Gesundheitsstudie in Bonn vorgestellt Sechs Millionen Menschen leiden in NRW unter Schlafproblemen

Bonn · 80 Prozent der Berufstätigen klagen über Schlafprobleme. Jeder vierte Patient der Bonner Uniklinik hat sogar schwere Schlafstörungen.

 Ein ungläubiger Blick auf den Wecker: Viele Menschen in NRW leiden unter Schlafproblemen.

Ein ungläubiger Blick auf den Wecker: Viele Menschen in NRW leiden unter Schlafproblemen.

Foto: Sven Vietense - stock.adobe.com

Die Nacht wird für immer mehr Menschen zum Albtraum. Schichtarbeit, veränderte Mobilität, Bewegungsmangel sowie der ständige Zugang zu modernen Kommunikationsmitteln lässt viele nicht mehr zur Ruhe kommen. Stundenlanges Wachliegen, ruheloses Herumwälzen oder Probleme mit dem Ein- und Durchschlafen sind nicht selten die Folgen. Massive Schlafprobleme beeinflussen jedoch nicht nur die Lebensqualität und sind für andauernde Müdigkeit, Erschöpfung, Trägheit, fehlende Leistungsfähigkeit sowie Konzentrationsprobleme verantwortlich. Hinzu kommen weitaus gravierendere Folgen. Denn Schlafprobleme können auch zu Bluthochdruck, Herzerkrankungen sowie Depressionen führen.

Rund 6,6 Millionen Menschen in NRW leiden unter Schlafproblemen, in der Regel sind mehr Frauen als Männer betroffen. Zu diesem Ergebnis kommt der DAK-Gesundheitsreport 2017, der gestern in Bonn vorgestellt wurde. Knapp 80 Prozent der befragten Erwerbstätigen in NRW gaben demnach an, unter Schlafproblemen zu leiden. Damit ist die Zahl der Betroffenen seit 2010 um etwa die Hälfte gestiegen. „Aber kaum einer geht deswegen zum Arzt“, sagt Franziska Geiser, Direktorin der Bonner Uniklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.

In ihrem Haus sind Schlafprobleme ein allgegenwärtiges Problem. Denn die Patienten in der Ambulanz ihrer Klinik sind sogar noch wesentlich häufiger davon betroffen. „Rund 93 Prozent von ihnen klagen darüber“, erklärt die Klinikleiterin. Dabei sollten Schlafstörungen immer auch als Warnsignal betrachtet werden. „Sie können Symptom für eine psychische oder psychosomatische Erkrankung sein“, so Geiser. Dennoch gehen viele trotz massiver Beeinträchtigungen nicht zum Arzt. „Sollten sie aber“, empfiehlt Katrin Imbierowicz, Oberärztin an der Fachklinik auf dem Venusberg. Denn eine sogenannte „Insomnie“ (besonders schwere Schlafstörung unter der laut Report etwa jeder zehnte Erwerbstätige leidet) ist ein Risikofaktor für das spätere Auftreten einer Depression. Jeder Vierte, der sich in der Bonner Uniklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie beraten lässt, ist davon ebenfalls betroffen.

Tipps für gesunden Schlaf

Der Schlafbedarf eines Menschen verändert sich im Laufe seines Lebens. „Sieben bis acht Stunden Schlaf wären ideal“, erklärt Katrin Imbierowicz. „Ein gesunder Schlaf ist enorm wichtig für unseren Biorhythmus, zur Stressbewältigung sowie zur Blutdruckregulierung. Unser Körper braucht diese Erholung, um gesund zu bleiben“, erklärt sie.

Wer nachts jedoch keine Ruhe findet, der sollte ein paar Regeln zur Schlafhygiene einhalten: „Zu regelmäßigen Zeiten ins Bett gehen und auf Alkohol sowie Nikotin verzichten“, rät die Oberärztin. Ein „Nickerchen“ am Tag sollte unbedingt vermieden werden, denn dann kommt der Tag-Nacht-Rhythmus nicht wieder in Balance.

Wichtig sei vor allem mindestens eine Stunde vor dem Zubettgehen jedes Bildschirmlicht (Fernseher, Computer, Handy) zu vermeiden. Und auch der Kopf sollte frei sein. „Man muss lernen, die Probleme des Tages aus dem Bewusstsein zu verbannen“, erklärt sie. Wer dennoch wach liegt, der sollte aufstehen. „Das Bett ist nur zum Schlafen da. Anstatt sich herumzuwälzen, sollte man sich in einen Sessel setzen und noch etwas lesen. Erst wenn die Müdigkeit dann wieder eintrete, solle man zurück in die Federn.“

Von einem raten die beiden Medizinerinnen jedoch ab. „Betroffene sollten nicht eigenmächtig zu Medikamenten greifen.“ Denn viele – auch frei verkäufliche Präparate – würden schnell in eine Abhängigkeit führen. Nur gemeinsam mit einem Arzt könnten Lösungen entwickelt werden.

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