Delegation von der Ahr besucht drei Outlet Center

Rund 20 Vertreter aus Rat und Werbegemeinschaften machten sich auf den Weg nach Zweibrücken, Metzingen und Wertheim, um sich in Sachen Factory Outlet Center (FOC) sachkundig zu machen.

  Vertreter des Rates  und der Werbegemeinschaften Bad Neuenahr-Ahrweiler in Wertheim-Village.

Vertreter des Rates und der Werbegemeinschaften Bad Neuenahr-Ahrweiler in Wertheim-Village.

Foto: Victor Francke

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Der Bürgermeister von Bad Neuenahr-Ahrweiler, Hans-Ulrich Tappe, sprach von einer "sehr informativen Fahrt", der Wirtschaftsförderer der Stadt, Thomas Spitz, nannte die Exkursion "wichtig und zielorientiert". Rund 20 Vertreter aus Rat und Werbegemeinschaften hatten sich auf den Weg nach Zweibrücken, Metzingen und Wertheim gemacht, um sich in Sachen Factory Outlet Center (FOC) sachkundig zu machen.

Bekanntlich soll ein derartiges Shop-Ensemble auf der benachbarten Grafschaft entstehen. Bad Neuenahr-Ahrweiler muss im Zuge des anstehenden Planungsverfahrens als Träger öffentlicher Belange gehört werden. Um sich vor einer Entscheidung sorgfältig zu informieren, erkundigten sich die Bad Neuenahr-Ahrweiler nicht nur in den FOCs nach Risiken und Nebenwirkungen, sondern sprachen auch mit den Einzelhändlern der von den Outlet Centern betroffenen Städten.

Auch wenn der Stadtrat erst in einigen Wochen sein Votum zum geplanten Vorhaben in der Gemeinde Grafschaft abgeben wird, so zeichnet sich in der Tendenz ab: Bad Neuenahr-Ahrweiler wird den Bau eines FOCs wohl eher wohlwollend begleiten, will eine etwaige Zustimmung aber von Auflagen abhängig machen.

Erste Station war Zweibrücken. Bis zu 20 Prozent würden die Umsatzeinbußen des Einzelhandels in der 35 000 Einwohnerstadt seit dem Bau des dortigen Outlet Centers betragen, berichtete der Vorsitzende der Zweibrücker Werbegemeinschaft, Mario Facco. Eine Aussage, die von den Gästen von der Ahr bezweifelt wurde.

Meinung Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Ein Ja mit Auflagen"Denn beim Gang durch die Innenstadt stellten sie nämlich fest, dass die Fußgängerzone durchaus belebt ist, Leerstände eine Rarität sind und der Geschäftsbestand grundsolide zu sein scheint. In den nächsten Monaten wird zudem eine "C&A"-Filiale in der Zweibrücker Innenstadt eröffnen. "Wegen des Factory Outlet Centers", wie der Sprecher der Werbegemeinschaft einräumte.

Kleine Impulse gab es auch für die Hotellerie und Gastronomie: "Die Geschäfte schaden uns nicht. Ein bisschen profitieren wir sogar davon", so der Wirt des "Roten Ochsen". Mit einer von der Werbegemeinschaft subventionierten "Ein-Euro-Stadtbratwurst" will der Einzelhandel allen Umsatz-Unkenrufen zum Trotz weiterhin für eine gut gefüllte Fußgängerzone sorgen. Facco: "Es ist ein Beitrag, um Kunden in die Innenstadt zu locken."

Gute Erfahrungen mit seinem Outlet Village hat Metzingen gemacht. Die bei Stuttgart gelegene Einkaufsstadt verfügt über mehr als 60 000 Quadratmeter Fabrikverkaufsfläche mit besonderem Alleinstellungsmerkmal: Das FOC befindet sich in der schwäbischen Kleinstadt inmitten der City. Quasi als Stadt in der Stadt.

Bernd Hagmeyer, Chef der Metzinger Werbegemeinschaft: "Wir haben im Einzelhandel und im Outletbereich völlig verschiedene Kunden-Typen. Der Outlet-Kunde ist nicht der Einzelhandels-Kunde und umgekehrt." Was nicht zuletzt an der Sortimentsauswahl liege. Stark gestiegen sei das Gästeaufkommen, die Übernachtungszahlen seien mit den FOC-Läden in die Höhe katapultiert worden. Längst arbeiteten Einzelhandel und FOC in Sachen Werbung Hand in Hand.

Das ist auch in Wertheim der Fall. Mit Händen und Füßen, so Werner Thomann vom Stadtmarketingverein, habe man sich gegen den 2003 eröffneten Park für Schnäppchenjäger auf der von der Innenstadt acht Kilometer entfernt gelegenen grünen Wiese gewehrt. "Der Einzelhandel hat damals eine Weltuntergangsstimmung verbreitet", so Thomann.

Dann habe man die Synergieeffekte erkannt. Die Gäste- und Übernachtungszahlen seien stark angestiegen. Zwischen zehn und 18 Prozent der FOC-Besucher würden nach ihrer Shoppingtour durch die malerische Altstadt schlendern. Geschäftsschließungen habe es keine gegeben. "Die Gegner von damals sind die Befürworter von heute", ergänzte die Geschäftsführerin der Wertheimer Tourismus-Information. Längst werde das FOC als Imageförderer für die gesamte Stadt angesehen, zudem seien 560 neue Arbeitsplätze entstanden.

Die Delegation aus Bad Neuenahr-Ahrweiler war durchaus beeindruckt. Zu schnell will man aber nicht Ja zum Vorhaben in der Nachbargemeinde sagen. Bürgermeister Tappe: "Es muss eine Risikoverteilung geben. Grafschaft hat nichts zu verlieren. Wir wollen nicht das Opfer sein, das zusieht, ob das FOC funktioniert oder ob bei uns möglicherweise etwas kaputt geht. Zustimmen können wir nur dann, wenn klar erkennbar ist, dass auch wir in Bad Neuenahr-Ahrweiler profitieren werden."

Noch gibt es keine EntscheidungenNach derzeitigem Planungsstand darf auf der Grafschaft kein FOC gebaut werden. Die Aussagen des gültigen Flächennutzungsplanes können aber mit einem so genannten Zielabweichungsverfahren geändert werden. Diese Abweichung bedarf der Zustimmung der Landesregierung.

Die Gemeinde Grafschaft hat noch nicht entschieden, ob sie ein solches Verfahren einleiten wird. Die Willensbildung im Rat ist noch nicht abgeschlossen, zumal man das Votum der Nachbargemeinde Bad Neuenahr-Ahrweiler abwarten will. Die Stadt ist als Träger der öffentlichen Belange am Bauleitverfahren zu beteiligen, da deren Interessen tangiert sind.

Der Innenminister des Landes Rheinland-Pfalz hat jüngst erklärt, er wolle kein weiteres FOC genehmigen. Dies ist jedoch lediglich eine Absichtserklärung, da kein entscheidungsreifer Antrag vorliegt. Auch haben sich die Landtagsfraktionen noch nicht geäußert. Gegen den Bau eines FOC spricht sich auch der Rhein-Sieg-Kreis wegen befürchteter Umsatzabflüsse aus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort