Weiße Finger: Das Raynaud-Phänomen trifft vor allem Frauen

Berlin · Weiße Finger sind das typische Symptom des Raynaud-Phänomens. "Leichenfingerkrankheit" wird es deshalb auch genannt, obwohl es gar keine Krankheit ist, sondern eher eine Laune der Natur.

 Keine Krankheit, nur eine Laune der Natur: Das Raynaud-Phänomen trifft vor allem Frauen. Meist ist ein Kältereiz der Auslöser. Foto: Lukas Schürmann

Keine Krankheit, nur eine Laune der Natur: Das Raynaud-Phänomen trifft vor allem Frauen. Meist ist ein Kältereiz der Auslöser. Foto: Lukas Schürmann

Foto: DPA

Vor allem Frauen leiden am Raynaud-Phänomen. "Sie machen 90 Prozent der Betroffenen aus", sagt Clemens Fahrig, Ärztlicher Direktor des Evangelischen Krankenhauses Hubertus in Berlin und Leiter des Gefäßzentrums Berlin-Brandenburg.

Meist ist ein Kältereiz der Auslöser: der eisige Wind an einem Wintertag, kaltes Wasser aus dem Wasserhahn oder die Minustemperaturen in der Tiefkühltruhe. "Dieser Reiz führt dazu, dass sich die Gefäße in den Fingern, seltener auch in den Zehen, zusammenziehen und die Blutzirkulation zum Stillstand kommt", sagt Fahrig. Manchmal dauert der Gefäßkrampf nur wenige Minuten, manchmal mehrere Stunden. Zunächst sind die Finger kalt und taub. Kehrt das Blut in die feinen Äderchen zurück, kann es kribbeln und schmerzen.

Oft treten die Attacken in der Pubertät zum ersten Mal auf, neben Kälte können auch Aufregung, Stress und manche Medikamente wie etwa Betablocker die Auslöser sein. Über die Ursachen weiß die Forschung bislang wenig. Ein niedriger Blutdruck scheine eine Rolle zu spielen, sagt Fahrig. Oft seien mehrere Mitglieder einer Familie betroffen.

Wirksamstes Gegenmittel ist Wärme. "Die Hände dürfen gar nicht erst kalt werden", sagt Fahrig. Handschuhe sollten deshalb schon in der Wohnung angezogen werden. Bewährt habe sich das Zwiebelprinzip: Über dünne Seidenhandschuhe, die am besten auf der Heizung aufgewärmt werden, kommen winddichte Modelle mit Klimamembran.

Eine High-Tech-Alternative sind beheizbare Handschuhe. Die Gesundheitsjournalistin Karin Hertzer aus München hat für ihren Blog "Warmup-Cooldown" mehrere Modelle von Raynaud-Betroffenen testen lassen. Die von einem Akku gespeisten Heizdrähte sorgten tatsächlich für warme Hände, berichtet sie, allerdings sei nicht jedes Modell für jeden Einsatzbereich geeignet: "Wenn die Handschuhe sehr dick sind, schränkt das die Beweglichkeit der Finger ein", sagt Hertzer. Wichtig ist auch die richtige Passform: "Das warme Material sollte eng an der Haut anliegen, um die Hitze ohne Verluste zu übertragen."

Sind die Finger schon kalt und blutleer, ist die Versuchung groß, sie unter warmes Wasser zu halten. Doch mit dem Blut ist auch die Hitzeempfindlichkeit aus den Fingern gewichen: "Es drohen deshalb Verbrühungen durch zu heißes Wasser", warnt Gefäßspezialist Fahrig.

Das Raynaud-Phänomen plagt vor allem junge Frauen. "Wenn mit zunehmendem Lebensalter der Blutdruck steigt, kann es besser werden oder sogar ganz verschwinden", sagt Fahrig. Verstärkt es sich oder tritt es erst jenseits des 40. Geburtstags auf, ist das ein Alarmsignal: "Möglicherweise handelt es sich dann um das Symptom einer Sklerodermie", sagt Keihan Ahmadi-Simab, Ärztlicher Direktor des Klinikums Stephansplatz in Hamburg.

Die entzündliche Autoimmunerkrankung führt zu Verhärtungen der Haut und kann auch innere Organe angreifen. Früh erkannt könne dem Verlauf und möglichen Komplikationen entgegengewirkt werden, sagt Ahmadi-Simab. Auch Fahrig rät, Raynaud-Symptome abklären zu lassen, wenn sie erstmals auftreten oder sich verschlechtern. Aber er beruhigt: "Weniger als fünf Prozent der Betroffenen entwickeln tatsächlich eine Sklerodermie."

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