Aus der Eifel geflohen, in Ludendorf gestorben

Selbst das 400-Seelen-Dorf blieb nicht von Bomben der Allierten verschont - Der Trecker wurde von deutschen Soldaten beim Rückzug erbeutet

  Der Brauweiler Hof  war ein einziger Trümmerhaufen. Repros: Volker Lannert

Der Brauweiler Hof war ein einziger Trümmerhaufen. Repros: Volker Lannert

Swisttal-Ludendorf. Er behauptet von sich, er wäre immer nur der zweite Mann gewesen, ist er auch, so zwölf Jahre als stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Swisttal unter Jakob Nettekoven, oder als Vizepräsident des Ludendorfer Kameradschaftsvereines, der heute von Ortsvorsteher Stefan Arth geführt wird, oder als zweiter Vorsitzender bei der Landwirtschaftskammer.

Aber vielleicht lernte Theo Beyel diese Bescheidenheit als 13. Kind einer landwirtschaftlichen Großfamilie auf dem Hofe Brauweiler an der Ollheimer Straße. Die Geschichte des Hofes und seiner Menschen in den Kriegsjahren hat der Träger des Eisernen Kreuzes 2. Klasse und des Infanterie-Sturmabzeichens in der Chronik zum 125-jährigen Bestehens des Vereines im Jahre 1996 festgehalten.

"Nie wieder Krieg", ist die Aussage, unter die der agile 81-Jährige seine Erzählungen stellt. Zu viele Freunde hat Theo Beyel in Russland verloren, in der Heimat starb seine Schwester Berta "mit dem Kind im Arm" bei einem Bombenangriff auf das 400-Seelen-Dorf. Am 22. Dezember 1944 erlitt Ludendorf seinen schwersten Tag. "Auf alles, was am Boden auffällig erschien, wurde geschossen", erzählt Beyel. Auf dem Hof der Geschwister Brauweiler befanden sich an diesem Tag viele Fahrzeuge und Kriegsgeräte, zum Teil hell beleuchtet.

Und die Familie Thomas aus Höfen. Die Mutter mit vier Kindern war mit Dienstmädchen und einem Landarbeiter aus Monschau in der Eifel vor den anrückenden Amerikanern geflohen und hatte in Ludendorf Unterschlupf gefunden. Vater Thomas war an der Front. "Es war in den frühen Abendstunden", schrieb Beyel, "ein heller Blitz, ohrenberäubender Krach und eine umwerfende Druckwelle stürzte die meisten Bürger im ganzen Dorf, wo immer sie sich auch befanden, zu Boden, und zwar notgedrungen". Luftminen hätten diesen Schrecken bewirkt, weiß der Frontsoldat.

Nachdem die Menschen zur Besinnung gekommen waren, sahen sie es: Das Haus- und Hofgebäude der Geschwister Hubert Brauweiler, Inhaber Karl Beyel, war in wenigen Sekundenbruchteilen im wahrsten Sinne des Wortes weggepustet worden. Elf Menschen fanden den Tod, darunter auch Berta Brauweiler und ihre Nichte Berta Beyel. Auch vier deutsche Soldaten überlebten den Angriff nicht.

Die älteren Männer, die sich noch im Dorf befanden, fingen sofort an, unter den Trümmern zu graben. Auch russische Kriegsgefangene, die in der Landwirtschaft eingesetzt worden waren, beteiligten sich. "Ein fürchterliches Grauen", berichtet Beyel, "im vormaligen Hausflur fanden sie fünf Leichen, darunter erdrückt und erstickt das Kleinkind der Familie Thomas, in den Armen der toten, erst 27 Jahre alten, Berta Beyel".

Fieberhaft hätten die Männer weiter gearbeitet. Und es geschah ein kleines Wunder: Der fünfjährige Elmar Thomas konnte lebend geborgen werden, für seine Schwester kam jede Hilfe zu spät. Elmar Thomas wurde später Starfighter-Pilot.

Und nicht nur die Brauweilers traf es in den letzten Kriegsmonaten hart. Auch der Hof Heinen wurde ein Opfer der Bomben, drei Menschen starben dort, darunter Margarete Heinen. Auf den Nachbarhöfen verendeten viele Tiere, der einzige lebenswichtige Traktor der Brauweilers wurde von deutschen Soldaten beim Rückzug konfisziert. "Dennoch", so Theo Beyel heute, "wir auf dem Land hatten es dann ja noch relativ gut, wir hatten wenigstens immer einigermaßen satt zu essen".

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