Arbeiten und Feiern in altem Industrie-Denkmal

Die ehemalige Wagenhalle in der Graurheindorfer Straße in Bonn wurde innerhalb von acht Monaten zu einem Schmuckstück umgebaut

Bonn. "Toll - ich hab''''s kaum geglaubt." Michael Lux steht staunend in der großen Halle des ehemaligen Straßenbahndepots in der Graurheindorfer Straße. Lux leitet das Regionalbüro Köln/Bonn der DeTeImmobilien (Telekom-Tochtergesellschaft), die Mieterin des Objekts ist. Sein Staunen ist nachvollziehbar. Denn erst Mitte Mai diesen Jahres hatten die ersten Bauarbeiter Hand angelegt an dem völlig heruntergekommenen Jugendstil-Denkmal, und vor wenigen Tagen sind dort die ersten 90 von 160 Mitarbeitern eingezogen - "und alle Leute sind begeistert von ihren neuen Arbeitsplätzen", sagte Lux, der versprach: "Die große Halle wollen wir auch für öffentliche Veranstaltungen freigeben - beispielsweise für Talk-Shows, Lesungen oder Jazz-Frühschoppen."

Mehr als zehn Jahre stand das Depot leer und verkam zusehends. Dabei hat es an Plänen nie gemangelt: Supermarkt, Baumarkt, Markthalle. Auf Gegenliebe stießen diese Überlegungen bei den Kommunalpolitikern nicht. Zumal auch rechtliche Fragen zu klären waren. 1993 hatten die Stadtwerke (SWB) als Eigentümerin das Gebäude samt vorgelagerter ehemaliger Dienstvilla und dahinterliegender Remise plus Grundstück für acht Millionen Mark an die Firma Simon verkauft. Die wiederum verklagte die SWB, weil auf dem Grundstück Altlasten gefunden wurden. Vor drei Jahren schlossen beide Seiten einen Vergleich: Die SWB zahlten an Simon 3,5 Millionen Mark zurück. Im vergangenen April kam dann Bewegung in die Sache. Die Stuttgarter Objektgesellschaft Fides, die durch die hundertprozentige DaimlerChrysler-Tochter Debis verwaltet wird, hat das gesamte Areal von der Simon-Grundbesitzgesellschaft gekauft. Und DeTeImmobilien unterschrieb bei Fides einen langfristigen Mietvertrag für die 1905 erbaute Wagenhalle.

In knapp acht Monaten wurde aus dem Gebäude, von dem nur noch das Dach und die Außenmauern einigermaßen intakt waren, ein Schmuckstück. "Der Hallencharakter ist erhalten geblieben und ich bin froh, dass das Trauerspiel um das Denkmal zu Ende ist", freute sich der städtische Denkmalschützer Franz-Josef Talbot.

Die neuen Büros sind auf zwei Etagen in U-Form angeordnet - jeweils an den Seiten und im hinteren Teil des ehemaligen Straßenbahndepots. In der Mitte bleibt Platz für die große Eingangshalle (samt großem Tannenbaum), die den Blick auf die alte Stahlkonstruktion und das Dach freigibt; somit bleiben 1 500 der insgesamt 3 800 Quadratmeter Grundfläche frei. Die Lage der alten Wartungsgruben, von denen aus die Straßenbahnen gecheckt wurden, sind durch Hartholzeinlage sichtbar gemacht worden; rings herum gibt''''s Asphalt als Bodenbelag - wie früher. Die Fenster wurden erneuert und dem Original nachempfunden. Und die Fassade - sie wurde in einem hellen Beige-Ton gestrichen - sieht auch wieder (fast) wie Anfang des vergangenen Jahrhunderts aus: Die vor 50 Jahre in die Gebäudefront gebrochenen vier großen Toren wurden zugunsten von zwölf Bögen geschlossen; vier sind begehbar, acht Blindöffnungen.

Um das Ganze zu komplettieren, ist die DeTeImmo jetzt auf der Suche nach einer alten Straßenbahn, die in die Halle gestellt werden soll. "Wir haben schon Kontakt zu den Stadtwerken aufgenommen", sagte Lux dem GA. In die noch leerstehenden Büros und die frühere Dienstvilla ziehen demnächst Mitarbeiter der Telekom-Generaldirektion ein. Und in der ehemaligen Remise hat sich der Maler und Bildhauer Terk eingerichtet. Der 50-Jährige hatte bisher in Troisdorf sein Atelier. "Hier habe ich ideale Arbeitsbedingungen vorgefunden", sagte Terk dem GA.

Lobende Worte über das neue alte Straßenbahndepot auch von Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann: "Die Wagenhalle ist eines der Projekte, an denen sich zeigt, dass sich Geduld auszahlt; die jetzige Lösung ist sehr gut."

Dazu auch der Kommentar Warum nicht gleich so?!

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