Canal du Nivernais: Mit dem Hausboot durch Klein-Amazonien

Châtel-Censoir · Bis zu 18 Meter hohe Pflanzenmauern und Kaskaden: Der Canal du Nivernais gilt als einer der landschaftlich schönsten Wasserwege Frankreichs. Auf dem Hausboot führt er nur zwei Stunden von Paris entfernt durch Klein-Amazonien.

 Ruhig gleitet das Hausboot über den Kanal, nur ab und zu gibt es eine Schleuse. Foto: Sabine Glaubitz

Ruhig gleitet das Hausboot über den Kanal, nur ab und zu gibt es eine Schleuse. Foto: Sabine Glaubitz

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Nicht einmal fünf Meter breit sind die drei Tunnel von La Collancelle. Da sind Fahrkünste gefragt. Aber nach ein paar Dutzend Schleusen, die auf dem Nivernais-Kanal bereits hinter uns liegen, haben wir etwas Übung. Die "Magnifique" gleitet sanft durch das ruhige Gewässer. Wir fahren ohne an den Mauern zu schrammen durch den unterirdischen Gang.

Die zwischen den Tunneln liegende Schlucht ist paradiesisch schön. Rechts und links ragen steile Felswände empor. Dort entspringen Quellen, auf den Steinen wachsen Moos, Farne und Schlingpflanzen. Die Bäume bilden einen grünen Baldachin, durch den diffuses Sonnenlicht dringt. Klein-Amazonien heißt der Kanal nicht ohne Grund. Selbst Mücken gibt es, nur stechen sie hier nicht.

Der Nivernais-Kanal gilt als einer der landschaftlich schönsten Wasserwege Frankreichs. Für viele ist er auch der romantischste. Natur, Wasser und Stille bilden herrliche Stimmungsbilder. Er führt durch das Burgund und verbindet auf 174 Kilometern das Loire- mit dem Seinetal und erstreckt sich von Decize im Süden bis nach Auxerre im Norden. Neben dem Kanal gibt es keine Straßen, sondern nur zu beiden Seiten einen Treidelweg. Sobald der Schiffsmotor ausgeschaltet ist, herrscht absolute Stille.

Morgens um halb acht herrschen draußen nur sechs Grad. Der Dunst über dem Wasser hebt sich langsam und die Schleier-Streifen am Himmel versprechen einen sonnigen Tag. An Deck wird es langsam lebendig. Aus der Bootsküche dringt der herbe Duft von frischem Kaffee.

Mit 6 km/h ziehen wir an weinumrankten Schleusenhäusern aus Naturstein und verwilderten Gärten vorbei. Die Schleusen werden hier noch handbetrieben. Zwischen Juli und August ist fast an jeder Schleuse ein Wärter zu finden. Im Notfall wird man selbst zum Schleusenmeister. Vor manchen Häusern stehen zur Bewirtung Tische und Stühle draußen, wie vor dem von Gérard Mazières an der Schleuse 6 der beeindruckenden Schleusentreppe von Sardy. Innerhalb von 3,5 Kilometern folgen 16 Schleusen unmittelbar aufeinander.

Die Langsamkeit auf dem Kanal wird zum Dialog mit der Natur. Jedes Detail wird zum Schauspiel: die untergehende Sonne, die eine Brücke in goldenes Licht taucht, dahintreibende Wolken, die sich im Kanal widerspiegeln, der Duft nasser Erde, die Schwäne und Graureiher, die majestätisch über das Wasser gleiten und die weißen Charolais-Rinder, die gemütlich Grasbüschel für Grasbüschel abrupfen.

Unsere nächste Exkursion bringt uns etwas ins Schwitzen: eine Fahrradtour von Vincelles in das fünf Kilometer entfernte Winzerdorf Irancy - mit leichter Steigung und Gegenwind.

Der 320-Einwohner-Weinort ist der einzige im Burgund, wo der Pinot Noir mit bis zu zehn Prozent Cesar verfeinert wird, eine seltene, wahrscheinlich von den römischen Legionären eingeführte Traube. Wie die Mischung schmeckt, erfährt unser Gaumen auf dem Domaine Saint Germain. Christophe Ferrari besitzt in Irancy und Chablis insgesamt 14 Hektar Weinberge. Seine Liebe zum Wein hat der Informatiker 1981 bei einer Weinlese entdeckt. Heute gären in seinen Kesseln köstliche Tropfen. Irancy "La Bergère", Irancy "Le Paradis" oder "Ratafia" - allein schon die Namen machen Lust auf eine Verkostung.

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