Kommentar zur Lehre an der Uni Bonn Zurück in der Steinzeit

Studierende wissen nicht mehr, wie es in Zeiten ohne Smartphone und Laptop war? Dass in Bibliotheken Zettelkästen und sogenannte Seminarapparate standen? Wie gut, dass die Studierenden in Bonn bald die Gelegenheit dazu haben werden, in die Vergangenheit zu reisen.

Wenn ab Januar wegen eines ausgelaufenen Vertrags mit der VG Wort viele Texte nicht mehr online auf der Lernplattform eCampus verfügbar sein werden, müssen sie trotzdem weiterhin an ihre Texte kommen. Bisher galt es als Luxusproblem, wenn man jede Woche einige Stunden damit verbracht hat, alle Seminar- und Vorlesungstexte sowie Folien herunterzuladen und auf dem eigenen PC abzuspeichern – um sie danach noch zu lesen und zu bearbeiten.

Für die Studierenden ist das, was nun auf sie zukommt, eine Katastrophe. Abgesehen davon, dass wieder mehr Bücher aus Bibliotheken „verschwinden“ oder schlichtweg vergriffen sein werden, dürfen die jungen Leute dann in ihren gut gefüllten Stundenplänen nach der Zeit suchen, in denen sie von Seminarbibliothek zu Seminarbibliothek laufen, um sich in die Schlange von Kommilitonen einzureihen, damit sie etwas aus dem Seminarapparat kopieren können.

Was vor Jahrzehnten noch üblich war, passt nicht mehr zum heutigen Studium: So wie die Zettelkästen von Online-Recherchetools verdrängt wurden, ist auch das Bachelor-Studium anders ausgerichtet als seine Vorgänger, etwa das Diplom. Fragt sich, ob das hohe Pensum eines Bachelors noch beibehalten werden kann, wenn es auf einmal viel mehr Zeit in Anspruch nimmt, alle Texte zu beschaffen.

Viele Studierende werden einen neuen Vertrag mit der VG Wort nicht mehr erleben – für sie bedeutet die Entscheidung der Uni nur, dass ihr Studium umständlicher wird. Denn auf eCampus finden sie künftig wahrscheinlich in erster Linie Handouts und Vortrags-folien von Dozenten – ohne die wichtigen, urheberrechtlich geschützten Texte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Hilfe für Start-ups aus der Hochschule
Wenn Forschende und Studierende zu Gründern werden wollen Hilfe für Start-ups aus der Hochschule
Zum Thema
Aus dem Ressort