Kita-Streik Das müssen Eltern jetzt wissen

BONN · Eltern haben durchaus Verständnis für die Anliegen der Erzieher, heißt es. Schließlich geht es um ihre Kinder. "Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass diese hochwertige und fachlich anspruchsvolle Tätigkeit als schlecht bezahlter sogenannter "Frauenberuf" etikettiert wird", sagt auch SPD-Chef Sigmar Gabriel, selbst Vater einer dreijährigen Tochter.

Das Verständnis wird aber ab Freitag auf eine harte Probe gestellt. Auch Gabriel und seine Frau, eine Zahnärztin, müssen sich dann Gedanken machen, von wem sie die kleine Marie betreuen lassen.

Wie lange geht der Streik?

Verdi-Chef Frank Bsirske ist sich im Klaren: "Das wird Eltern hart treffen." Los geht der Streik am Freitag, flächendeckend, mit Ausnahme einiger westdeutscher Städte wie Köln, Bonn, Düsseldorf oder Dortmund. Dort beginnt er am Montag. Auf die Dauer des Arbeitskampfes will sich Bsirske nicht festlegen. Der Ball liege im Feld der kommunalen Arbeitgeber. Voraussetzung für ein Ende des Streiks sei eine akzeptable Aufwertung des Erzieherinnen- und Erzieher-Berufs. Die Arbeitgeber werfen den Gewerkschaften vor, sie hätten den Streik unbedingt gewollt, sie seien auf keines der Angebote eingegangen. Der Arbeitskampf ist grundsätzlich unbefristet - also: Ende offen.

Wer hat zum Streik aufgerufen?

Die Gewerkschaft Verdi, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie der Beamtenbund dbb haben Erzieherinnen und Erzieher in Kitas, Horten und an Offenen Ganztagsschulen zum Streik aufgerufen. Ebenso Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen in Jugendzentren, in der Schulsozialarbeit und im allgemeinen Sozialdienst, Erzieher und Heilpädagoginnen in Heimen für Kinder und Jugendliche sowie Beschäftigte in Einrichtungen der Behindertenhilfe.

Was wollen die Gewerkschaften, was die Arbeitgeber?

Bsirske sagt: "Wertschätzung drückt sich nun mal auch im Gehalt aus." Die Gewerkschaften fordern eine finanzielle Aufwertung dieser Berufe unter anderem durch eine höhere Eingruppierung. Laut Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) beläuft sich die Gesamtforderung auf 1,2 Milliarden Euro im Jahr. Die VKA sagt, sie sei bereit, Eingruppierungen zu ändern. Dass die Gewerkschaften aber pauschal zehn Prozent fordern, sei unangemessen.

Sind die Gewerkschaften in den Kitas schlagkräftig genug?

Bsirske wollte zum Organisationsgrad der Gewerkschaften in den Kitas nichts Genaueres sagen. Er wies nur darauf hin, dass die Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder im Erzieherbereich in den vergangenen Jahren zulegen konnte. Verdi habe in den vergangenen Wochen über 10.000 neue Mitglieder geworben. Der Streik sei in diesem Umfang in dieser Branche ein Novum. Er sei zuversichtlich, dass er Wirkung zeige.

Ist der Streik gerechtfertigt?

Bsirske sagt, trotz der absehbaren Belastung hätten viele Eltern Verständnis für die Anliegen der Erzieherinnen und Erzieher gezeigt. Sie wissen, dass eine höhere Wertschätzung auch ihren Kindern zugutekommt. Unterstützung bekommt er von SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel: "Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir die Attraktivität dieses Berufes - in materieller wie immaterieller Hinsicht - erheblich steigern müssen." Wäre dies ein typischer Männerberuf, hätte sich das schon längst geändert.

Warum überschneidet sich der Kita- mit dem Bahnstreik?

Bsirske sagt, der Freitag als Beginn sei vor der Entscheidung der GDL ins Auge gefasst worden, in dieser Woche zu streiken. Im Übrigen müsse man sich bei der Lokführergewerkschaft schon fragen, ob Beschäftigteninteressen im Vordergrund stünden oder Organisationsstrukturen. Bei den Erziehern gehe es um eine lang aufgestaute soziale Frage der Aufwertung.

Was kommt als nächstes im Sozialbereich?

Verdi will auch die Pflegeberufe im Blick behalten. Auch da sei eine Aufwertung dringend nötig, heißt es. Allerdings bestehe in der Branche noch Friedenspflicht. Bei der Post zeichne sich dagegen bereits ein Arbeitskampf ab.

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