Beim Anziehen braucht man zwei Helfer

21 Männer der Löschgruppe Waldorf bilden die Dekontaminationseinheit für Unglücke mit Verunreinigungen im linksrheinischen Kreis

Beim Anziehen braucht man zwei Helfer
Foto: Henry

Bornheim-Waldorf. Um den Ernstfall zu proben, üben alle Löschgruppen Standardsituationen und pauken Theorie. Zu jeder dieser Standardübungen gehören beigefarbene Schläuche - denkt man. Im Gerätehaus in Waldorf ist das anders. Dort muss man die Schläuche erst suchen.

Stattdessen liegt mitten in der Fahrzeughalle, umringt von Feuerwehrmännern, ein schwarzes, rechteckiges Monstrum, das einem überdimensionalen Planschbecken mit zwei Bereichen gleicht. Das Becken und die angrenzende weiße Plane sind der Dekontaminationsplatz der Waldorfer Dekon-Einheit.

Die Hälfte des schwarzen Beckens ist für "schmutzige" Geräte und Kleidung von Zivilisten oder Einsatzkräften. Schmutzig, das heißt für die Dekontaminationseinheit ernsthafte chemische, biologische oder radioaktive Verunreinigungen, die entfernt werden müssen. Eine Schmutzwasserpumpe schickt das verunreinigte Wasser in einen Tank.

"Wir haben während eines Einsatzes nichts mit der eigentlichen Gefahrenlage zu tun, sondern sind für die Reinigung des Einsatzpersonals, der kontaminierten Zivilisten und der Geräte zuständig", erklärt Heinz-Peter Knapstein, Löschgruppenführer der Waldorfer. In der anderen Hälfte des Beckens ist eine Dusche aufgebaut, und der weiße Bereich dahinter ist der "saubere", auf dem die dekontaminierten Personen noch einmal auf Verletzungen überprüft werden können.

Ein Feuerwehrmann steht immer in der Dusche bereit, um die Personen zu reinigen - mit einem Schutzanzug der besonderen Art. Zwei Männer braucht es, um einem Dritten - mit Atemschutzgerät - in den Anzug zu helfen, an dem Schuhe, Handschuhe sowie eine Maske befestigt sind. Acht Minuten und 35 Sekunden - dass ist die Rekordzeit der Männer für den Aufbau dieser Anlage, erklärt Ausbildungsleiter Helmut Ost.

Von 39 Waldorfer Feuerwehrmännern bilden seit 2002 mehr als die Hälfte der Mitglieder die Dekon-Einheit, die für das gesamte linksrheinische Kreisgebiet zuständig ist. Helmut Ost hat für die Männer Arbeitsanweisungen entwickelt, deren Umsetzung momentan im Vordergrund steht. "Zweimal im Jahr üben wir mit der rechtsrheinischen Dekontaminationseinheit Niederkassel", so Ost. Und alle zwei Monate trifft sich die Spezialeinheit alleine und probt den Ernstfall oder lernt neue Details über ABC-Gefahrenlagen.

Das heißt zusätzliche ehrenamtliche Arbeit für die Männer. "Mich reizt der technische Aufwand", erklärt Ost seine Begeisterung. "Und das überregionale Einsatzgebiet ist eine neue Herausforderung", ergänzt Knapstein. Mit dem großen Dekon-P-P, das steht für Personen, haben die Waldorfer in diesem Jahr schon mehr als fünf Einsätze gemeistert. Eine besondere Herausforderung sei der Busunfall auf der A 565 bei Meckenheim gewesen, erinnert sich Knapstein.

"Das war ein so genannter MANV-Einsatz mit mehr als zehn Opfern, und wir waren in Bereitschaft, um Zelte für die Verletzten aufzubauen", so Knapstein. Auch ein verunglückter Tanklastzug bei Wesseling im vergangenen Jahr ist den Waldorfern noch gut in Erinnerung geblieben: "Wir haben in Schutzanzügen das Benzin aus dem gerade voll geladenen Tanklastzug abgepumpt", erklärt Knapstein die Gefahrenlage. Derweil bauten die anderen Feuerwehrmänner die Anlage ab. Dann wird über den Aufbau geredet - um es direkt danach unter Umständen noch besser machen zu können.

Die Einheit

21 Männer der Löschgruppe Waldorf bilden seit Januar 2002 die Dekontaminationseinheit für den linksrheinischen Kreis. Unter Dekontamination versteht man das Entfernen von gefährlichen Verunreinigungen - bei Personen, Objekten oder Flächen. Alarmiert wird die Waldorfer "Dekon-Einheit" bei ABC-Gefahrenlagen oder sogenannten "MANV"- Einsätzen.

ABC steht für Einsätze, mit atomarer, biologischer oder chemischer Gefahr. Bei diesen Gefahren braucht es umfangreiches Material - eine Anlage zur Säuberung von Personen und Objekten - und Spezialwissen, das die Waldorfer durch Schulungen sowie monatliche Theorie und Praxis-Einheiten erlernt haben.

MANV nennt man bei der Feuerwehr Einsätze mit mehr als zehn betroffenen Personen. Auch dafür sind die Waldorfer mit Zelten und Heizung ausgerüstet.

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