Aus für das Ittenbacher Reitsportzentrum Laagshof

Die Nikolausfeier am Sonntag ist zugleich das Abschiedsfest - Die Bedingungen des neuen Eigentümers sind für die Pächter inaktzeptabel - Auch Gaststätte schließt

Im Laagshof  schließen sich die Stalltüren.

Im Laagshof schließen sich die Stalltüren.

Foto: Uta Effern-Salhoub

Ittenbach. "Wir haben uns bis zum bitteren Ende an jedem Strohhalm festgehalten", sagt Petra Paul. Doch nun ist gewiss: Pferde und Reiter verlassen den Laagshof, weil es mit dem neuen Besitzer keine Fortführung gibt.

In dem denkmalgeschützten Ittenbacher Gehöft, das Heimat für 170 Freizeit- und ambitionierte Sportreiter des Reitsportvereins Siebengebirge Königswinter, davon 80 Jugendliche, ist, schließen sich die Stalltüren. Für immer, so wird befürchtet.

"Am 10. Dezember wird der Reitbetrieb geschlossen", sagt Pferdewirtschaftsmeisterin Petra Paul. Am 17. Dezember schließt zudem die Gaststätte am Laagshof, Treffpunkt für Skatspieler, Wanderer und das Feierabendbier mancher Ittenbacher sowie Stätte unzähliger Familien- und Vereinsfeiern im Kaminzimmer.

Petra Paul (40) hat nicht nur seit Jugendtagen auf dem Laagshof gearbeitet, sie ist auf dem Gehöft zusammen mit ihrem Bruder Friedrich Büllesfeld auch aufgewachsen. "Einige Einsteller kennen uns beide noch im Sandkasten, sie haben uns großwerden sehen." Das macht die Beziehung zwischen den Hofpächtern, die Ende Dezember aufhören, und einigen Reitsportlern nach Pauls Worten auch so besonders eng und familiär.

In den 60er Jahren hatte ihr Vater, der Koch und Konditor Friedrich Büllesfeld, den Laagshof mit seiner Frau vom Land NRW gepachtet und mit Reitstall und Gastronomie kontinuierlich aufgebaut. Petra Paul und ihr Bruder führten den Betrieb nach dem Tod des Vaters vor fünf Jahren mit Erfolg weiter. Er als Landwirt und Gastronom in der Reiterstübchen-Gaststätte, sie als die Pferdeexpertin.

Paul übernahm den Reitstall bereits 1986 vom Vater. Sie machte 1991 die Meisterprüfung, bildete regelmäßig Auszubildende zu Pferdewirten aus, unterrichtete mit Kollegen die Reitschüler in der Halle und auf dem Platz - zuletzt 120 pro Woche. Veranstaltungen und Turniere auf dem Laagshof wie das Sommerturnier mit 600 und mehr Teilnehmern oder die nur drei Mal jährlich an verschiedenen Plätzen in Deutschland durchgeführte Jagdpferdeprüfung erfreuten sich Anerkennung und Beliebtheit.

Doch diesen Sommer zogen die dunklen Wolken am Horizont auf: Das Land gab an, sich aus betriebswirtschaftlichen Gründen von dem von 1860 stammenden Vierseitenhof trennen zu wollen. Es initiierte eine öffentliche Auktion. Die Ittenbacher Geschwister boten in Berlin mit, doch an gewisser Stelle lag für sie die Schmerzgrenze, schien ihnen der Preis auch angesichts der notwendigen Instandsetzungen an der betagten Immobilie zu hoch. Den Zuschlag erhielt der Geschäftsmann John Weiss aus Neuss, ein Angehöriger der Volksgruppe der Roma.

Zunächst schien es, als könnte man sich mit ihm über die Fortführung des Pachtvertrages über den 2. Januar 2006 hinaus verständigen. Man war vorsichtig optimistisch. "Es war unser Bestreben, mit ihm zurechtzukommen, aber es wurde leider keine Einigung erzielt", resümiert nun Büllesfeld.

Seit er vergangenen Montag auch noch die Kündigung für seine Privatwohnung am Laagshof erhielt, ist klar, dass dieses Kapitel seines Leben komplett endet - bitter für ihn, seine Frau Anke, die ihre Ausbildung zur Pferdewirtin auf dem Laagshof gemacht hat, und die gemeinsame zweijährige Tochter.

Eine große Enttäuschung ist die Entwicklung für den Verein, dessen Sportler sich für die insgesamt 58 Pferde ausnahmslos andere Ställe gesucht haben und nun in alle Himmelsrichtungen verstreut sind. Nach zwei Besprechungen mit dem neuen Besitzer im Kaminzimmer schien den Reitern die Weiterführung nicht gesichert.

Es sei kein Konzept erkennbar gewesen, sagt Vereins-Jugendwartin Sandra Laufenberg. Die 19-Jährige Springreiterin trauert: "Mich hat hier zehn Jahre lang alles geprägt. So etwas wiederzufinden, ist fast unmöglich." Und nicht nur bei den Kindern unter den fünf- bis 70-jährigen Mitgliedern gebe es Tränen.

Richtig sauer ist Einsteller Herbert Raab: "Als einer, der seit 1975 sein Pferd dort stehen hatte, muss ich mit großem Bedauern feststellen, dass der Reiterhof nun dem Tod gweiht ist, denn der neue Besitzer hat außer schönen Worten bisher nichts getan, um die Weiterüfhrung zu sichern."

Raabs aktuelles Pferd "Charity" steht seit acht Jahren im Laagshof. Was Weiss, der ab 2. Januar einen pächter- und pferdefreien Hof vorfindet, dort nun plant, steht in den Sternen. Er habe mehrfach angekündigt, aus dem Hof ein "Märchen" zu machen. Was dies beinhaltet, konnte er bislang aber niemandem in Ittenbach vermitteln.

Sicher ist: Die Nikolausfeier des Reitsportvereins an diesem Sonntag wird eine von Wehmut geprägte Abschiedsfeier. Höhepunkt wird eine Herrenquadrille in der Reithalle sein, zudem dürfen die Schüler um den Wanderpokal in der Jagdreiterprüfung weitteifern. Der Tombolaerlös ist für das Kinderherzzentrum Sankt Augustin bestimmt.

Auch wenn sie keine gemeinsame Reitanlage mehr haben, wollen die Sportler ihren erfolgreichen Verein zusammenhalten. Petra Paul sucht eine Anstellung als Pferdewirtschaftsmeisterin, ihr Bruder möchte im Siebengebirgsraum gerne wieder eine Gaststätte übernehmen.

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