Millionenschwere Fördermittel Große Freude in Bonn nach Erfolg der Universität

Bonn · In Bonn werden die Gewinner der Exzellenzstrategie bekanntgegeben - und die heimische Universität ist der große Sieger. Damit kann die Hochschule sich um den offiziellen Titel einer „Exzellenzuniversität“ bewerben.

Der Anfang ist verpatzt. Die Übertragung der entscheidenden Pressekonferenz nach zwei Jahren Vorlauf beginnt nicht nur mit 20 Minuten Verspätung, sondern zunächst auch ohne Ton. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat ein technisches Problem. Doch nur fünf Minuten später weicht die Anspannung im noch namenlosen brandneuen Hörsaal 7 auf dem Uni-Campus in Poppelsdorf grenzenloser Begeisterung. "Beyond Slavery", ruft Rektor Michael Hoch in die Runde der anwesenden Wissenschaftler, Mitarbeiter und Studierenden, die mit sieben Förder-Anträgen in die engere Auswahl der künftig geförderten Exzellenz-Cluster gekommen sind. Dann geht es Schlag auf Schlag. Hausdorff-Center. ImmunoSensation. Und auch die Agrarwissenschaftler sind dabei. "Leute, wir haben sechs Cluster", ruft Hoch nach einem Jubelschrei, "ich habe Tränen in den Augen".

Auch unter den anderen Anwesenden ist die Begeisterung groß. Erwachsene Spitzenforscher liegen sich in den Armen wie Fußballspieler in der Mannschaftskabine. Ein Catering-Dienst karrt kistenweise frisches Kölsch ins Foyer. "Als nächstes holen wir uns den Nobelpreis", sagt einer, der sich begründete Hoffnungen darauf machen darf, und stößt mit seinem Kollegen an. Und mittendrin steht der jüngste Fields-Preisträger Peter Scholze mit stillem Lächeln, die Hände in den Hosentaschen und sagt: "Ich bin so gern in Bonn."

Nur wenige Kilometer entfernt haben Vertreter von Bund, Ländern, DFG und Wissenschaftsrat soeben die Ergebnisse des bundesweiten Wettbewerbs um die 57 künftig geförderten Exzellenzcluster vorgestellt. Während die Leitung der Uni der Entscheidung entgegenfieberte, fanden im Wissenschaftszentrum in Bad Godesberg die letzten Beratungen statt. Als das akademische Viertel um 16.15 Uhr ausgeschöpft war, war die Exzellenzkommission schließlich bereit, ihre Entscheidung zu verkünden - ziemlich genau zwei Jahre nach Beginn des Verfahrens.

Über die Bedeutung dieses Donnerstags im September waren sich alle Beteiligten einig. "Ein Tag, der für die Spitzenforschung in Deutschland ein neues Kapitel aufschlägt", nannte ihn Bundesforschungsministerin Anja Karliczek. Von einem Datum, das "für die Forschung in der Bundesrepublik schwerlich überbewertet werden könnte", sprach Peter Strohschneider, der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die für die Durchführung des Verfahrens verantwortlich war.

Einig waren sie sich auch bezüglich der Qualität der eingereichten Forschungsprojekte. Sie hätten die Wahl zwischen "guten und noch besseren Anträgen" gehabt, sage Strohschneider. Das zeige auch die Zahl der ausgezeichneten Cluster: Statt wie angekündigt rund 45 wurden am Ende 57 von 88 Anträgen mit Förderung bedacht. "Auch die nicht ausgezeichneten Universitäten sind Gewinner", betonte Eva Quante-Brandt, Bremer Wissenschaftssenatorin und stellvertretende GWK-Vorsitzende. Sie hätten gute Chancen, würden sie sich anderweitig um Förderung bewerben. Quante-Brandt freute auch, dass die Anträge so vielfältig gewesen seien: "Die Spitze liegt in der Breite." Die deutsche Spitzenforschung sei auf einem guten Weg.

Universitäten hätten sich neu aufgestellt

Nicht zuletzt sei das auch der Exzellenzinitiative zu verdanken, die nun von der Exzellenzstrategie abgelöst wurde. Die Universitäten hätten sich neu aufgestellt und ihr Profil geschärft, lobt Karliczek. Nachahmungsversuche in China, Südkorea und Österreich zeigten, dass "die Dynamik in der deutschen Spitzenforschung" weltweit Beachtung gefunden habe.

Unter den 34 ausgezeichneten Hochschulen sticht die Uni Bonn hervor: Keine andere Universität und kein anderer Univerbund haben so viele Cluster geworben. Vier eigene Anträge und zwei Kooperationen sind als Exzellenzcluster ausgezeichnet worden; nur ein Antrag blieb auf der Strecke. Auch die Domstadt kann sich freuen: Die Universität zu Köln brachte alle vier Anträge durch; drei sind Kooperationsprojekte. Bonn habe sich hervorgetan, weil sich auch kleine Fächer sowie die Geistes- und Sozialwissenschaften beworben hätten, sagte Karliczek dem GA. "Diese tun sich in der Debatte teils ein bisschen schwer, weil sie immer sehr differenziert diskutieren."

Bonn und Köln gehören damit zu den 19 Universitäten und Verbünden, die nun berechtigt sind, einen Antrag auf den Titel "Exzellenzuniversität" zu stellen. Die Gelder aus dieser Förderlinie kämen auch "Lehre, Infrastruktur und Transfer" zu Gute, erklärt die Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Martina Brockmeier. Die Entscheidung darüber fällt im Juli - wieder in Bonn.

Schon kurz nach der Bekanntgabe der Ergebnisse wird in Hörsaal 7 der Ton abgedreht. "Wir sind total überwältigt", sagt stattdessen der für Forschung und Innovation zuständige Prodekan Andreas Zimmer. Einen größeren Zusammenhalt als bei der Vorbereitung der Anträge habe es an der Universität lange nicht gegeben. Am Ende stehe nun der "Erfolg des Wir", den niemand in dieser Tragweite für möglich gehalten habe.

Oberbürgermeister spricht von Sensation

Vom Jubel anstecken lässt sich auch OB Ashok Sridharan. Er spricht von einer "Sensation", bevor er sich in die Ratssitzung verabschiedet. Mehr Zeit nimmt sich NRW-Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen, die vom Wissenschaftszentrum nach Poppelsdorf gekommen ist. "Die Qualität war insgesamt sehr gut", verrät sie dem GA. Die Rheinschiene setze einen erfreulichen Kontrapunkt zu den Forschungszentren etwa in Berlin oder München. Entsprechend ausdauernd sei von 9 bis 16 Uhr um die Ergebnisse gerungen wurden. "Wir hatten einige harte Kämpfe auszufechten", sagt Pfeifer-Poensgen etwas müde, "blamieren Sie uns nicht". Anschließend freut sie sich mit ihrer Staatssekretärin Annette Storsberg auf eine Laugenstange und ein paar Würstchen im Foyer.

Andere würden am liebsten gleich mit der Arbeit beginnen. Die Agrarwissenschaftler sind demonstrativ mit zwei Treckern vorgefahren. Clustermitglied Jan Börner freut sich auf "mehr Platz, Personal und Projekte". Es sei ein großer Erfolg, dass die einzige landwirtschaftliche Fakultät in NRW nun auch über die Grenzen hinaus mehr wahrgenommen werde. Auch unter den Quantenphysikern ist die Zufriedenheit groß. Damit werde die fachliche Kooperation der beteiligten Unis und des Forschungszentrums Jülich weiter wachsen, glaubt der Bonner Cluster-Sprecher Martin Weitz. Bonn bringe das Cluster zwei neue Professuren und den Studenten eine Vielzahl spannender Themen für Masterarbeiten und Dissertationen.

Doch vorher wird erst einmal gefeiert. Und auch die Forscher des siebten Förderantrags "CASCADE" sollen nicht leer ausgehen. "Wir haben in der Rektoratsrunde beschlossen, das Thema weiter zu verfolgen und zu fördern", erklärt Hoch, bevor er zu einer Spritztour mit dem Trecker aufbricht.

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