Teurer Wein schmeckt besser Bonner Forscher schicken Probanden zum Verkosten in die Röhre

BONN · In einer Bonner Studie schmeckte ein und derselbe Wein den Testpersonen besser, wenn er angeblich mehr kostete. Das behaupteten sie nicht bloß; es ließ sich auch im Hirnscanner messen. Experten sprechen vom „Marketing-Placebo-Effekt“.

Heißt „teuer“ automatisch auch „gut“? Es gibt Bereiche, die sprengen alle Alltagserfahrung und alle Urteilsmöglichkeit. Beim Wein etwa: Vor zwei Jahren ging eine 0,75-Liter-Flasche Riesling-Trockenbeerenauslese vom Saar-Weingut Egon Müller für 14.566 Euro über die Auktionstheke. Keine Ahnung, ob damit auch ein kosmisches Geschmackserlebnis zu erwarten ist – wer traut sich das schon zu testen bei 4856 Euro pro Glas?

Zumindest für Wein von Normalpreisniveau haben Forscher der Uni Bonn und der INSEAD Business School in Fontainebleau jetzt aber herausgefunden: Ein und derselbe Wein schmeckt tatsächlich besser, wenn er angeblich teurer ist.

30 Probanden, durchschnittlich 30 Jahre alt, wurden für den Versuch nacheinander in den Hirnscanner gesteckt. Dort wurde ihnen erst der angebliche Preis eines Weins eingeblendet: drei, sechs oder 18 Euro. Dann bekamen sie eine kleine Kostprobe und mussten auf einer Skala von 1 bis 9 angeben, wie gut es ihnen schmecke; es folgte Mundausspülen und (angeblich) der „nächste“ Wein.

Der „Testwein“ war immer der gleiche

In Wahrheit war der zu testende Wein immer der gleiche – ein französischer Roter für rund zwölf Euro. Dennoch schmeckte er den Probanden um so besser, je teurer er angeblich war. Im Kernspintomographen zeigte sich: Je höher der eingeblendete Preis, um so stärker waren im Hirn der Testpersonen das Frontalhirn und das „Ventrale Stratium“ aktiv – jenes ist für Qualitätserwartung zuständig, dieses gehört zum körperinternen Belohnungssystem. Es werde „bei höheren Preisen deutlich stärker aktiviert und verstärkt auf diese Weise offenbar das Geschmackserlebnis“, bilanziert Professor Bernd Weber vom Center for Economics and Neuroscience (CEN) der Universität Bonn.

Der Effekt heißt „Marketing-Placebo“, hat aber seine Grenzen. „Wenn eine Plörre für 100 Euro angeboten würde, bliebe er absehbar aus“, sagt Weber. Es hat also nach wie vor Sinn, den Tipps der Kenner zu folgen und etwa den 2016er „Tagtraum“ vom Pfälzer Weingut Ellermann-Spiegel für 7,50 Euro zu probieren, den GA-Weinexpertin Caro Maurer am Wochenende im „Boulevard“ vorgestellt hat.

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