Bitte recht ernst auf das Vögelchen warten

Neue Passfotos müssen strengen Anforderungen der Bundesdruckerei genügen - Lebhafte Kinder stellen Fotografen auch in Bonn vor ernste Herausforderungen - Ausnahmen nicht hinreichend definiert

  Wird beanstandet:  Zu viele Haare verdecken das Gesicht.

Wird beanstandet: Zu viele Haare verdecken das Gesicht.

Foto: Frommann

Bonn. Was ist eigentlich aus den Passbildautomaten geworden, die im Kaufhaus zwischen Wühltischen und Umkleidekabine auf Kundschaft lauerten? Für eine große Münze gab es dort einen Streifen mit meist vier Instant-Passfotos, die den Kunden oft mit einem verblüfften Gesichtsausdruck darstellten.

Weil sich der Auslöse-Zeitpunkt der Maschinen beim besten Willen nicht abschätzen ließ, wirkte der Gesichtsausdruck nicht selten auch etwas dümmlich. Das hinderte die Fotos aber nicht, auch in die offiziellsten Dokumente zu gelangen, zur Erheiterung manches Grenzbeamten oder zur Auflockerung mancher öden gesellschaftlichen Veranstaltung.

Seit dem 1. November sind diese Zeiten passé. Seitdem müssen die Fotos in deutschen Reisepässen den Anforderungen der International Civil Aviation Organisation (ICAO) genügen. Die Unterorganisation der Vereinten Nationen ist für die Planung des zivilen Luftverkehrs zuständig und hat bei den elektronischen Pässen umfassende Vorgaben für die Fotos der Bürger herausgegeben.

Biometrische Daten, auch des Gesichts, werden auf einem maschinenlesbaren Mikrochip gespeichert. Bisher reichte ein Foto im Halbprofil, das Ohr sichtbar. Nun muss das Bild frontal aufgenommen werden, keine Haare dürfen ins Gesicht fallen, die Nase sollte möglichst brillenfrei, der Hintergrund graublau sein. Für ihren Standardspruch "Bitte lächeln" müssen sich die Fotografen in Zukunft etwas anderes einfallen lassen, denn Lächeln gehört nicht zu den Merkmalen, die die ICAO auf Bildern schätzt.

Nicht etwa, weil gesuchte Verbrecher oder Terroristen selten lächeln, sondern weil die Computersoftware, die etwa 1 700 Gesichtsmerkmale auswerten und mit gespeicherten Fahndungsfotos vergleichen kann, einen offenen Mund als anatomische Unzulänglichkeit missinterpretieren könnte.

Die Bewertung der Passbilder liegt in der Verantwortung der ausstellenden, also kommunalen Behörden, teilt Iris Köpke, Sprecherin der Unternehmenskommunikation der Bundesdruckerei in Berlin, auf GA-Anfrage mit. Wenn das lokale Bürgerbüro ein mangelhaftes Passfoto akzeptiere, sei es durchaus denkbar, dass ein nach IACO-Gesichtspunkten mangelhafter Pass erstellt werde. Über dadurch bedingte Einschränkungen bei der Einreise insbesondere in die Vereinigten Staaten liegen naturgemäß noch keine Erfahrungen vor.

Nach Aussage eines Sprechers des Bonner Presseamtes habe es im Bürgeramt nur ein bis zwei Wochen lang geringe Probleme mit der Qualität der Passfotos gegeben. Inzwischen seien keine nennenswerten Mängel mehr zu beobachten. Dem entgegen steht die Erfahrung des Bad Godesberger Fotografen Sven Duus, dessen Bilder eines zweieinhalbjährigen Kindes im Rathaus des Stadtbezirks allein fünf Mal zurückgewiesen worden seien.

Dabei habe ihm auch nicht geholfen, dass die Bundesdruckerei bei Kindern bis zu zehn Jahren Abweichungen von den Vorschriften als zulässig erachtet. Da die zulässigen Abweichungen nicht hinreichend definiert seien, würden lieber gar keine Abweichungen akzeptiert und der Fotograf mit teilweise sehr lebhaften Kindern in seinem Studio allein gelassen.

Internet: www.bundesdruckerei.de

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