Das fast vergessene Land Myanmar im Fokus der Forscher

Bonn · Wissenschaftler treffen sich zur vierten Interdisziplinären Myanmar-Konferenz in Bonn. Bisher ist die Disziplin in Deutschland unterrepräsentiert.

 Das klassische Bild von Myanmar: Ein Bauer auf einem Feld vor dem beschädigten Sulamani-Tempel aus dem 12. Jahrhundert.

Das klassische Bild von Myanmar: Ein Bauer auf einem Feld vor dem beschädigten Sulamani-Tempel aus dem 12. Jahrhundert.

Foto: AFP

Das südostasiatische Land ist in den vergangenen Jahrzehnten fast völlig aus dem Bewusstsein der Deutschen verschwunden: Myanmar, vielen bekannt als Burma oder Birma. Um das zu ändern, hat am vergangenen Wochenende in Bonn die vierte große Interdisziplinäre Myanmar-Konferenz stattgefunden. Die Abteilung für Südostasienwissenschaften des Instituts für Orient- und Asienwissenschaften der Uni Bonn veranstaltete die Konferenz gemeinsam mit dem Myanmar-Institut, einem Zusammenschluss aus Wissenschaftsvertretern des deutschsprachigen Raums.

Davon gebe es wenige, erklärt Diana Tobias, die zweite Vorsitzende des Instituts: „In der ganzen deutschsprachigen Akademikerwelt gibt es keine Lehre zu Myanmar, auch keine offizielle Professur. Nur Leute, die sich auf der Grundlage anderer Fachgebiete mit Myanmar beschäftigen.“

Mit das einzige, was in Deutschland angeboten wird, ist ein Sprachkurs an der Humboldt-Universität in Berlin. Über diesen ist auch die 29-Jährige zum Myanmar-Institut gekommen. Die Duisburgerin studierte im Bachelor Populäre Musik und Medien in Paderborn. Eine Reise nach Myanmar weckte danach ihr Interesse für die birmanische Sprache, welche sie dann auch nach Berlin führte.

Wissenschaftler wollen mehr Interesse wecken

Seit 2012 versuchen Wissenschaftler, wieder mehr Interesse für das Land zwischen Indien und Thailand zu wecken. Erst gründete sich das Wissenschaftsforum Myanmar, 2014 dann die „Myanmar Study Group“. Letztere ging ging kürzlich im neuen Myanmar-Institut auf.

Schon die „Myanmar Study Group“, zu der auch Tobias gehörte, organisierte ein jährliches Zusammentreffen deutschsprachiger Akademiker, das zum Austausch und zur Vernetzung von Myanmar-Interessierten dient. Von Halle nach Zürich und über Berlin ging es nun in die Bundesstadt. „Die Bonner Südostasienwissenschaft interessiert sich sehr für eine Vertiefung der Myanmar-Studien. Hier gibt es bereits ein Netzwerk aktiver Studierender“, erklärt Tobias die Ortswahl. „Wir haben im Laufe der vergangenen Jahre gemerkt, dass es bereits ein Interesse für Myanmar gibt, das wir durch unsere Arbeit noch weiter fördern wollen“, erzählt sie weiter.

Erste Erfolge sind bereits zu verzeichnen: Rund 80 Besucher waren durchschnittlich am vergangenen Wochenende bei der Konferenz anwesend und haben sich Vorträge und Diskussionsrunden zu verschiedensten Themen aus der Religionswissenschaft, der Anthropologie und der Medienwissenschaft angehört. „Wir sehen uns als eine Plattform zum Austausch“, erklärt Tobias. Die Tagung habe sich im Vergleich zum Vorjahr wieder vergrößert. Auch neue Kontakte zu Frankreich, Polen und dem Vereinigten Königreich seien geknüpft worden.

Asienforschung wird ab- statt aufgebaut

Und dieser Austausch sei wichtig, wenn das Institut seine Ziele erreichen wolle: eine größere Vernetzung, gemeinsame Projektarbeiten einzelner Arbeitsgruppen und die globale Repräsentation nach außen. „Wir möchten die Zusammenarbeit fördern und dem herrschenden Konkurrenzdruck an Universitäten entgegenwirken. Kooperatives Arbeiten ist sinnvoller“, sagt Tobias. Doch bis es in Deutschland wieder eine Myanmar-Lehre an Universitäten gibt, sei es ein weiter Weg.

Momentan sei vielmehr das Problem, dass die Asienforschung immer mehr abgebaut werde – und dass, obwohl „Asien immer interessanter wird für Deutschland“. Doch es fehle das Geld. In anderen Ländern sei das nicht so: An einigen amerikanischen Universitäten gebe es Myanmar-Lehre, auch in Australien und London, sagt Tobias. Doch in Deutschland fehle die Basis: „Zwischen uns und Myanmar besteht ein großes Austauschpotenzial, sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Doch die Burmanistik ist nach der DDR quasi wie ausgestorben, wodurch uns jetzt eine Generation an Wissenschaftlern fehlt. Junge Interessenten haben wir.“

Dabei sei es jetzt viel einfacher, in und über Myanmar zu forschen als noch vor wenigen Jahren: Seit 2011 die herrschende Militärdiktatur durch eine zivile Regierung ersetzt wurde, befindet sich das Land in einer Übergangsphase. Durch den Demokratisierungsprozess soll die Handlungsblockade und auch die globale Isolation aufgeweicht werden. Diese politische und wirtschaftliche Öffnung kommt auch den Wissenschaftlern zu Gute.

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