Mode "Berlin hat was ganz Einzigartiges" - Auftakt der Fashion Week

Berlin · Da wird fotografiert, posiert, abgeguckt: Die Berliner Fashion Week zeigt neue Looks für den kommenden Frühling und Sommer. Bunt und kreativ ist in der Bundeshauptstadt angesagt.

Geknotete Haarbänder im Retrodesign, Röcke mit afrikanischem Print und Männer mit kurzen Höschen: Bei der Berlin Fashion Week (8. bis 13. Juli) ist die Modeszene auf der Suche nach dem nächsten großen Ding. Zum Auftakt schickt der Schweizer Nachwuchsdesigner Julian Zigerli seine Männermodels betont cool in blassbunten Drucken und bunten Anzügen auf den Laufsteg. Und die Österreicherin Lena Hoschek setzt bei ihrer Frauenkollektion auf feminine Kleider mit Ethnodruck. Die Designerin, die bei Modeschöpferin Vivienne Westwood in die Lehre ging, erntete dafür viel Applaus.

Die großen Marken Boss, Rena Lange und Escada bleiben dem Fashion-Event erneut fern. Selbst die Berliner Trendsetter Achtland und Kaviar Gauche kehren der Heimat diesmal den Rücken, ihre Kollektionen wollen sie stattdessen im September in Paris zeigen. Dort laufen gerade parallel die Haute-Couture-Schauen mit maßgeschneiderten Roben aus luxuriösem Material. Kann Berlin bei den Größen der Laufstegschauen immer noch nicht mithalten?

Das deutsche Model Franziska Knuppe will verschiedene Modestädte nicht vergleichen. "Alle wollen immer verglichen werden mit Paris oder London oder Mailand oder New York", sagt sie, während sie im Publikum der Hoschek-Schau im weißen Spitzenrock sitzt. "Ich finde, Berlin hat was ganz Einzigartiges." Nach Ansicht von Tattoo-Model Lexy Hell hat die Berliner Modewoche dagegen nicht den besten Ruf: "Es fehlen einfach die großen Namen." Sie stört sich vor allem an den vielen Bloggern, die sich auf den Modenschauen rumtreiben. "Ich glaube, man muss bald reagieren und was machen."

Diesmal musste sich die Szene von der gewohnten Kulisse am Brandenburger Tor verabschieden, weil dort Fußballfans die Weltmeisterschaft feiern. Die Branche trifft sich also nun für die Schauen des Hauptprogramms in einem Eisstadion im Stadtteil Wedding, drum herum ein Sushiladen, ein Sexshop und in der Nähe eine Plakatwerbung "Volumendauerwelle 10 Euro". Mit eigens aufgestellten Birken, ausgerolltem roten Teppich, Lichteffekten und Lounge-Musik macht es sich die Modeszene schön.

Und dem Wedding wird immer mal wieder Potenzial zur Coolness nachgesagt. "Alle haben vorher geschrien: Ähh, Wedding und so. Aber wieso nicht? Ich glaube, das passt ganz gut hierher", sagt Model Knuppe. In Berlin zeigen sich unkonventionelle Designer und junge, aufstrebende Talente. Mit dabei sind auch Lala Berlin, Guido Maria Kretschmer, Laurèl, Augustin Teboul und Michael Michalsky. Und Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton, das offizielle Gesicht der Laufstegschauen, sorgt für einen Hauch Hollywood: Die Schottin - bekannt für ihren gradlinigen, puristischen Look - wird am Donnerstag erwartet.

Während an einem Ort abgetaute Eisflächen zum Catwalk werden, hat sich die Handelsmesse Bread & Butter unter dem Motto "Carnaval do Brasil" erneut im stillgelegten Flughafen Tempelhof einquartiert. Passend zur Fußball-WM regnet es zum Auftakt gleich kiloweise brasilianisch grün-gelb-blaue Papierschnipsel von den Balustraden. "Mist, wieso kleben die Dinger so?", schimpft ein Ordnungsdienst, der das Konfetti später zusammenkehren muss. Rund 500 Aussteller sorgen mit Straßen- und Sportmode für großen Zulauf. Medienberichten zufolge erwägt Bread & Butter-Chef Karl-Heinz Müller allerdings, mit der Winter-Ausgabe der Messe nach Barcelona umzuziehen. Das wäre ein herber Schlag für Berlin.

Berlin und die Männer: Das GA-Modeurteil

Bernward Klein - aus Männersicht

Dass Frauen die (Alb-)Träume von Designern auftragen, ist eine leidvolle Prüfung, der sich manche dem Vernehmen nach bereitwillig unterziehen. Was man beim Blick auf Berlin mitunter dem Mann zumutet, bedarf beim normalen Hosenträger schon des Mutes zur Peinlichkeit. Oder aber Mann lässt sich vom Pragmatismus leiten und trägt, wenn es etwa nach Julian Zigerlis Entwürfen geht, einen für alles: Ohne Umziehen raus aus dem Bett und zur Arbeit - der bunt gestreifte Pyjama macht es mit. Allerdings droht der Verdacht, es auch sonst bei der Körperpflege nicht zu übertreiben. Mann hat's nicht leicht...

Tina Stommel - aus Frauensicht

Warum eigentlich muss Männermode immer so bübchenhaft sein? Während bei Frauen das ganze Spektrum an Rollenträumen vom kleinen Mädchen bis zur Diva bedient wird, sind Modemänner eines nie: Männer. Stattdessen läuft einem irgendetwas Jüngeliges im figurbetonten Pyjama entgegen, das eigentlich sagt: "Ich wäre lieber eine Frau." Die Konsequenz solcher Bilder bei Frauen: bloß nicht hingucken. Und bloß nicht dem eigenen Mann zeigen - der sagt nämlich sofort: "Siehste! Mode und Männer - das geht nicht zusammen!" Und ist noch weniger bereit, sich was Neues zum Anziehen zu kaufen ...

Weitere Bilder zur Fashion Week in Berlin unter www.ga.de/mode

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