Gegen die Sommerhitze Rollladenkästen sind die Schwachstellen

BONN · Das Einfamilienhaus, das Suha von Martial mit ihrer Familie 1995 auf dem Brückberg an der Gartenstraße in Siegburg gekauft hat, ist das, was Liebhaber einen schönen Altbau nennen. 1953 gebaut, verfügt das rund 150 Quadratmeter große Gebäude mit Satteldach und seinen Holzrahmenfenstern über viel Charme.

 Energieberater Thomas Zwingmann macht den Blatttest: Wenn sich das Papier nach dem Schließen zwischen Fenster und Rahmen nicht herausziehen lässt, schließt das Fenster noch gut.

Energieberater Thomas Zwingmann macht den Blatttest: Wenn sich das Papier nach dem Schließen zwischen Fenster und Rahmen nicht herausziehen lässt, schließt das Fenster noch gut.

Foto: Axel Vogel

Dazu trägt auch der große Garten bei. Von daher trifft das Haus ganz und gar den Geschmack der Familie Martial. Wenn da nicht die heißen Sommertage wären: Irgendwie lässt sich in den Räumen keine angenehme Temperatur herstellen. Im Winter ist es umgekehrt: Suha von Martial muss sich dann mit frostigen 14 Grad im Wohnzimmer begnügen, "trotz eingeschalteter Heizung", wie sie betont. Im Sommer steigt das Thermometer auf bis zu 28 Grad.

Dass es auch anders geht, erfuhren die Hausherren, als sie 1999 einen etwa 120 Quadratmeter großen Anbau realisierten. Der war nach modernen Anforderungen gedämmt, was auch dafür sorgte, dass die Temperaturen im Inneren antizyklisch zur Jahreszeit gehalten werden können: Kühl im Sommer, warm im Winter. Dass änderte aber nichts an dem Problem der Familie im Altbau. Darum ging Suha von Martial zur Siegburger Verbraucherzentrale, um sich Rat zu holen. Bei den Energieberatern in Siegburg und Bonn ist man für das bislang wenig beachtete Thema sensibilisiert: "Denn Dämmen schützt nicht nur gegen Kälte, sondern auch vor Hitze", erläutert Stephan Herpertz, Energieberater in Bonn. Passend zur Jahreszeit bieten die Verbraucherzentralen die Aktion "Sommerlicher Hitzeschutz" an: ein spezielles Vor-Ort-Beratungsangebot mit Messungen in den Innenräumen.

Bereits bei einem ersten Kontakt mit Suha von Martial 2013 hatte Thomas Zwingmann, Energieberater der Verbraucherzentrale in Siegburg, das Problem erkannt. Im Wesentlichen hängt das mit der unzureichenden Dämmung des Hauses zusammen, so der Diplom-Ingenieur: "Mangelnde Dichtheit der Gebäudehülle spielt eine große Rolle für die Raumtemperatur." Was viele Hausbesitzer laut Zwingmann immer noch verkennen: "Ritzen, Fugen wie auch alte Fenster sorgen dafür, dass die warme Luft im Innern im Winter nach außen und im Sommer feuchtwarme Luft in die Räume strömen kann."

In einem ersten Schritt empfahl er darum den Eheleuten von Martial, ihrem Haus eine neue Dachdämmung zu verpassen. Nachdem das geschehen war, traf sich Thomas Zwingmann am Montag erneut mit der Familie. Denn die Temperaturen sind noch nicht so, wie sich Suha von Martial das wünschen würde: Gemessene 26 Grad im Wohnzimmer - zwei Grad weniger als vor der Dachdämmung - sind für sie weiterhin zu viel.

Bei der Frage, welche Maßnahmen noch folgen müssen, um die warme Luft draußen zu halten, prüfte Zwingmann zunächst mit einer Wärmebildkamera das Dachgeschoss. Es galt zu testen, ob die Dämmung auch wirklich dicht war. Der Energieberater war zufrieden - das Display der Kamera zeigte selbst bei der Luke zum Dachboden eine einheitlich grüne Fläche an: Alles ist dicht!

Weiter ging der Check im Erdgeschoss. Schließen die alten Holzfenster richtig, bei denen die Hausbesitzerin vor einigen Jahren eine moderne, wärmedämmende Doppelverglasung hatte einsetzen lassen? Ein Austausch der original 50er-Jahre-Holzrahmen kam für Suha von Martial nicht infrage: Schließlich legt sie Wert darauf, "dass der Charakter des Hauses erhalten bleibt". Thomas Zwingmann machte den Blatttest: Dazu schob er ein Blatt zwischen ein geöffnetes Fenster und den Rahmen, dann schloss er das Fenster wieder. Da er das Blatt nicht herausziehen konnte, schlossen die Fenster noch gut. Um den Wärmeschutz im Sommer und Winter zu verbessern, empfahl Zwingmann trotzdem, im Wohnzimmer ein weiteres Fenster vor die vorhandenen Fenster zu setzen. Alternativ könnte an den Fenstern mit östlicher und westlicher Ausrichtung eine spezielle Sonnenschutzverglasung helfen. "Die kostet etwa 15 Prozent mehr als eine aktuelle Wärmeschutzverglasung", sagt er.

Damit sich im Winter die Wärme in der Wohnung gleichmäßig verteilt, riet Thomas Zwingmann, die Heizkörper ins Visier zu nehmen. Die wurden nämlich in den 50er Jahren in passgenauen Nischen versteckt. "So kann aber die Raumluft nicht richtig um die Heizkörper zirkulieren und erwärmt werden", gab Zwingmann zu bedenken. Der Energieberater schlug vor, die Nischen mit dämmenden Steinen auszumauern und die alten Heizkörper durch flache zu ersetzen. Denn diese verteilen die Wärme überwiegend durch Strahlung.

Die aus Sicht von Thomas Zwingmann effektivste Maßnahme zur Verbesserung des Raumklimas wäre, die alten, hölzernen Rollladenkästen abzudichten. Die hatte er als eine absolute Schwachstelle in der Gebäudehülle ausgemacht. Freilich könnte man relativ kostengünstig Abhilfe schaffen: In Form einer Abdichtung durch Dämmlamellen aus Polyurethan. Kosten inklusive Einbau durch einen Fachmann zwischen 500 und 800 Euro, so schätzt der Energieberater.

Einen Tipp, der nichts kostet, hatte er ebenfalls für Suha von Martial parat: "An heißen Tagen Fenster und Türen vor allem tagsüber geschlossen lassen. Lüften nur zu den kühleren Abend und Nachtzeiten." So halte man die feuchtwarme Luft draußen, die auch zu Schimmel führen könne: "Warme Luft enthält viel mehr Feuchtigkeit." Auch die Kellerfenster sollte man tagsüber schließen: "Im Sommer herrschen zwischen Keller und dem Außenbereich oft noch größere Temperaturunterschiede, was dort die Gefahr einer Schimmelbildung erhöht."

Die Energieberatungsstellen der Verbraucherzentrale in Siegburg, dem Rhein-Sieg-Kreis und Bonn bieten diese 90-minütige Hitzeschutzberatung für 60 Euro an. Zum Angebot gehört auch ein Protokoll mit Hinweisen zu Verbesserungsmaßnahmen.

Info: www.vz-nrw.de/hitzeschutz oder Tel. (02241) 496806

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