Bonner Studie soll Krebsrisiko durch Hormone prüfen

Jede dritte Frau in den Wechseljahren nimmt zur Vorbeugung Präparate gegen Altersleiden

Bonn. Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen - über 70 Prozent aller Frauen in Deutschland leiden unter Beschwerden in den Wechseljahren.

Inzwischen nimmt bereits jede Dritte Betroffene Hormonpräparate ein - auch um langfristig Altersleiden wie Osteoporose (Knochenschwund) oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen.

Allerdings gerät die Hormon-Therapie immer stärker in die Kritik. Bestimmte Präparate stehen im Verdacht, das Brustkrebsrisiko zu erhöhen oder Herzinfarkte zu begünstigen. Eine neue Studie in Deutschland soll nun Licht ins Dunkel bringen.

Die Deutsche Krebshilfe in Bonn, die das Vorhaben mit 1,53 Millionen Euro fördert, stellte die Studie jetzt im Wissenschaftszentrum vor. Untersucht werden sollen 3 500 Patientinnen zwischen 50 und 74 Jahren, die neu an Brustkrebs erkrankt sind, außerdem 7 000 gesunde Frauen.

Die Frauen werden nicht nur zu ihren Lebensumständen und ihrer Gesundheitsgeschichte befragt, sondern auch ganz konkret zur Einnahme von Hormonpräparaten. Ziel ist herauszufinden, ob es einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Hormonen während der Menopause und der Entstehung von Brustkrebs gibt.

"Das Vorhaben wird erstmals für Deutschland neue Erkenntnisse bringen", ist Professor Wilhelm Braendle von der Universitäts-Frauenklinik Hamburg-Eppendorf überzeugt.

Ausländische Studien kämen zu unterschiedlichen Ergebnissen, die Erkenntnisse seien auf hiesige Verhältnisse nur bedingt übertragbar. "Für die Entstehung von Krebs spielt auch das Ernährungsverhalten und der Lebensstil eine Rolle, und die sind von Land zu Land unterschiedlich."

So würden in skandinavischen Ländern etwa zehn Prozent aller Frauen an einem Mammakarzinom leiden, in Italien seien es lediglich drei Prozent.

In Deutschland werden jährlich 46 000 Neuerkrankungen registriert - statistisch leidet damit jede zehnte Frau an Brustkrebs. 19 000 sterben daran. "Das Thema ist ein Förderschwerpunkt der Deutschen Krebshilfe", sagte Robert Fischer, Vorsitzender des Medizinischen Beirates. "Es gibt nach wie vor viel zu tun, um dem Brustkrebs den Schrecken zu nehmen."

Eine Anfang Juli veröffentlichte Studie aus den USA hat Hinweise ergeben, dass bestimmte Hormonersatztherapien das Brustkrebsrisiko erhöhen. Die Untersuchungsreihe der "Womens`s Health Initiative" (WHI) wurde spektakulär aus Sorge um die Gesundheit der Teilnehmerinnen vorzeitig abgebrochen.

Zwar konnte die Wirksamkeit von Kombinationpräparaten, die sowohl Östrogen als auch Gestagen enthalten, zur Vorbeugung der Osteoporose bestätigt werden. Doch überwiege das Risiko, dadurch nach den Wechseljahren an Brustkrebs, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Lungenembolie zu erkranken.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn zweifelt nicht an der Aussagekraft der Studie und will daher das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Östrogen-Gestagen-Kombinationspräparaten in den zugelassenen Anwendungsgebieten - Wechseljahrbeschwerden und Vorbeugung der Osteoporose - neu beurteilen.

Ulrich Hagemann von der Abteilung Arzneimittelsicherheit sagte auf Anfrage des GA: "Möglicherweise muss danach die Indikation, solche Präparate zur Osteoporose-Prophylaxe zu verschreiben, wieder aufgehoben werden." Zwar würde die in den USA getestete Wirkstoffkombination in Deutschland nur von wenigen Frauen eingenommen, "aber es besteht der dringende Verdacht, dass das Risiko auch bei anderen Präparaten besteht."

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