Der Damm hält 125 000 Kubikmeter Wasser auf

Das Rückhaltebecken oberhalb von Bengen ist fast vollendet

Grafschaft. Das Bengener Tal hat sein Gesicht verändert. Ein mächtiger Damm ist aufgeschüttet, und deutlich erkennt man das Becken, in dem bei stark anhaltendem Regen 125 000 Kubikmeter Wasser Platz finden.

Das Bauwerk soll im September vollendet sein und ist für ein "tausendjähriges Ereignis" ausgelegt. Das heißt, es hat so viel Wasser darin Platz, wie nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit einmal in 1 000 Jahren auf die Grafschaft prasseln könnte.

Das 1,5 Millionen Euro teure Becken ist Teil 1 des geplanten Hochwasserschutzsystems für die Grafschafter Dörfer Bengen und Nierendorf, die Kreisstadt-Orte Gimmigen und Heppingen sowie die untere Ahr. Die Gemeinde Grafschaft und die Kreisstadt betreiben das Projekt gemeinsam.

Elf Meter hoch ist der Damm, der aus Gründen der Kostenersparnis mit dem Erdaushub vom Technologiepark aufgeschüttet worden ist. Darum gibt es auf der Grafschaft derzeit zwei Großbaustellen. Das 70 Meter lange Durchlassbauwerk für den Bach mit drei Schiebern zur Wasserregulierung war bereits vor dem Dammbau vollendet. Es ist mit einem besonderen Sohlesubstrat ausgelegt, damit die Passage für Wasserlebewesen möglich ist.

Das war übrigens früher nicht der Fall. Aus dem oberhalb des Neubaus gelegenen alten Rückhaltebecken war der Bach durch eine blanke Betonröhre unter dem Damm hindurch geführt worden. Wenn auch der alte Damm erhalten bleibt, weil über ihn ein Wirtschaftsweg führt, wird das alte Durchlassbauwerk teils abgerissen, teils ökologischen Erfordernissen angepasst, erklärt Hermann Terporten von der Bauleitung.

Geplant wurde das Hochwasserrückhaltebecken von der Ingenieurgemeinschaft Altenkirchen, Heinemann und Terporten nach den Gesichtspunkten für den Talsperrenbau. Zum Oberlauf den Baches hat der Damm eine Neigung von einem Meter Höhe auf drei Metern Länge. Zur anderen Seite fällt er mit 1 : 2,5 Meter steiler ab. Deutlich zu erkennen ist ein Stück unterhalb der Oberkante des Damms, seitlich das mit Natursteinen verkleidete Notüberlaufbauwerk.

Es ist für den Fall konzipiert, dass mehr Wasser kommt, als das Becken fassen kann. Mit Hilfe der Einrichtung kann das Wasser schon von einer Höhe ab 4,50 Meter unterhalb der Dammoberkante durch eine mannshohe Röhre durch den Damm abgeleitet und so reguliert werden. Anschließend fließt es durch ein mit Natursteinen ausgelegtes Bachbett zum unteren Dammfuß und in den Bach.

Im Ernstfall soll die Grafschafter Feuerwehr in Kooperation mit dem Grafschafter Teichwart die Schieber, die den Wasserdurchlauf regulieren, bedienen. Als Teichwart geschult wurde ein Mitarbeiter aus dem Bauamt der Gemeinde Grafschaft. Er soll die gesamte Einrichtung wöchentlich genau kontrollieren. Derzeit wird der Damm vollendet. Die aufgeschüttete Erde wurde - wie auch die Tal-Erde - verdichtet und mit einer Schicht Kalk-Zement stabilisiert.

Zur Abdichtung wurde schließlich eine einen Meter dicke Tonschicht aufgeschüttet. Ein Abrutschen der Böschung bei sinkendem Hochwasser soll das Filtervlies verhindern. Einen ähnlichen Zweck haben Krallmatten aus unverwitterbarem Kunststoff, die darüber kommen. Sie sollen die obersten Schichten, Kies und Mutterboden, sichern. Schließlich werden im Herbst Gras gesät und Büsche gepflanzt, und als Weideland wird sich das gesamte Becken in der Regel präsentieren.

Terporten geht davon aus, dass die Anlage extensiv bewirtschaftet und das Gras möglicherweise durch Schafe kurz gehalten wird. Was während der Bauzeit geschützt worden ist und auch künftig sprudeln soll, ist eine natürliche Quelle im Hochwasserbecken. Erhalten worden sind auch einige alte Obstbäume. So kann man davon ausgehen, dass sich das neue Bauwerk schon bald in die Landschaft einpasst.

Mit 125 000 Kubikmeter Fassungsvermögen kann das neue Becken deutlich mehr Wasser auffangen, als die 7 000 Kubikmeter, die in das alte Becken passten. "Bei dem kleinen Becken mussten in den vergangenen 20 Jahren vier Mal die Schieber dicht gemacht werden", berichtet Terporten. "Wenn es überlief, kamen in Bengen die Kanaldeckel hoch, das Dorf war überschwemmt." Diese Zustände dürften der Vergangenheit angehören.

Terporten geht davon aus, dass die neue Einrichtung etwa alle zehn Jahre in Funktion treten muss. Dann wird sich das Tal in einen kleinen See verwandeln, der maximal bis unter die Karweiler Autobahnbrücke beziehungsweise bis kurz vor die Grasmühle reichen kann.

Das neue Rückhaltebecken nimmt Wasser auf, das in Teilen von Karweiler sowie ab der Wasserscheide zwischen Bölingen und Vettelhoven abregnet und durch die Bachsysteme abfließt. Ein weiteres Becken ist unterhalb des Deutschen Ecks, vor Gimmigen, vorgesehen. Die Kreisstadt hat mit den Planungen begonnen.

Schließlich soll oberhalb von Nierendorf ein drittes Becken entstehen, die Gemeinde Grafschaft will im Jahr 2005 mit der Planung dafür beginnen. Wenn alles fertig ist, können insgesamt 400 000 Kubikmeter Wasser aufgefangen und reguliert Richtung Ahr abgelassen werden. An den Kosten beteiligen sich das Land Rheinland-Pfalz, die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler und die Gemeinde Grafschaft.

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