GA-Dialog "Beueler Treff" Die Skepsis überwiegt

PÜTZCHEN · Im Jahr 2017 wird in Beuel das 650-jährige Bestehen von Pützchens Markt gefeiert. Der richtige Anlass, so sehen es einige, um die beliebte Kirmes auf neun oder zehn Tage auszudehnen.

Doch Gegner führen die zusätzliche Belastung für Anwohner und den mangelnden Wunsch vieler Schausteller nach einer Verlängerung gegen das Vorhaben ins Feld. Letztere hatten gestern Abend im Pfarrzentrum Pützchen deutlich die Oberhand. Auf Einladung des General-Anzeigers loteten beim Dialog "Beueler Treff" Anwohner, Schausteller, Vertreter der Kirchen und Vereine das Für und Wider einer Verlängerung des Volksfestes aus. Doch sowohl auf dem Podium als auch in den Reihen der rund 150 Besucher überwogen die skeptischen Stimmen.

Die Verwaltung habe mehr als zwei Jahre lang intensiv geprüft, ob eine Verlängerung möglich sei, so der Bonner Marktmeister Günter Dick. "Rein faktisch ist sie zu bewerkstelligen." Am Ende hätten aber rechtliche Bedenken den Ausschlag gegeben. Denn als historisch gewachsene Veranstaltung genieße Pützchens Markt nicht nur den Zuspruch der Anwohner, sondern auch rechtlichen Schutz. Beides drohe durch eine Verlängerung verlorenzugehen. Schausteller Peter Barth fürchtet vor allem die steigenden Platzgelder. Bei einer zehntägigen Kirmes müssen die Schausteller mit mehr als 60 Prozent höheren Kosten rechnen. Dass die über steigende Einnahmen wettgemacht werden könnten, glaubt er nicht. "Der Kuchen ist so groß, wie er ist, ob er an fünf oder neun Tagen verteilt wird."

Auch die beteiligten Kirchengemeinden sehen eine Verlängerung skeptisch. "Wir halten an fünf Tagen mit 100 Ehrenamtlichen die Wallfahrtskapelle offen. Mehr können wir nicht leisten", sagte Lilo Patt-Krahe, Pfarrausschussvorsitzende der Gemeinde Sankt Adelheid. Genauso sieht es die evangelische Pfarrerin Bettina Gummel. "Zumal bei einer Verlängerung an zwei Wochenenden kein eigenes kirchliches Leben mit Taufen, Trauungen, Beerdigungen mehr stattfinden könnte."

Einzig Günter Dederichs, Vorsitzender des Freundeskreises Pützchens Markt, sprach sich auf dem Podium klar für eine Verlängerung aus. "Wir haben in den letzten Jahren erlebt, wie Großgeschäfte weggeblieben sind oder abgesagt haben und stattdessen auf die Plätze nach Luxemburg, Rosenheim oder Nürnberg gegangen sind, die deutlich länger dauern." Die Gefahr sei groß, dass Pützchens Markt zukünftig nicht mehr in der ersten Liga spielen werde.

Der Ortskern und die Anwohner seien schon jetzt durch Auf- und Abbau deutlich länger als nur an den fünf Kirmestagen belastet, gab Anwohner Stefan Wolf zu Bedenken. Auch mit Blick auf die Marktschule sei eine Verlängerung "völlig unrealistisch", meldete sich Schulleiterin Sabine Brögger zu Wort. "Die Eltern würden auf die Barrikaden gehen." Dass der Schulbetrieb in diesem Fall aufrecht erhalten werden müsse, also Marktamt, Polizei und Feuerwehr dort dann nicht wie bisher unterkommen könnten, und die Schule vom Marktgeschehen abgeschottet werden müsse, verursache unter anderem auch die deutliche Kostensteigerung, so Dick.

Er glaube nicht, dass es eine politische Mehrheit für die Verlängerung geben werde, sagte Bezirksbürgermeister Guido Déus, schon gar nicht gegen den Willen von Bevölkerung und Vereinen. Doch auch für eine einmalige Verlängerung der Kirmes zum 650-jährigen Bestehen 2017 gab es wenige Fürsprecher.

Um das besondere Flair des Jahrmarkts, das sich aus dem historischen Ursprung als Wallfahrt, aus der zentralen Lage der Marktwiesen mitten im Ort und dem Zusammenspiel von Schaustellern und Vereinen ergebe, gebührend zu feiern, seien ganz andere Mittel angebracht: Ausstellungen zur Geschichte von Pützchens Markt, ein deutlich ausgedehnter Festumzug der historischen Zugmaschinen oder ein Straßenfest für die Anwohner am Donnerstag vor dem ersten Kirmestag waren nur einige der Vorschläge.

Beschlusslage zu Pützchens Markt

Vor zwei Jahren hatte die Politik die Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob Pützchens Markt über zwei Wochenenden veranstaltet werden kann. Das unlängst vorgestellte Prüfungsergebnis: Die Stadt lehnt eine Verlängerung ab, unter anderem mit Hinweis auf den Lärmschutz der Anwohner.

Die Bezirksvertretung Beuel hat vergangene Woche mit Verweis auf den "Beueler Treff" noch keine Entscheidung zur künftigen Dauer der Kirmes getroffen. Stattdessen wurde das Thema mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der Grünen zunächst vertagt.

Eine Entscheidung, ob zumindest im Jubiläumsjahr 2017 das beliebte Volksfest auf zehn Tage ausgedehnt werden soll, steht in der Bezirksvertretung also noch aus, ebenso im Bonner Rat, der sich nach jetzigem Stand in seiner Junisitzung abschließend mit der Frage befassen wird.

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