Pure Pflücksgefühle auf Kräutertour im Klostergarten

Benediktbeuern · Echt bitter, was Erika Ledermüller da schon wieder unter den Obstbäumen des Klostergartens hervorholt. Und köstlich zugleich: Schafgarbe, Gänseblümchen und Spitzwegerich.

 Bei Seminarleiterin Erika Ledermüller entstehen im Klostergarten von Benediktbeuern jede Menge Pflücksgefühle. Foto: Dietmar Denger

Bei Seminarleiterin Erika Ledermüller entstehen im Klostergarten von Benediktbeuern jede Menge Pflücksgefühle. Foto: Dietmar Denger

Foto: DPA

So ein Spitzwegerich-Blatt schmeckt ganz besonders, leicht salzig. "Hilft auch bei Husten", klärt die Kräuterpädagogin auf. Äußerlich angewendet wird der Spitzwegerich traditionell bei Reizungen der Haut. Also etwa dann, wenn die Brennnessel sich beim Pflücken im Kräuterseminar im Kloster Benediktbeuern auf ihre uncharmante Art gewehrt haben sollte.

"Dabei sind Brennnesseln toll, wachsen fast das ganze Jahr über und haben 25 Mal mehr Vitamin C als Kopfsalat. Neben weiteren Vitaminen sind sie reich an Eisen, Magnesium und Kieselsäure", erzählt Ledermüller, die auch Vorträge hält zum Thema Wildkräuter und gesunde Ernährung. Die Brennnessel darf dabei nicht fehlen: "Im Frühjahr kann man die jungen Pflanzen ganz verwenden, später nimmt man die oberen Sprossen", erklärt sie. "Am besten abschneiden und in einen Korb fallen lassen." Nach dem Waschen rollt man einige Male mit dem Nudelholz drüber, "dann sind garantiert alle Brennhaare zerstört".

Ein Kräuterseminar erschließt eine Welt, die man im Alltag buchstäblich mit Füßen tritt. Eingebettet in die Postkartenidylle der Bayerischen Voralpen liegt die ehemalige Benediktiner-Abtei, in der heute der Salesianer-Orden mit verschiedenen Fortbildungseinrichtungen tätig ist. In deren Kräuter- und Obstgarten haben die 40 Kräuterpädagoginnen des Tölzer Lands die idealen Anschauungsobjekte für ihre Seminare. Dabei darf geschnuppert, gefühlt, aber auch probiert werden. Eine Krabbelgruppe für Kinder und Erwachsene gleichermaßen.

An diesem Abend hat sich Erika Ledermüller einen Salat vorgenommen. Man nehme Brennnessel, Gundermann, Löwenzahn, Rotklee, Rosenblüten, Gänseblümchen, Boretsch, Spitzwegerich, Frauenmantel und arrangiere das Gemisch auf bunten Tellern.

"Salat ist die einfachste Form, um mit Wildpflanzen zu experimentieren und sie in eine gesunde Ernährung einzubauen", erklärt Ledermüller, die schon als Kind mit ihren Großeltern und Eltern über die Berge und Wiesen Oberbayerns streifte und Pilze und Kräuter sammelte. "Nehmen Sie herkömmlichen Salat, Kopfsalat, Eissalat oder was auch immer. Schon mit einer Hand voll Wildpflanzen kann man seinen Vitalstoffbedarf hervorragend ergänzen." Weil sie leicht verfügbar sind, entsteht auch kein Nährstoffverlust durch lange Transportwege und durch Lagerung. "Ob Vitamine, Mineralstoffe oder Spurenelemente - Wildpflanzen sind unserem Kulturgemüse weit überlegen." Und zum Sammeln lässt sich jeder Spaziergang nutzen.

Pflücksgefühle sind garantiert, denn viele der Zutaten an diesem Abend wachsen auf wirklich jeder Wiese. "Löwenzahn kommt in meinen Salat, weil er viele gesunde Bitterstoffe enthält, die uns in unserer normalen Alltagskost häufig fehlen, außerdem ist er reich an Vitamin D, C, B." Für den Anfang reichen wenige Blättchen, "damit sich der Gaumen an die neuen Geschmacksnuancen gewöhnen kann". In der Kombination mit den anderen Zutaten ergibt sich damit ein kräftig-würziger Geschmack.

Und schon wieder ist Ledermüller fündig geworden: "Hier, Giersch ist auch super. Kräftig würziger Geschmack, viel Vitamin C, Mineralstoffe." Salate mit Wildkräutern schmecken deutlich aromatischer und würziger. "Das liegt daran, dass sie neben einem viel höheren Vitalstoff- und Mineralstoffgehalt auch viel mehr bioaktive Pflanzenstoffe enthalten, Bitterstoffe zum Beispiel", erzählt die Expertin. Die fördern die Produktion von Magen- und Gallensaft, wirken appetitanregend und verdauungsfördernd.

Einmal im Monat veranstalten Erika Ledermüller und ihre Kolleginnen im Frühjahr und Sommer Schnupperseminare, auf Anfrage auch längere Veranstaltungen, bei denen dann gekocht wird. Treffpunkt ist dabei der Kräuter-Erlebnis-Laden im Kloster, bei dem auch viele Produkte aus eigener Herstellung verkauft werden. Das Angebot umfasst diverse Kräutermischungen: "Besonders beliebt sind Butterbrotblüten - das ist eine Mischung aus Kräutern und Blüten - oder Wildkräutersalz, Kräuterpfeffer, Essige und Öle - beispielsweise Holunderblütenbalsamico, oder Bärlauchöl."

Zweck von Laden und Veranstaltungen ist es, Menschen für Kräuter zu interessieren und zu sensibilisieren. "Nicht nur sehen, riechen und schmecken ist uns dabei wichtig, sondern auch das Schützen und Erhalten." Anscheinend mit Erfolg: "Viele Seminarteilnehmer lassen inzwischen beispielsweise Brennnesseln in ihrem Garten wachsen."

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Kloster Benediktbeuern

Kloster BenediktbeuernAnfahrt: Das Kloster Benediktbeuern liegt etwa eine Stunde südlich von München, am besten zu erreichen über die A95 Richtung Garmisch-Partenkirchen.

Führungen: Schnupperführungen (eine Stunde) zum Thema Kräuter von Mai bis Oktober an jedem ersten Sonntag im Monat. Mit Kaffee und Kuchen 12,50 Euro. Seminare mit anschließender Zubereitung, wie im Beitrag beschrieben, auf Anfrage. Anmeldung im Kräuter-Erlebnis-Laden im Kloster Benediktbeuern, Tel.: 08857-88734.

Information: Tölzer Land Tourismus, Tel.: 08041/50 52 06

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