Betreuungsverhältnis an Hochschulen Mensch oder Matrikelnummer

BONN/REGION · Wie viele Studierende kommen auf einen Professor? Was nach einer einfachen Frage klingt, ist nicht ganz so leicht zu beantworten. Fest steht: Das Betreuungsverhältnis an den großen Hochschulen in Bonn und der Region ist sehr unterschiedlich.

 Ein vielschichtiges Thema: Wie viele Studenten betreut ein einzelner Professor?

Ein vielschichtiges Thema: Wie viele Studenten betreut ein einzelner Professor?

Foto: picture alliance / Fabian Strate

Die Alanus Hochschule in Alfter jubiliert: „Das Betreuungsverhältnis von Studenten zu Hochschullehrern liegt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Zum Herbstsemester 2016/2017 studieren an der Hochschule rund 1500 Studenten, die von derzeit 65 Hochschullehrern betreut werden. Damit betreut ein Professor im Schnitt 23 Studenten.“ Wobei es in den künstlerischen Fächern sogar auch kleinere Klassen mit rund zwölf Teilnehmern gebe. „Mensch statt Matrikelnummer“, heißt es von Seiten der Hochschule. Wie sieht es sonst aus in der Region?

Zum Hintergrund: Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes, die für die Fachzeitschrift „Forschung & Lehre“ erhoben wurden, liegt das Betreuungsverhältnis an deutschen Universitäten im Schnitt bei 73 Studenten pro Hochschullehrer, wenn man vom sogenannten Vollzeit-Äquivalent ausgeht: Dieses besagt, wie viele Vollzeitstellen sich rechnerisch ergeben, wenn man die Professoren mit Teilzeitstellen entsprechend ihrer tatsächlichen Arbeitszeit in der Gesamtbetrachtung ausweist. Geht man von der Gesamtanzahl der Professoren aus (was üblich ist und auch in diesem Artikel getan wird), ergibt sich ein deutlich besseres bundesweites Verhältnis von 67:1.

So oder so: Im Laufe der Jahre hat sich das Betreuungsverhältnis verschlechtert. 2014 waren es noch 66 Studenten, 2010 noch 60 Studenten pro Hochschullehrer (berechnet nach „Professorenköpfen“). Insofern kann sich die vergleichsweise kleine und private Alanus Hochschule tatsächlich mit ihrer Betreuungsrelation rühmen. Zumal die Zahlen für Nordrhein-Westfalen noch dramatisch schlechter sind als auf Bundes-ebene: In NRW kamen im Jahr 2015 rund 89,6 Studierende auf einen Professor.

Interessant wird diese recht komplizierte Zahlenbetrachtung, wenn nicht nur die Universitäten, sondern alle Hochschulen in die Statistik einfließen. Denn gerade an Fachhochschulen ist das Betreuungsverhältnis oft besser. Zwar ist NRW auch in diesem Ranking mit 86,6 zu 1 noch abgeschlagenes Schlusslicht (Spitzenreiter Thüringen: 48,3 zu 1). Doch bundesweit verbessert sich der Schnitt nach dieser Lesart immerhin von 67 auf 64,6 Professoren pro Studierendem.

Einen Anteil daran hat auch die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, die insgesamt ein Betreuungsverhältnis von rund 50:1 vorweisen kann. Dabei hat der Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften die beste Pro-Kopf-Betreuung (32,3 zu 1), gefolgt von Elektrotechnik, Maschinenbau und Technikjournalismus (46,5 zu 1), Informatik (55,8 zu 1) und Wirtschaftswissenschaften (64,8 zu 1).

Der Campus Remagen der Hochschule Koblenz bietet seinen rund 2350 Präsenzstudierenden eine Pro-Kopf-Betreuung von 45,5 zu 1. Wobei der Fachbereich Mathematik und Technik mit einer Quote von 31:1 glänzt, während der Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit 61:1 eher abfällt. Die Hochschule verweist hier aber darauf, dass sehr viele wissenschaftliche Mitarbeiter und Lehrbeauftragte die Lehre der Professoren unterstützen und kein „Studierender in der Masse untergeht“.

Gerade dieser Punkt ist interessant, denn wenn man das Verhältnis zwischen den Studenten und der Gesamtzahl des wissenschaftlichen Personals berechnet, erkennt man, dass dies der einzige Wert ist, der sich im Laufe der Jahre nicht stark verschlechtert hat, wie der Journalist und Politikwissenschaftler Jan-Martin Wiarda in seinem Blog für die Jahre 2005 (15,6 zu 1) und 2015 (16,7 zu 1) ausgerechnet hat.

Betrachtet man die Relation von Studierenden zu Gesamtpersonal, hat Nordrhein-Westfalen zwar im Vergleich der Bundesländer seit 2005 einen Platz verloren, ist mit einem Wert von 21,5 zu 1 aber immerhin nur Vorletzter, weil es in Bremen (23,5 zu 1) noch schlechter aussieht.

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