GA-Serie "Rheinische Redensarten" Dä hät en Ätz am wandere

In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir mit Unterstützung von Dialektsachverständigen bedeutungstiefe Redewendungen. Heute: Was bedeutet "Dä hät en Ätz am wandere"?

Der hat eine Erbse am wandern.

Der hat eine Erbse am wandern.

Foto: GA-Grafik

Der Sektor „Beleidigungen liebevoll ausgedrückt“ ist diesmal unser Metier. Die Rheinische Redensart „Dä hät en Ätz am wandere“ findet sein Zuhause in unserer Region. Wörtlich übersetzt heißt das: Der hat eine Erbse am wandern. Das Sprachbild lässt Platz für Interpretationen. Da bewegt sich eine Erbse, wo sie es nicht sollte, und das führt zu Unwohlsein. Das kann assoziiert werden mit den Folgen des Genusses von Hülsenfrüchten und dem sich anschließenden Stoffwechselvorgang.

Die Erbse könnte sich aber auch in einem mehr oder weniger hohlen Oberstübchen Bewegung verschaffen. Zwischen diesen beiden Erklärungsansätzen pendelt auch Mundartsprecher Heinz Jürgen Engels. Wenn auch die Verortung des Unwohlseins zunächst im Ungefähren bleibt, so ist doch die Aussage klar: Hier ist jemand, der nicht ganz richtig ist, der nicht alle Tassen im Schrank hat. Oder, wie Mundartsprecher Peter Kunze es ausdrückt „der hätt en Bomb jeköpp“ (Der hat eine Bombe geköpft). Da denkt man gleich an eine Fußballspieler, der den weicheren Lederball mit einer eisenharten Bombe verwechselt. Der Bedeutungsunterschied dürfte allerdings sein, dass eine Erbse nur zeitweise wandert, während eine Bombenexplosion dauerhafte Wirkung hat.

Der Erbse haben die Bläck Fööss übrigens ein Denkmal gesetzt in ihrem Lied „Mer bruche keiner, dä uns sät, wie mer fasteloovend fiere deit“. Dort heißt es übersetzt: Es gibt Leute, die ewig schlauer sind als andere, die Verrückten haben doch nur eine Erbse am wandern, denen fehlt eine Pappnase und eine dicke Trommel.

Das enthält die versöhnliche Erkenntnis, dass Heilung möglich ist. Und zwar durch karnevalstypische Zutaten. Allen, die das Leben und vor allem sich selbst zu wichtig nehmen, ist deshalb ein bisschen Spaß an der Freud empfohlen. Dann findet der Mensch wieder sein Gleichgewicht, und die Erbse muss nicht mehr wandern.

Die Artikel zum rheinischen Dialekt entstehen in Zusammenarbeit mit dem Heimatfilmer Georg Divossen (www.bönnsch-abc.de). Haben auch Sie einen Lieblingsspruch, dann mailen Sie ihn uns an rheinisch@ga.de.

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