TEDx-Konferenz in Bonn Kreative aus aller Welt teilen ihre Ideen

Bonn · TED bedeutet "Technology, Entertainment, Design". Die Abkürzung steht für ein spezielles Format von "Innovationskonferenz", ins Leben gerufen 1984 in Monterey (Kalifornien). TEDxBonn ist ein lokaler, unabhängig organisierter Ableger; bereits zum zweiten Mal lud er nun zur eigenen Konferenz nach Bonn.

 Vertrocknetes Reisfeld in Indien: Das "menschliche Gesicht des Klimawandels" war eines der Themen bei der Bonner TED-Konferenz im Hochhaus der Vereinten Nationen.

Vertrocknetes Reisfeld in Indien: Das "menschliche Gesicht des Klimawandels" war eines der Themen bei der Bonner TED-Konferenz im Hochhaus der Vereinten Nationen.

Foto: dpa

"Glaub niemals einer einzelnen Geschichte!", sagt Angelica Kappel, Bürgermeisterin der Stadt Bonn, zu Beginn der "TEDx-Konferenz" im Hochhaus der Vereinten Nationen. "Wer eine einzelne Geschichte hört, der hat schon ein Bild vor Augen; der ist schon in eine Perspektive geschlüpft. Jede weitere Geschichte hingegen verschärft das Bild und bringt die Realität ein Stück näher." Ursprünglich sind dies Worte von Chimamanda Adichie, einer nigerianischen Schriftstellerin, die Kappel vor sieben Jahren in Oxford auf einer TED-Konferenz kennengelernt hat. Sie zitiert Adichie aus gutem Grund - Geschichten sind gerade das, worum es bei TED geht.

TED bedeutet "Technology, Entertainment, Design". Die Abkürzung steht für ein spezielles Format von "Innovationskonferenz", ins Leben gerufen 1984 von dem amerikanischen Architekten Richard Saul Wurman in Monterey (Kalifornien). Seither versammeln sich regelmäßig weltweit Vordenker, Künstler und Visionäre unter dem Motto "Ideas worth spreading" ( Ideen, die es wert sind, verbreitet zu werden), um ihre Ideen und Projekte vorzustellen und zu teilen. TEDxBonn ist ein lokaler, unabhängig organisierter Ableger; bereits zum zweiten Mal lud er nun zur eigenen Konferenz nach Bonn.

Gäste waren diesmal beispielsweise Monika Fischer und Matthias Braschler. Die Schweizer Fotografen wollen dem Klimawandel ein Gesicht geben, "die große Geschichte des Klimawandels durch viele kleine Geschichten erzählen", sagt Braschler, während ein Beamer Porträts an die Wand projiziert. Zu sehen sind Menschen aus aller Welt: Ein chinesischer Melonenbauer, ein australischer Viehzüchter, ein Fischer aus Mali. Sie alle sind Opfer des Klimawandels. Die Felder des Chinesen haben sich in eine Wüste verwandelt. Der Australier kann seine Kühe nicht mehr tränken. Und die Seen, in denen der Bozo-Stamm in Mali zu fischen pflegte, sind ausgetrocknet.

Das Projekt "Das menschliche Gesicht des Klimawandels" soll die Menschen in den Vordergrund stellen - auch jene, deren Geschichten man im Zusammenhang mit dem Klimawandel seltener hört. So zeigt ein Foto etwa eine Familie aus dem sibirischen Jakutsk in ihrem Haus. Der Vater steht lässig an den Türrahmen gelehnt, im Sessel neben ihm sitzt seine Frau, auf dem Boden die Tochter. Ein ganz normales Familienfoto - wenn nicht der Türrahmen dem Vater nur gerade bis zur Schulter reichte. Dabei ist der Mann kein Riese. Das Problem ist das Haus, das langsam im Boden versinkt. Schuld ist die Erderwärmung, die den Permafrost schmelzen lässt.

Das Thema Klimawandel zieht sich durch den ganzen Abend. Unter anderem spricht auch Christiana Figueres, die bis vor kurzem auf höchster Ebene für die UN-Klimakonvention tätig war. Als sie den Job im Juli 2010 übernahm, habe ein gemeinsames Engagement der Staaten im Kampf gegen den Klimawandel als unmöglich gegolten. Nur sechs Jahre später jedoch unterzeichneten 195 Staatschefs in Paris ein Abkommen zur Begrenzung der Erderwärmung.

Figueres? Schlüssel zum Erfolg: Optimismus. "“Unmöglich„ ist kein Fakt, es ist eine Einstellung", sagt sie und wiederholt dabei einen Vortrag, den sie im Februar in Vancouver hielt. "Damals waren alle überzeugt, dass es unmöglich sei, den Klimawandel zu stoppen. Ich auch." Das habe sie schockiert; sie habe sich geweigert, das zu akzeptieren, und beschlossen, ihre Einstellung zu ändern.

Nun hat sie anscheinend die Einstellung der ganzen Welt verändert: Fast alle Staaten tragen mittlerweile dazu bei, die Erderwärmung zu begrenzen. "Unsere Arbeit gegen den Klimawandel hat aber gerade erst begonnen", mahnt Figueres. "Innerhalb der nächsten fünf Jahre müssen wir unsere Anstrengungen verdoppeln, wenn wir erfolgreich sein wollen."

Allein dem Klimawandel ist der Abend aber nicht gewidmet. Themenvielfalt ist Prinzip von TED. Und so ist im Programm auch Platz für schönere Geschichten: Lynne Parker aus Großbritannien spricht über die heilende Wirkung eines Lächelns. Und die Niederländerin Erica Rijnsburger versucht dem Publikum beizubringen, wie es sich mit einem offenen, entspannten Ego leichter leben lässt.

Es sind tatsächlich Ideen aller Art, die bei TED verbreitet werden. Viel ist an diesem Abend erzählt worden. Traurige Geschichten, mahnende Geschichten, aber auch hoffnungsfrohe und aufmunternde Geschichten. Jede davon hat die Zuschauer ihre Perspektive wechseln lassen. Manche haben vielleicht gar ganz neue Perspektiven entdeckt. Chimamanda Adichie hat Recht behalten: Erst eine Vielzahl von Geschichten malen ein komplettes Bild.

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