Wenn die Hauswand grün wird Was Immobilienbesitzer gegen Algen und Pilze an Fassaden tun können

Die Fassade seines um die Jahrtausendwende gebauten Einfamilienhauses mochte der Eigentümer in Wachtberg zuletzt nicht mehr anschauen. Dort, wo einst die Außenwände in reinem Weiß erstrahlten, fiel nun ein grünlicher Belag ins Auge: Algen hatten sich breit gemacht.

 Stefan Remmel, Obermeister der Maler- und Lackiererinnung Bonn/Rhein-Sieg, zeigt in seinem Lager eine Biozid-Fassadenfarbe, die gegen Algen wirken kann.

Stefan Remmel, Obermeister der Maler- und Lackiererinnung Bonn/Rhein-Sieg, zeigt in seinem Lager eine Biozid-Fassadenfarbe, die gegen Algen wirken kann.

Foto: Axel Vogel

Mit Verunreinigungen an Häusern durch die Natur hat Stefan Remmel, Obermeister der Maler- und Lackiererinnung Bonn/-Rhein-Sieg, oft zu tun. Denn auch Pilze setzen Fassaden zu, berichtet der Malermeister aus Bad Godesberg. Rund zehn Prozent seiner Aufträge haben damit zu tun, Algen- und Pilzbildungen zu beseitigen.

Algen sind laut Remmel Mikroorganismen, die "Licht, Wasser und Luft brauchen, um wachsen zu können". Solche Lebensgrundlagen würden häufig Hausfassaden in ländlichen Regionen bieten. Dort sehe man das Grün an Hauswänden mit einer Nord-Ost-Ausrichtung sprießen, so Remmel, "da diese weniger schnell trocknen als Fassaden unter Sonneneinstrahlung". Ein hausnaher Pflanzenbewuchs in Gestalt von Bäumen und Sträuchern begünstige das Wachstum ebenso wie ein hoher Feuchtigkeitsgehalt der Fassaden. Dazu könne es beispielsweise durch fehlende Dachüberstände kommen, aber auch durch eine unzureichende Wasserableitung.

Betroffen sind häufig hochgedämmte Fassaden, wie in einem Beitrag von Christian Scherer auf der Internetseite www.baufachinformation.de nachzulesen ist; verantwortlich dafür ist das Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau IRB: "Die wesentlichen, den mikrobiellen Aufwuchs begünstigenden Faktoren sind geringe thermische Masse der Fassadenbeschichtung, geringe Wasseraufnahmefähigkeit der Fassadenbeschichtung, hoher Infektionsdruck durch die Umgebung, Mikroklima am Standort und hohe Schlagregenbelastung", erklärt Fachautor Scherer.

Der grüne Wuchs sieht zwar alles andere als schön aus, aber Algen schaden nach Aussage von Stefan Remmel nicht der Substanz des Gebäudes. Trotzdem sollten Hausbesitzer das Sprießen des Grüns als Alarmzeichen verstehen. "Das ist oft ein Indikator dafür, dass etwas nicht stimmt und der Feuchtigkeitsgehalt im Mauerwerk zu hoch ist", betont Remmel, Unternimmt der Hausherr nichts, könne es im Laufe der Zeit zu gravierenderen Schäden kommen. So kann etwa der Putz abbröckeln, und es entstehen Schäden am Mauerwerk.

Auch können feuchte Fassaden Pilze gedeihen lassen, die meist durch schwärzliche Verfärbungen auffallen. Betroffen sind häufig Häuser in städtischen Bereichen. Pilze benötigen zum Wachstum kein Licht, erklärt Stefan Remmel, aber zusätzliche organische Stoffe und Substanzen, etwa Ruß und Abgase. Wie bei Algen gilt: Selten schaden die Wucherungen der Haussubstanz, sollten aber vorsichtshalber von einem Fachmann begutachtet werden. Bei der Frage, was man tun kann, rät Fachmann Remmel zu folgendem Vorgehen. Zunächst wird die betroffene Fassade mit einem Hochdruckreiniger gesäubert und anschließend desinfiziert.

Dann folgt ein neuer Anstrich. Die Farbe sollte auf jeden Fall ein Biozid enthalten. Das ist ein Schädlingsbekämpfungsmittel. Für den Benutzer bewegen sich laut Peter Schütz, Sprecher des Landesamtes für Natur, Umwelt und Naturschutz NRW (LANUV), die Gesundheitsrisiken dann in vertretbaren Toleranzen, "wenn man sich bei dem Gebrauch an die entsprechenden Sicherheitsregeln und Vorgaben auf dem Beipackzettel hält". Aber Schütz sagt auch: "Hier handelt es sich um ein Gift." Das Umweltbundesamt ließ eine entsprechende Anfrage zu dem Thema unbeantwortet.

Remmel rät daher, hochwertige Produkte zu verwenden. "Nur so kann man sicher sein, dass sich der Biozid-Anteil im Rahmen der vorgeschriebenen Normen bewegt", ergänzt Remmel. Richtig ist aber auch: "Das Biozid wird nach dem Auftragen auf die Fassade relativ schnell wieder abgebaut", sagt LANUV-Sprecher Schütz. Dass sei früher anders gewesen.

Wenn das Biozid durch die Witterung, durch Regen und Sonnenstrahlen wieder abgebaut wurde, kommen dann die Algen wieder? "Das muss nicht zwangsläufig der Fall sein", erklärt LANUV-Sprecher Schütz. Gleichwohl warnt Innungs-Obermeister Stefan Remmel vor falschen Hoffnungen: "Dauerhaft wird kaum ein Hausbesitzer die grünen Mikroorganismen los." Mit einem Biozid-Anstrich werde es laut Remmel aber länger dauern, "bis die Algen wieder wachsen".

Scherer sieht das ähnlich: "Der Einsatz von bioziden Wirkstoffen verzögert und verringert den mikrobiellen Aufwuchs auf Wärmeverbund-Dämmsystemen meist deutlich." Wann die Algen wieder wachsen, lässt sich nach den Erfahrungen von Stefan Remmel schwer vorhersagen: "Das hängt von ganz vielen Faktoren ab, von der Lage des Hauses ebenso wie von der Witterung." Unterm Strich sei ein Anstrich mit Biozid-haltiger Farbe mit Blick auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis die effektivste Lösung, sagt er. Scherer allerdings weist in seinem Beitrag darauf hin, dass auch selbst "biozid ausgerüstete Fassaden bei entsprechenden Umgebungsbedingungen" unmittelbar wieder von mikrobiellem Aufwuchs betroffen sein können.

Höher sind die Kosten beim Anbringen eines Dickschichtputzes. Vorteil: Man kommt ohne die Beimischung eines Pflanzengiftes aus. Das Ganze funktioniert laut Remmel so: "Ein mineralisch hydroaktives Putzsystem sorgt dafür, dass das Oberflächentauwasser wie bei einem Schwamm in tiefere Schichten transportiert wird." Die Feuchtigkeit in den unteren Putzschichten könne durch Sonne oder Wind wieder austrocknen.

Bei einer Neubeschichtung mit Putz kommt auch ein Silikonharzputz in Frage, den Remmel für eine gute Wahl hält: "Diese Fassadenbeschichtung wird oft auf Wärmedämmsystemen verwendet wegen eines guten Verhältnisses zwischen Wasseraufnahmemöglichkeit und Diffusionsfähigkeit." Im Gegensatz zu einem mineralischen Putz werde das Wasser am Eindringen gehindert. Da aber das Tauwasser hier länger stehen kann, werde dieser Putz ebenfalls mit einem Biozid ausgestattet.

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