13 Dünstekovener fühlen sich "erpresst"

Gemeinde Swisttal will Bauland ausweisen und daran mitverdienen - Eigentümer akzeptieren das Angebot nicht

Swisttal-Dünstekoven. Hans-Josef Winterscheidt ist sauer. Sauer auf die Gemeinde Swisttal. Von "Erpressung" spricht der Dünstekovener Landwirt, wenn er von den Grundstücksverhandlungen mit Bürgermeister Eckhard Maack und Kämmerer Pierre Oster berichtet. Winterscheidt und zwölf weitere Eigentümer, die sich zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen haben, möchten, dass die Gemeinde ihr Ackerland - vier Hektar zwischen Neustraße, Capellenstraße und Waldstraße - in Bauland umwandelt und damit den Wert der Grundstücke vervielfacht. Das will auch die Gemeinde. Allerdings zu einem anderen Preis, als sich die Eigentümer das vorstellen.

Für Winterscheidt ist das Angebot der Gemeinde nicht akzeptabel. "15 Euro pro Quadratmeter, das ist nur ein Drittel des ortsüblichen Marktwertes." Ein anderer Landwirt im Ort habe vor einigen Jahren 90 Mark pro Quadratmeter bekommen. Mittlerweile liegt der Preis pro Quadratmeter voll erschlossenen Baulandes in Dünstekoven laut Bodenrichtwertkarte des Rhein-Sieg-Kreises bei 105 Euro.

Winterscheidt und die anderen Eigentümer halten 50 Euro pro Quadratmeter nicht erschlossenen Landes für angemessen. Das habe Bürgermeister Maack anfangs ähnlich gesehen. "Wir waren uns ziemlich einig", so Winterscheidt. Doch nach der Haushaltsklausur der CDU-Fraktion im Frühjahr habe der Bürgermeister das "Klagelied von der schlechten Haushaltslage" angestimmt. Winterscheidt: "Ein kleiner Ort wie Dünstekoven ist aber nicht dazu da, den Haushalt der Gemeinde zu sanieren." Und er ist überzeugt davon, dass ein privates Umlegungsverfahren weitaus billiger und schneller ist als das des Rhein-Sieg-Kreises.

Verärgert ist Winterscheidt auch über Kämmerer Pierre Oster. Der hatte ihm mit Schreiben vom 24. Januar mitgeteilt, dass eine Änderung des Flächennutzungsplans mit Ausweisung von Bauland nur dann erfolgen könne, "wenn die Gemeinde Swisttal vorher in das Eigentum der Grundstücke gelangt". Dieser Satz ist für Winterscheidt schlicht "Erpressung". Die Konsequenz: "Wir waren uns alle einig, für 15 Euro nicht zu verkaufen."

Den Vorwurf der "Erpressung" der Eigentümer weist man bei der Gemeinde entschieden zurück und lobt stattdessen das Verfahren als "Modellprojekt". Bürgermeister Eckhard Maack sagte, dieses neue Konzept, nämlich vor der Erschließung Flächen zu kaufen, sei "mit Rückendeckung aus der Kommunalpolitik" entwickelt worden. Angesichts der Haushaltslage sollten nicht nur die Eigentümer in den Genuss des Wertzuwachses ihrer Grundstücke kommen.

"Wir als Gemeinde möchten auch von diesem Wertzuwachs partizipieren. Das haben wir den Eigentümern auch offen gesagt und die Bedingungen genannt." Von "Erpressung" könne deshalb keine Rede sein. Maack bestreitet auch die Angabe Winterscheidts, 15 Euro sei das letzte Angebot der Gemeinde gewesen. Das habe um einige Euro höher gelegen. Der Bürgermeister hat Verständnis dafür, "dass die Eigentümer mit interessantem Bauland pokern". Er meint aber, es sei ja auch positiv zu sehen, wenn die Eigentümer für ihr Ackerland nun den fünffachen Quadratmeterpreis erzielen könnten.

Kämmerer Pierre Oster rechnet vor, wie sich das Modellprojekt für die Gemeinde rechnen soll. Bei einem angenommenen Quadratmeterpreis von 20 Euro zahlt die Gemeinde für die vier Hektar Grunderwerb 800 000 Euro. Hinzu kommen eine Million Euro für die Erschließung, 250 000 Euro an Personalkosten und 300 000 Euro für die Finanzierung über fünf Jahre. Das macht Gesamtkosten von etwa 2,35 Millionen Euro, umgerechnet auf den Quadratmeter 58,75 Euro. Diese Kosten will Oster durch den späteren Verkauf der Grundstücke "unter dem Verkehrswert" für Dünstekovener Bürger refinanzieren. Bei einem Gewinn von etwa 30 Euro pro Quadratmeter sollen so über die Vermarktungszeit von etwa fünf Jahre hinweg 1,2 Millionen Euro in die Gemeindekasse fließen.

Doch dass es so weit kommt, danach sieht es momentan nicht aus. Es herrscht Funkstille zwischen der Gemeinde und den Eigentümern. Bürgermeister Maack sieht jedenfalls zurzeit keine Veranlassung, aktiv zu werden. Er sagt: "Im Moment passiert gar nichts. Wenn die Eigentümer uns aber einen vernünftigen Preis nennen, kann man wieder zusammen sprechen. Die große Vergoldung von Ackerland ist zurzeit nicht drin."

Auch der Dünstekovener Ortsvorsteher Jakob Zimmer ist vom Konzept der Gemeinde überzeugt. Auf den Vorwurf von Winterscheidt, er habe sich nicht genügend für die Interessen der Eigentümer eingesetzt, sagt er: "Ich bin nicht nur der Vertreter der 13 Eigentümer. Ich vertrete alle Bürger des Ortes. Wenn kein Geld da ist, kann die Allgemeinheit nicht die Wertsteigerung des Besitzes einzelner Bürger finanzieren. Es ist schade, dass das Konzept nun wohl nicht umgesetzt wird, denn daran hätten beide verdient: Eigentümer und Gemeinde."

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