Lecker und gefährlich: Zahl der Pilzvergiftungen steigt

Mainz/Berlin · Die deutschen Wälder sind dieses Jahr ein Paradies für Pilzsucher. Doch immer mehr Menschen sammeln auch giftige Exemplare. Experten raten, die Fundstücke von Fachleuten begutachten zu lassen.

 Ein Korb mit Maronen-Röhrlingen und einem giftigen Knollenblätterpilz: Der Knollenblätterpilz ist leicht mit Champignons zu verwechseln. Pilzsammler sollten deshalb einen Sachverständigen um Rat fragen. Foto: Patrick Pleul

Ein Korb mit Maronen-Röhrlingen und einem giftigen Knollenblätterpilz: Der Knollenblätterpilz ist leicht mit Champignons zu verwechseln. Pilzsammler sollten deshalb einen Sachverständigen um Rat fragen. Foto: Patrick Pleul

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Auch dieses Jahr gedeihen Pilze prächtig - doch Vorsicht: Was im Wald und auf Wiesen harmlos und lecker aussieht, kann giftig sein. Das erfuhren auch dieses Jahr schon viele Menschen in Deutschland am eigenen Leib, die Zahl der Pilzvergiftungen steigt. "2014 toppt alles, so viele Anrufe hatten wir in den letzten Jahren nie", berichtet Dagmar Eckart von der Giftnotrufzentrale in Mainz, die für Rheinland-Pfalz und Hessen zuständig ist. Über 300 Fälle wurden dort dieses Jahr bislang notiert - mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum der Vorjahre.

"Die Tendenz ist steigend", bestätigt auch Peter Karasch von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) in Berlin. "Das ist ja auch logisch: Je mehr Pilze es gibt, desto höher ist die Gefahr von Vergiftungen." Zwar gab es auch letztes Jahr viele Champignons, Pfifferlinge, Steinpilze & Co., aber erst zum Ende der Saison. Wegen des nassen Sommers lohnte sich nun vielerorts schon im Juni die Pilzsuche - ein solcher Frühstart kommt nur alle 10 bis 15 Jahre vor.

Die Krankenkasse DAK in Hamburg, die bereits im vergangenen Jahr von einer deutlichen Zunahme schwerer Pilzvergiftungen berichtete, sieht noch einen weiteren Grund für den Anstieg. "Vor allem in Süddeutschland hatten viele Menschen lange Zeit Angst, dass Pilze radioaktiv belastet sein könnten - eine Nachwirkung der Tschernobyl-Katastrophe", sagt die DAK-Ärztin Elisabeth Thomas. Diese Sorge schwinde langsam.

Eine steigende Sehnsucht nach Natur vermutet der Pilzexperte Thomas Lehr aus dem hessischen Hofheim als weiteren Grund für die Lust am Sammeln. Er bietet etwa Lehrwanderungen an, die Teilnehmerzahl steigt stetig. Auch lassen immer mehr Pilzsucher ihre Ausbeute vorsichtshalber von dem Fachmann begutachten. Giftiges findet Lehr nur äußerst selten - in den vielen hundert Körben, die er bislang begutachtet hat, waren erst ein Mal giftige Knollenblätterpilze dabei. "Aber ich weiß von Kollegen, dass sie öfters was Giftiges haben."

Experten raten Pilzsuchern, ihre Fundstücke begutachten zu lassen, bevor diese in der Pfanne landen. Es gibt mehrere tausend Pilzarten in Deutschland, etwa 200 von ihnen sind giftig. Viele haben Doppelgänger - so sieht etwa für Laien der weit verbreitete Knollenblätterpilz mit seinen hochtoxischen Lebergiften dem harmlosen Champignon zum Verwechseln ähnlich. Die meisten tödlich verlaufenden Pilzvergiftungen in Mitteleuropa gehen auf diesen Pilz zurück. Die DGfM hat auf ihrer Homepage eine Liste mit Sachverständigen veröffentlicht. Diese arbeiten meistens kostenlos oder gegen ein geringes Honorar.

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Giftnotrufzentrale

Bei Übelkeit sofort zum ArztGiftige Pilze können Leber und Nieren schädigen, im schlimmsten Fall kann eine Vergiftung sogar zum Tode führen. Wer nach einer Pilzmahlzeit unter Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall oder Erbrechen leidet, sollte sofort den Notarzt oder den Giftnotruf anrufen.

Es sollte viel Wasser getrunken werden, Milch ist dagegen nicht ratsam. Wenn noch Reste der Pilze vorhanden sind, sollten sie zum Arzt oder ins Krankenhaus mitgenommen werden. So können Experten feststellen, um welche Art es sich handelt, und der Patient kann entsprechend behandelt werden.

Manchmal treten die Symptome ein bis zwei Stunden nach der Mahlzeit auf, es kann aber auch deutlich länger dauern. "Manchmal sind es 24 Stunden. Das bringen die Leute gar nicht mehr mit Pilzen in Verbindung", berichtet Dagmar Eckart von der Mainzer Giftnotrufzentrale.

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