Und ewig lockt die Eizelle

Wissenschaftler des Forschungszentrums Caesar in Bonn entdecken, wie ein Hormon Spermien reizt. Das Hormon wird von Zellen hergestellt, die die Eizelle wolkenartig umgeben.

Und ewig lockt die Eizelle
Foto: Caeser

Bonn. (sj) Beim Menschen zeigt vor der Befruchtung die Eizelle dem Spermium, wo es lang geht. Wissenschaftler des Forschungszentrums Caesar in Bonn haben herausgefunden, wie die Eizelle mit dem Sexualhormon Progesteron die Samenzellen anlockt.

Das Hormon wird von Zellen hergestellt, die die Eizelle wolkenartig umgeben. Das Team um Direktor Professor Benjamin Kaupp berichtet in der Fachzeitschrift "Nature", dass Progesteron an "CatSper"-Ionenkanäle bindet, die sich an der "Außenhaut" des Spermiumschwanzes befinden.

Ionenkanäle wirken wie Schleusen. Dockt das Hormon dort an, öffnen sie sich, und Kalzium-Ionen strömen ein. Was die positiv geladenen Ionen im Spermium bewirken, wisse man noch nicht genau, berichtet Kaupp. "Klar ist: Kalzium ändert das Schlagmuster des Spermienschwanzes und steuert so wahrscheinlich die Bewegung des Spermiums zur Eizelle", sagt der Caesar-Direktor. Außerdem schaltet das Spermium gewissermaßen seinen Turbo zu, der nötig ist, die Schutzhülle der Eizelle zu durchdringen.

"Wir haben diese Untersuchungen an menschlichen Spermien durchgeführt, die uns freiwillige Spender zur Verfügung gestellt haben", berichtet Kaupp. Ethische Probleme mit dieser Forschung gebe es nicht, sagt Kaupps Mitarbeiter Timo Strünker. "Wir arbeiten nicht an Eizellen, sondern ausschließlich an Spermien - es kommt also zu keiner Befruchtung." Die Forscher stießen die nur etwa ein Tausendstel Millimeter winzige Spitze einer Elektrode in den Schwanz des Spermiums.

Dann gaben sie Progesteron zu, das die Ionenkanäle öffnet. Die in die Zelle einströmenden Kalziumionen lassen sich mit der Elektrode als Stromfluss messen. "Je nachdem, wie viel Strom fließt, können wir erkennen, wie viele der Kanäle geöffnet sind", berichtet Kaupp. Damit sei die bislang unbekannte Progesteron-Signalkette aufgeklärt, nach der Wissenschaftler bereits seit 20 Jahren fahnden.

Die grundlegenden Messmethoden haben Erwin Neher, der frühere kommissarische Caesar-Leiter, und Bert Sakmann entwickelt. Dafür erhielten sie 1991 den Medizin-Nobelpreis. "Wir haben diese Technik an die Untersuchung der Spermien angepasst", sagt Strünker. Die Ergebnisse werden Auswirkungen auf die Erforschung der männlichen Unfruchtbarkeit haben, vermutet Kaupp. Denn mangelnde Beweglichkeit der Spermien ist dafür oft eine Ursache.

Die Gründe seien aber meist unbekannt. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit seien neuartige Verhütungsmittel, die etwa die Kalzium-Schleusen blockieren: Die Spermien würden dann die Eizelle nicht mehr finden. "Bis dahin ist es jedoch noch ein langer Weg", sagt Kaupp.

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