonst gibt. Im Gegenzug ist er sehr zurückhaltend, selbst mal eine Runde zu geben. Hans-Josef Müller fasst zusammen: „Ne naaße Kläffbotz, der sich von anderen freihalten lässt und selbst nie einen ausgibt.“

Da war sie wieder die Kläffbotz, aber was bedeutet in diesem Zusammenhang naaße? Hat das mit Feuchtigkeit zu tun? Es ist wohl eher die Ableitung vom sogenannten Nassauer. „Die hatten vom Herzog von Nassau für Festivitäten das Privileg eines Freitisches erhalten und mussten nicht zahlen“, erläutert Josef Schwalb. Und so jemanden hat heutzutage wohl niemand gerne im Haus.

Die Artikel zum rheinischen Dialekt entstehen in Zusammenarbeit mit dem Heimatfilmer Georg Divossen (www.bönnsch-abc.de). Haben auch Sie einen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns an rheinisch@ga.de.

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