DGB-Studie vorgestellt: Viele leisten Überstunden zum Nulltarif

Berlin · Wachsender Leistungsdruck, Arbeitsverdichtung und permanente Verfügbarkeit: Viele Beschäftigte fühlen sich überfordert, machen sogar Überstunden zum Nulltarif. Doch vertraglich verpflichtet dazu ist kaum jemand.

 Laut dem neuen DGB-Report bleiben viele Überstunden unbezahlt. Grund für verlängerte Arbeitszeiten ist meist ein wachsendes Arbeitspensum. Foto: Oliver Berg

Laut dem neuen DGB-Report bleiben viele Überstunden unbezahlt. Grund für verlängerte Arbeitszeiten ist meist ein wachsendes Arbeitspensum. Foto: Oliver Berg

Foto: DPA

Ein Sechstel der Arbeitnehmer leistet regelmäßig unbezahlte Überstunden, um mit dem wachsenden Arbeitspensum fertig zu werden. Für immerhin ein Viertel trifft dies hin und wieder zu, ergab eine Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) unter 5800 Beschäftigten. Oft setzten sich die Betroffenen selbst unter Druck.

Für fast zwei Drittel (61 Prozent) erhöhte sich die Arbeitsintensität in den vergangenen zwölf Monaten nach eigener Einschätzung erneut. 56 Prozent der Befragten gaben an, sie fühlten sich oft gehetzt - und nur 45 Prozent gehen davon aus, diese Belastung bis zum gesetzlichen Rentenalter durchhalten zu können.

Die "relative Erholung am Arbeitsmarkt" habe "nicht automatisch zu einer Entspannung bei den Arbeitsbedingungen geführt", sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Der Druck sei weiter sehr hoch. Psychische Erkrankungen nähmen daher weiter zu, verursachten Kosten in Milliardenhöhe und seien inzwischen Hauptursache für Erwerbsminderungsrenten.

Der DGB-Report zeigt auch, dass Beschäftigte oft nicht einmal in ihrer Freizeit vom Chef verschont bleiben. Von mehr als jedem Fünften (23 Prozent) wird häufig erwartet, nach Feierabend und am Wochenende ansprechbar zu sein.

"Verlangen kann der Arbeitgeber das in der Regel aber nicht", sagt Michael Eckert, Vorstandsmitglied des Deutschen Anwaltvereins. Etwas anderes gilt nur, wenn im Job eine Notfallbesetzung erforderlich ist, wie das bei Ärzten, Apothekern oder Installateuren häufig der Fall ist. Dann gibt es eine vertragliche Regelung.

Nur in Ausnahmefällen muss der Mitarbeiter nach Feierabend an das Telefon gehen, wenn der Chef anruft. "Das ist etwa der Fall, wenn gerade ein großer Auftrag in der Pipeline ist und ein verantwortlicher Mitarbeiter für einen Tag freihat", erklärt Eckert. Dann gebiete es die Loyalitätspflicht, für Nachfragen zur Verfügung zu stehen. Dagegen dürfen Mitarbeiter das Handy ruhig klingeln lassen, wenn sie spontan eine Schicht übernehmen sollen, weil ein Kollege ausgefallen ist.

"Das ist kein Notfall. Da muss der Arbeitgeber im Vorfeld für Abhilfe sorgen und zum Beispiel die Position eines Springers einrichten", erklärt Eckert. Nach Möglichkeit sollte aber eine einvernehmliche Lösung gefunden und zum Beispiel die Schicht getauscht werden.

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