Grünkohl auf Wanderschaft: Regionales schmeckt auch anderswo

Berlin · Labskaus in Stuttgart, Maultaschen in Berlin, Grünkohl in München und Spätzle allüberall. Deutschland hat viele regionale Leckereien vorzuweisen, und mit zunehmender Mobilität der Menschen wandert manche Spezialität in andere Bundesländer aus.

 Grünkohl mit Kartoffeln und Wurst - eigentlich ein typisches Gericht für den Norden Deutschlands. Mittlerweile langen aber auch Bayern und Schwaben zu. Foto: Nestor Bachmann

Grünkohl mit Kartoffeln und Wurst - eigentlich ein typisches Gericht für den Norden Deutschlands. Mittlerweile langen aber auch Bayern und Schwaben zu. Foto: Nestor Bachmann

Foto: DPA

Ulrich Morof ist seit 2006 Inhaber der Berliner "Maultaschen Manufaktur". Das Publikum im Lokal sei bunt gemischt, sagt er. Nicht nur Schwaben auf der Suche nach ein bisschen heimatlichem Geschmack, sondern auch Berliner schätzen das Angebot. Gefragt ist laut Morof vor allem die klassische Maultaschenvariante mit einer Füllung aus Hackfleisch und Spinat.

Morof sieht im Erfolg der Manufaktur einen Gegentrend zur Fast-Food-Bewegung und zur Internationalisierung der Essgewohnheiten. Auch Sabine Oertel hat in ihrem Umfeld ein gesteigertes Interesse an regionalen Gerichten und Produkten registriert und deshalb die Internet-Plattform "Deutsche-Delikatessen.de" gegründet. Dort stellt sie Spezialitäten aus allen Bundesländern vor.

Leberkäse, Schwarzwälder Schinken, Laugengebäck, Weißwurst und Weißbier gehören nach Ansicht von Oertel unter anderen zu den regionalen Produkten, die inzwischen deutschlandweit einen festen Platz auf den Einkaufszetteln haben. Auch Spätzle, so sagt sie, seien heute sogar in Mecklenburg-Vorpommern ein übliches Gericht.

Dass vor allem süddeutsche Speisen den Sprung über die Landesgrenzen schaffen, liegt nach Ansicht von Prof. Marin Trenk, Ethnologe an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, daran, dass es im Süden "ausgeprägte Regionalküchen" gebe. In Süddeutschland werde die eigene Küchentradition mehr geschätzt als im Norden, sagt der Experte für Kulinarische Ethnologie. Die Identifikation mit den regionalen Gerichten ist größer, und damit geht wohl der Wunsch einher, Rezepte mitzunehmen und andere daran teilhaben zu lassen.

Das eine oder andere nordische Gericht hat aber auch den Sprung in den Süden geschafft. Matjes nach Hausfrauenart finden sich schon lange auf den Speisekarten landauf, landab, Rote Grütze gibt es in jedem Supermarktregal, und Grünkohl ist inzwischen auch den Bayern und Schwaben nicht mehr fremd.

"Weil es das sonst nicht gibt", bietet Harald Drews in seinem Lokal "Agnes Neun" in München-Schwabing nordische Spezialitäten an. Neben Gerichten wie Labskaus und Hamburger Kapitänssülze gehört im Winter auch Grünkohl auf seine Speisekarte. Serviert wird das vitaminreiche Gemüse klassisch mit Pinkel, einer geräucherten Grützwurst aus Norddeutschland, oder als Reminiszenz an den bayerischen Standort mit Wammerl, einem Stück Bauchspeck vom Schwein. Der Trend in der deutschen Küche geht zum "Cross Over", sagt Drews.

Der Stuttgarter Gastronomie-Unternehmer Michael Wilhelmer hat die Fusion deutscher Spezialitäten 2014 auf die Spitze getrieben. Auf dem Stuttgarter Weindorf in Hamburg und in Stuttgart bot er Maultaschen mit Labskausfüllung an.

Das alles mit allem vermischt wird, wie etwa in den USA üblich, ist nach Ansicht von Trenk in Deutschland aber nicht zu erwarten. Viele Gerichte sind und bleiben in ihrer Region verhaftet - etwa der Pfälzer Saumagen und der schwäbische Gaisburger Marsch.

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Maultaschen Manufaktur

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