Naturschutz im Siebengebirge Der Herr der Bäume geht

Siebengebirge · Forstdirektor Bernd Schwontzen hat auch im Ruhestand jede Menge zu tun. 33 Berge haben es ihm angetan. Zum Abschied bekam er eine geschnitzte Eule.

Bernd Schwontzen (vorne) in seinem Element: Anderen den Wald näher zubringen, war ihm immer ein Anliegen.

Bernd Schwontzen (vorne) in seinem Element: Anderen den Wald näher zubringen, war ihm immer ein Anliegen.

Foto: Archivfoto

Wenn Bernd Schwontzen auf dem Oelberg steht, fragt er sich häufig, in welche Richtung er zuerst schauen soll. Der überwältigende Blick vom höchsten Berg des Siebengebirges und des Rhein-Sieg-Kreises ist dabei für den langjährigen Forstdirektor und stellvertretenden Leiter des Forstamtes Rhein-Sieg-Erft nur einer von gleich mehreren Lieblingsaussichtsplätzen im Siebengebirge. „Ich weiß gar nicht, welche Aussicht am schönsten ist, die vom Oelberg, vom Breiberg, vom Himmerich oder vom Stenzelberg“, sagt er.

Seit einigen Wochen hat Schwontzen im Prinzip mehr Zeit, diese Aussichten zu genießen. Nachdem er Mitte Februar sein 40-jähriges Dienstjubiläum gefeiert hatte, ging er Ende des Monats in den Ruhestand. „Auch wenn ich beim Blick auf meinen Terminkalender zurzeit noch keinen großen Unterschied feststelle“, sagt der 65-Jährige. Immerhin ist er noch Vorsitzender der Fischereigenossenschaft, sitzt im Landschaftsbeirat des Rhein-Sieg-Kreises und im Beirat des Verschönerungsvereins für das Siebengebirge (VVS).

Vier Jahrzehnte arbeitete er in der Landesforstverwaltung für den Wald und seine Besucher. Nach dem Studium in Göttingen und der Referendarzeit in der Eifel erhielt der junge Mann aus Kornelimünster bei Aachen 1980 die Weisung nach Siegburg. „Ich fragte damals, wo das denn ist. Von jemand aus der Eifel konnten Sie das nicht erwarten“, erinnert er sich.

Schwontzen wurde stellvertretender Leiter des Forstamts Siegburg, fünf Jahre später dessen Chef. Nachdem das Forstamt mit dem Forstamt Eitorf zusammengeführt wurde, übernahm er auch dort die Leitung. Seit 2007, als vier Forstämter zum noch heute bestehenden Forstamt Rhein-Sieg-Erft fusionierten, war er dort stellvertretender Forstamtsleiter.

Schwontzen hat seinen neuen Arbeitsplatz nie bereut. „Ich habe mich ins Siebengebirge verliebt“, sagt er. Nach einer kurzen Zeit in einer Junggesellenwohnung in Windhagen zog er 1984 nach Aegidienberg, wo er bis heute wohnt und sich sehr wohlfühlt. Das Siebengebirge mit seinen 33 Bergen, so Schwontzen, ist für ihn etwas ganz Besonderes. Was sich auch in seiner Arbeit niedergeschlagen habe. „Wir haben hier immer auf eine Verjüngung des Waldes statt auf Kahlschlag gesetzt“, sagt er.

Es sei immer recht gut gelungen, das Holz so zu schlagen, dass es sich in das Gefüge einpasste. „Unsere Waldarbeiter waren angewiesen, den Besuchern zu erklären, was sie machen, auch wenn uns das viel Arbeit gekostet hat.“ Ein Spezifikum der Holzwirtschaft im Siebengebirge sei gewesen, dass hier im März 1945 zwar nur kurze, dafür aber umso heftigere Kriegshandlungen stattgefunden hätten. Diese hätten im Holz mannigfache Spuren zum Beispiel in Form von Granatsplittern hinterlassen und dadurch die Holzqualität entwertet. Viele 120 oder 130 Jahre alte Buchen hätten zudem sehr viele Äste und seien dadurch zusätzlich für die Holzwirtschaft wenig attraktiv. Man ließ sie daher stehen. „Wir haben daher den Fokus darauf gelegt, die Nadelhölzer zu entfernen und die Laubhölzer zu bewahren“, berichtet Schwontzen.

Mit 30 Prozent Altholzbeständen bot das Siebengebirge so eigentlich ideale Voraussetzungen für einen Nationalpark. Und Schwontzen wurde beim Forstamt mit der Sonderaufgabe betraut, den Nationalpark aufzubauen. Dennoch scheiterte das Projekt vor einigen Jahren an den Bürgern. „Damals wurden von den Gegnern falsche Gerüchte gestreut“, sagt er. Für ihn wäre der einzige Nationalpark in einer dicht besiedelten Region hingegen ein großer Gewinn gewesen. „Man hätte kein idealeres Angebot zum Beispiel für Schulen machen können. Die Kinder hätten dort zu Fuß hingehen können. Und die Landesregierung war bereit, 20 Millionen Euro zu investieren.“

Das Wildnisgebiet, das der VVS nach dem Scheitern der Nationalpark-Pläne in Eigenregie auf seinem Gebiet vor sieben Jahren ausgewiesen hat, ist für Schwontzen ein „ganz hervorragendes Projekt“. In den Besonderheiten des Waldes sieht er neben den schönen Aussichten das Kapital seines geliebten Siebengebirges. „Die drei bis fünf Millionen Besucher pro Jahr kommen auch wegen der schönen Bäume“, sagt er. Über 80 Tier- und Pflanzenarten, die auf der Roten Liste stehen oder vom Aussterben bedroht sind, und über 730 Blüten- und Pflanzenarten auf nur 42 Quadratkilometern seien das Kapital dieses Landstrichs, und sicher nicht die Holzwirtschaft.

Aber Schwontzen liebt nicht nur das Siebengebirge. Auch das Naturschutzgebiet Gagelstrauch/ Stallberger Teiche bei Siegburg ist ihm besonders ans Herz gewachsen. Im Staatsforst „Aulgasse“ zwischen Siegburg und Lohmar gedeihen vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten. Dort hat der Gagelstrauch als Relikt aus der Nordischen Eiszeit sein südlichstes Verbreitungsgebiet in Deutschland gefunden. „Es geht die Legende, dass die Mönche auf dem Michaelsberg den Strauch mitgebracht haben“, sagt Schwontzen.

Zu seinem Abschied im Forstamt bekam der Forstdirektor im Übrigen ein wirklich stattliches Maskottchen geschenkt, das sein Kollege Jörg Fillmann eigenhändig aus einer Douglasie für ihn geschnitzt hatte – eine fast mannhohe Eule.

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