Kurzfilm Der Schritt zum Coming-out

SIEGBURG · Der 21 Jahre alte Siegburger Harry Semmler will mit einem Film homosexuellen Jugendlichen Mut machen.

 Zufrieden mit der Einstellung: Filmemacher Harry Semmler (vorne) schaut sich in der Kamera eine Szene seine Films an. Repro: GA

Zufrieden mit der Einstellung: Filmemacher Harry Semmler (vorne) schaut sich in der Kamera eine Szene seine Films an. Repro: GA

Zwei Jungen laufen Hand in Hand über eine Wiese. Sie sind ein Paar, das wird schnell deutlich. Doch etwas stört das Beisammensein. "Was werden meine Eltern sagen? Werden sie mich hassen?" Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Kurzfilms "Dann kannst du frei sein". Mit dem etwa fünf Minuten langen Film will der Siegburger Harry Semmler Jugendlichen Mut machen, zu ihrer Homosexualität zu stehen.

"Der Tag, an dem man seinen Eltern sagt, dass man homosexuell ist, ist wohl der Moment im Leben, vor dem man am meisten Angst hat", sagt der 21-jährige Filmemacher. Semmler weiß, wovon er redet. Er ist homosexuell, vor seinen Eltern hat er sich an seinem 17. Geburtstag geoutet. "Es war im Nachhinein nicht dramatisch", erzählt er.

Seine Eltern seien verwundert gewesen, aber hätten kein Problem damit gehabt. "Ich habe absolutes Glück gehabt", so Semmler. Es sei schwer für ihn gewesen, aber seine Eltern hätten ihm die Last genommen. "Wenn sich mehr Menschen outen würden, würde es auch für alle anderen einfacher und normaler", glaubt Semmler.

"Wenn man sich versteckt, nicht so sein kann, wie man wirklich ist - das kann es doch nicht sein". Er selbst hat Bekannte, denen der Mut zum Outing fehlt. "Das ist doch nicht der Sinn der Liebe", sagt der junge Filmemacher.

"Auch in der Klasse hatte ich nach meinem Outing keine Probleme", so der ehemalige Hennefer Berufsschüler. "Viele meiner Mitschüler konnten sich im Vorfeld nie ausmalen, dass ich homosexuell bin." Jetzt sei es für ihn und sein Umfeld ganz normal. Entstanden ist der Film in Zusammenarbeit mit dem Medienprojekt Queerblick. Er schickte das Drehbuch an den Verein. Dort war man begeistert.

"Falk Steinborn von Queerblick hat sich um die Schauspieler und die Ausrüstung gekümmert", so der 21-Jährige. Dann ging alles ganz schnell. Gedreht wurde Ende 2011 in nur fünf Stunden in Kaldauen. Semmlers Freund David Lange übernahm die Kameraarbeit, er selbst war für die Regie, den Schnitt und den Sound zuständig. Die beiden Schauspieler Ryan Woolston und Christoph Stuhlmann, beide 15 Jahre alt, spielen normalerweise im Jugendtheater des Schauspiels Dortmund.

Der Film hat im Internet bei Youtube mittlerweile knapp 10.000 Klicks. Es war nicht das erste gemeinsame Projekt von Semmler und Lange. Beide sind seit Jahren ein Paar, sowohl beim Film als auch privat. "Wir verstehen uns einfach blind", sagt Semmler. "David weiß sofort, welche Einstellung ich haben will."

Semmler ist derzeit Praktikant bei einer TV- und Filmproduktionsfirma in Sankt Augustin, Lange macht gerade sein Abitur. Die Filme entstehen in der Freizeit. "Unsere Projekte werden immer anspruchsvoller und zeitintensiver", sagt der 21-Jährige. Unterstützt werden sie häufig von einer befreundeten Schauspielschülerin.

Derzeit drehen sie einen Film für einen Wettbewerb. 99 Stunden haben sie dafür Zeit. Nach dem Wettbewerb wird der Film dann auf ihrem Youtube-Kanal Theveseria zu sehen sein. "Ende des Jahres wollen wir dann wieder mit Queerblick arbeiten", sagt Semmler. Dann soll es vielleicht sogar ein größeres Filmprojekt sein.

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