Eine Wissenschaftlerin folgt den Zugvögeln

Birgit Gerkmann vom Bonner Forschungsinstitut Koenig untersucht die Überwinterungsgebiete des Weißstorchs

  Den Weißstörchen auf der Spur:  Birgit Gerkmann und Michael Kaatz auf Forschungsreise im südlichen Afrika.

Den Weißstörchen auf der Spur: Birgit Gerkmann und Michael Kaatz auf Forschungsreise im südlichen Afrika.

Foto: Museum Koenig

Bonn. Nur selten hat es ein Vogel zu solch medialem Ruhm gebracht wie "Prinzesschen". Der Weißstorch aus Sachsen-Anhalt ziert mittlerweile eine Briefmarke, der Mitteldeutsche Rundfunk hat eine eigene "Soap" mit der Storchendame aufgelegt und Fans schwärmen von ihren "langen, schlanken Beinen".

Der Superstar hat also etwas, was viele andere Zugvögel nicht haben: Einen kleinen Sender, mit dem er sich auf seinen Reisen orten lässt. Denn Prinzesschen fliegt in erster Linie nicht für das Vorabendprogramm im Fernsehen, sondern für die Wissenschaft.

Neben der Vogelwarte Radolfzell und dem Storchenhof Loburg (Sachsen-Anhalt) verfolgt auch das Zoologische Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig in Bonn das Leben von "Prinzesschen". Am Donnerstag bricht Birgit Gerkmann, Doktorandin am Forschungsinstitut, zu einer Reise nach Botswana auf.

Dort will die 28-jährige Biologin die Storchendame aufspüren. Mehr als anderthalb Jahre hat die Wissenschaftlerin Daten und Satellitenbilder ausgewertet, die sie nun vor Ort überprüfen möchte. "Die Satellitentelemetrie ermöglicht, neue Erkenntnisse zum Storchenzug zu gewinnen", sagt Gerkmann.

Denn der Sender verrät ständig die Position des Vogels. Herkömmliche Beringungsverfahren liefern dagegen nur sporadische Ergebnisse, beispielsweise wenn ein Storch tot aufgefunden wird.

In dem Projekt wurden vor Jahren mehrere Störche mit Sendern ausgestattet. Inzwischen verfügen neben "Prinzesschen" aber nur noch drei weitere der Vögel über die kleinen Kästchen auf dem Rücken. "Es ist einfacher, einem Storch mit Sender zu folgen, da die Chance groß ist, auf weitere der Vögel zu treffen", begründet Gerkmann.

Ihre Vorliebe für gerade diese Storchendame rührt daher, dass sich der Vogel im Winter bevorzugt in Botswana aufhält. Denn Tschad und Sudan als besonders beliebte Überwinterungsgebiete schieden für die Untersuchung aus - "wegen der politischen Lage dort", meint die Bonner Biologin.

Die fast 7 000 Kilometer lange Reise bewältigen die Weißstörche in wenigen Wochen. Gerkmann interessiert besonders, wie Lebensräume aussehen müssen, damit die Tiere dort besonders gerne überwintern. "Die Zugvögel fliegen offenbar nach Afrika, weil sie im Winter dort eine bessere Nahrungsgrundlage vorfinden", erläutert die Forscherin die ihrer Arbeit zu Grunde liegende Hypothese.

Doch welchen Ansprüchen müssen die Gebiete gerecht werden? Bevorzugen die Störche Grünland oder tolerieren sie auch landwirtschaftlich genutzte Gebiete? Wie muss die Pflanzendecke beschaffen sein? Das sind alles Fragen, auf die weder die Peildaten der Sender noch die Satellitenbilder allein eine Antwort geben können.

Eine entscheidende Rolle für das Nahrungsangebot könnte auch die Niederschlagsmenge spielen. "Wenn es üppig grünt, sollten auch viele Störche da sein", fasst Gerkmann zusammen. Doch das ist nicht immer so. Die Reise nach Botswana soll auch darüber Aufschluss geben. Die untersuchten Satellitenbilder sind darüber hinaus bereits mehrere Jahre alt.

"Wo früher Savanne war, könnte also heute auch schon Feldbau stattfinden. Wie es dort wirklich aussieht, lässt sich nur vor Ort klären", erläutert die Biologin. Sechs Wochen will sie "Prinzesschen" und weitere Störche verfolgen und sie bei der Nahrungsaufnahme und ihren weiteren Gewohnheiten beobachten.

Eine Kollegin vom Forschungsinstitut und ein Wissenschaftler vom Storchenhof Loburg werden sie dabei begleiten. Letztlich zielen die Untersuchungen auf einen besseren Schutz der Zugvögel ab. "Wenn wir wichtige Lebensräume entdecken, lässt sich auch das Überleben der Störche leichter sichern", sagt die Biologin.

In Deutschland ist die Storchendame in Sachsen-Anhalt, in der Nähe von Loburg zuhause. Doch letztes Jahr hatte "Prinzesschen" mit dem Brüten Pech, berichtet Gerkmann. Normalerweise sind sich Storchenpaare treu, doch manche Ereignisse erzwingen offenbar einen Partnerwechsel.

Der Storchenmann von "Prinzesschen" überwinterte in Spanien, war deshalb etwas früher zurück als seine Angebetete. Als diese mit Verzögerung in Loburg eintraf, hatte er sich schon eine andere gesucht. Die Verlassene schloss sich ebenfalls einem neuen Storch an. "Doch für eine erfolgreiche Brut war es dann schon zu spät", berichtet Gerkmann.

Der Aufenthaltsort von "Prinzesschen" lässt sich im Internet unter www.naturdetektive.de verfolgen; weitere Informationen unter www.groms.de

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