Abteilung für Asiatische und Islamische Kunstgeschichte Südasiatische Kostbarkeiten

Bonn · Noch schlummert der Schatz in einem Kellerraum der HimalAsia-Stiftung im nepalesischen Kathmandu. Hunderte von Glasplatten, Fototräger aus der Zeit um 1850/60 in verschiedenen Größen, die das Leben und die Rituale am Hofe sowie die frühen Bauwerke dokumentieren. "Eine wissenschaftliche Kostbarkeit", schwärmt Professor Julia A. B. Hegewald.

 Farbenprächtiges Rollbild: Das Thangka ist etwa 40 Jahre alt, stammt aus Nepal und zeigt einen tibetischen Heruka.

Farbenprächtiges Rollbild: Das Thangka ist etwa 40 Jahre alt, stammt aus Nepal und zeigt einen tibetischen Heruka.

Foto: Andrea Künstle

"Es zeigt uns den Zustand von Palästen und Tempel in ihrer Vollkommenheit, denn das verheerende Erdbeben von 1934 hat ja doch starke Spuren hinterlassen." Die Leiterin der Abteilung für Asiatische und Islamische Kunstgeschichte an der Universität Bonn kann ihre Begeisterung kaum verbergen. "Das ist auch eine einmalige Chance, einmal zu vergleichen, wie sich Rituale im Laufe der Zeit verändert haben."

Im Institut an der Adenauerallee 10 beschäftigen sich Hegewald und ihre Mitarbeiter mit der süd-, ost und südostasiatischen, tibetischen und islamischen Kunstgeschichte, und zwar ab etwa dem 3. Jahrtausend vor Christus bis zur Gegenwart. Hegewald ist Expertin für die Kunst Südasiens und der Himalayaregion sowie die Jaina-Kultur in Karnataka.

Der Jainismus entstand etwa im 6. vorchristlichen Jahrhundert, also etwa zur gleichen Zeit wie der Buddhismus, und hat seine Wurzeln ebenso im Brahmanismus. Er gilt als eine Vorgängerreligion des Hinduismus, der heute noch eine kleine, aber einflussreiche Religionsgemeinschaft in Indien angehört - unter anderem auch der Deutsche Bank-Chef Anshu Jain. Eines seiner wichtigsten geistigen Zentren liegt im südindischen Karnataka.

Im vergangenen Jahr wurde die Pianarosa Library, eine Spezialsammlung für Kunst, Architektur, Literatur, Religion und Philosophie der indischen Jaina, im Institut eröffnet. Rund 1600 Dokumente - Monografien, editierte Ausgaben, traditionelle Jaina Manuskripte und Periodiken in Englisch, aber vor allem in indischen Sprachen wie Sanskrit, Hindi, Gujarati und Kannada - stammen aus der Sammlung des italienischen Jaina-Forschers Paolo Pianarosa (1949-2010), dessen Familie sie für diesen Zweck stiftete.

Die in Turin lebende Familie des Forschers war auf die kleine Bonner Abteilung aufmerksam geworden, als Hegewald einen Vortrag in Rom hielt. Die Familie des verstorbenen Wissenschaftlers finanzierte den Transport der Bücher nach Bonn. Eine Ringvorlesung zu dem Thema begleitete die Eröffnung der Fachbücherei, zu der auch etliche Handschriften gehören.

Die Bonner Südasien-Expertin hat in Forscherkreisen einen hervorragenden Ruf - der so gut ist, dass sogar Gritli von Mitterwallner, die seit 1978 an der Ludwig-Maximilians-Universität München Professorin für Indologie und indische Kunstgeschichte war, ihren Nachlass den Bonnern überließ.

Von Mitterwallner, die im vergangenen Jahr verstarb, schenkte der Abteilung für Asiatische und Islamische Kunstgeschichte nicht nur mehrere tausend Bücher, sondern auch eine Sammlung von weit mehr als 50 000 Dias und Negativen. "Das Besondere an dem Nachlass ist, dass Gritli von Mitterwallner schon sehr früh in Indien geforscht hat", so Hegewald.

Die Indologin reiste bereits Anfang der 40er Jahre auf dem Subkontinent, weil ihr Vater damals in Asien mit Lokomotiven handelte. "Da gibt es Bilder, auf denen von Mitterwallner mit Nehru zusammen fotografiert wurde." Nun gilt es die vielen grauen Kästen, Schachteln und Umschläge, die ganze Schränke im Institut füllen, zu sichten und teilweise zu digitalisieren - eine Aufgabe für die studentische Hilfskraft Markus Schoenenborn.

Der beschäftigt sich im Rahmen seines Masters mit einer weiteren großzügigen Schenkung des Bonner Arztes Johannes Gröner: ein farbenprächtiges Thangka, ein tibetisches Rollbild, das vermutlich in den 1960er Jahren in Nepal entstand und einen tibetischen Heruka, eine "zornvolle Gottheit", zeigt.

Was die Bonner Abteilung interessiert, ist überhaupt auch die Sammlungsgeschichte asiatischer Kunst. Doktorandin Regina Höfer etwa beschäftigt sich mit der Wiener Sammlung von Franz Ferdinand von Österreich-Este (1863-1914).

Der Erzherzog unternahm eine ausgiebige Reise nach Indien: "Mich interessiert, was der Fürst damals gekauft hat und vor allem warum. Die Stücke, die heute im Wiener Museum für Völkerkunde ausgestellt sind, stehen immerhin für ein bestimmtes Indienbild, das den Menschen der damaligen Zeit vermittelt wurde", so Höfer, die dazu Dokumente und Briefe sichtet, aber auch vor Ort Nachkommen lokaler indischer Fürsten interviewt hat.

Hegewald ist am Wochenende nach Kathmandu geflogen, um die Glasplatten, die teilweise DIN-A3-Größe haben, zu begutachten. Sie kann sich noch gut an ihre erste Reise nach Nepal erinnern. Das war unmittelbar nach dem Abitur - ein Traum, den sie von früher Jugend an hatte, nachdem sie Heinrich Harrers berühmtes Buch "Sieben Jahre in Tibet" gelesen hatte.

"Da wurden zum Dasain-Fest Büffel geschlachtet, und die Straßen waren voller Blut, Hunde und Fliegen", erinnert sie sich. Aber der "Kulturschock", der kam bei ihr erst später auf dem Heimflug. Hegewald: "Man ist überwältigt von der Kultur, der Gastfreundschaft und Lebensfreude der Menschen."

Eine Abteilung der Asienwissenschaften

Die Abteilung für Asiatische und Islamische Kunstgeschichte ist eine von neun Abteilungen des Instituts für Orient- und Asienwissenschaften und befindet sich an der Adenauerallee 10. Asiatische und Islamische Kunstgeschichte kann im Rahmen des BA-Studiums Asienwissenschaften gewählt werden.

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