GA-Serie "Rheinische Redensarten" Dä määt jern su Lappüehche

Bonn · In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir mit Unterstützung von Dialektsachverständigen bedeutungstiefe Redewendungen. Diesmal geht es ganz tief in die Kölschbönnsche Seele.

Ohne eine gewisse Vorbildung in der rheinischen Sprachgenetik, ist diese Redensart kaum zu enträseln. „Dä määt jern su Lappüehche“ führt ganz tief in die Kölschbönnsche Seele. Gehen wir es systematisch an. Auf Hochdeutsch bedeutet der Satz: „Der macht gerne solche Flicköhrchen.“ Der Begriff Lappen ist im Dialekt synonym zu verstehen mit Flicken. Und das weist schon auf sogenannte Flick- oder Reparaturarbeiten hin. Die Etymologie (Wortherkunft) ist mit Blick auf das Öhrchen äußerst schwer zu beurteilen. In der Verniedlichungsform könnte es schlicht bedeuten: Hier handelt es sich um eine zu vernachlässigende Kleinigkeit. Es könnte aber auch der Bezug zum Eselsohr, also einer nicht mehr ganz intakten, umgeknickten Seiten gemeint sein. Hier wird also eine kleinere Reparatur vorgenommen. Es könnte auch sein, dass das Lappüehche eine lateinische Herkunft hat. Diese Vermutung gab uns ein Leser mit auf den Weg. Denn der Begriff könnte eine Adaption des antiken "labora" sein, dass ja "arbeiten" heißt. Von der Phonetik her klingt das plausibel.

Und damit kommen wir zur übergeordneten Bedeutung. Denn unsere Dialektsachverständigen übersetzen die Redewendung unisono mit: Hier ist jemand, der Schwarzarbeit erledigt. Er kassiert das Geld, ohne die fällige Steuer abzuführen. Weitere Übersetzungen sprechen von Nebenbeschäftigung, Nebenverdienst und Nachbarschaftshilfe.

Der tatsächlich kriminelle Gehalt der Arbeit liegt also im Dunklen. Mundartsprecher Hans Nolden kennt neben der Bedeutung „nach Feierabend etwas machen“ noch eine Zweite: „Es kann sich auch um einen Charmeur handeln, der der Nachbarin handfeste Avancen macht.“

Sei's drum: Das Rheinische bietet vielfältig Möglichkeiten, im Grunde rechtswidrige Handlungen zu Bagatelldelikten zu verniedlichen. Das berühmteste Wort dürfte da der „Klüngel“ sein. Zu dessen Bekämpfung mit dem Bundeskartellamt sogar eigens eine Behörde in der Bundesstadt Bonn betraut ist. Muss man sich wundern, dass ausgerechnet die nicht in Berlin, sondern im Rheinland sitzt? Vielleicht erstaunt eher, dass ihre Existenzberechtigung nicht in Zweifel gezogen wird.

Die Artikel zum rheinischen Dialekt entstehen in Zusammenarbeit mit dem Heimatfilmer Georg Divossen (www.bönnsch-abc.de). Haben auch Sie einen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns an rheinisch@ga.de.

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