Studie zu Vorstellungsgesprächen Bescheidenheit wirkt

BONN · Wenn wir die aktuellen Entwicklungen um die Präsidentschaftskandidatur von US-Milliardär Donald Trump betrachten, wollen die Erkenntnisse von Diplom-Psychologin Corinna Diekmann nicht so Recht ins Bild passen.

 Corinna Diekmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychologie und Autorin der Studie.

Corinna Diekmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychologie und Autorin der Studie.

Foto: MUC

Laut ihrer Forschungsergebnisse werden Menschen, die sich im Berufsalltag bescheiden zeigen, als sympathischer, kompetenter und leistungsstärker wahrgenommen, als wenn sie ihr eigenes Können hervorheben.

„Insbesondere Berufseinsteiger können durch eine bescheidene Selbstdarstellung ihre Karriere fördern, ohne dass diese zulasten Dritter geht“, erklärt Diekmann.

Dieser positive Effekt sei vor ihrer mehrstufigen Erhebung am Institut für Psychologie der Uni Bonn nicht zu erwarten gewesen. Bislang galt Bescheidenheit im Job vielmehr als „Karrierekiller“.

Zwei Studien und drei Strategien im Test

Die 32-Jährige verglich in zwei experimentellen Studien und einer Feldstudie drei Strategien: das Einschmeicheln, die Eigenwerbung und die taktische Bescheidenheit. In den ersten zwei Studien beurteilten 296 professionelle Interviewer mit Hilfe schriftlicher Szenarien das Auftreten fiktiver Bewerber in Vorstellungsgesprächen.

Beim Einschmeicheln versuchten die Bewerber mit Komplimenten und Zustimmung einen „guten“ Eindruck zu hinterlassen, während sie bei der Eigenwerbung ihr eigenes Können in den Fokus stellten. Unterdessen spielten die Bewerber bei der taktischen Bescheidenheit ihre bereits bekannten oder offensichtlichen Stärken bewusst herunter.

Eindeutiges Ergebnis

Das Ergebnis nach fünf Jahren Forschungsarbeit war eindeutig: „Beim Chef kann das Einschmeicheln zwar funktionieren, aber Außenstehende wie Kollegen bewerten es oft eher negativ. Bei der Eigenwerbung ist das richtige Maß gefragt, sonst kann es schaden. Die taktische Bescheidenheit hingegen wurde als einzige Strategie durchweg positiv beurteilt“, konstatiert Diekmann.

Funktionieren tue jedoch nur eine leichte Untertreibung, sonst erwecke man den Eindruck, seine eigenen Fähigkeiten nicht einschätzen zu können. Ideale Voraussetzungen bringen laut Diekmann all diejenigen mit, die „echte“ persönliche Bescheidenheit vorweisen können. Diese könne bei der Umsetzung der taktisch bescheidenen Selbstdarstellung helfen.

Auch die Feldstudie brachte eindeutige Resultate mit sich: Im Zusammenhang mit der Selbstdarstellung von 233 Nachwuchskräften im Arbeitsleben und der Bewertung durch deren Vorgesetzte, ging die taktische Bescheidenheit erneut als Sieger hervor. Doch nicht nur für Berufseinsteiger kann sich die maßvolle Zurückhaltung lohnen. „Es ist durchaus möglich, dass unter bestimmten Bedingungen auch Führungskräfte von taktischer Bescheidenheit profitieren“, so die Psychologin.

Eine durchaus vorstellbares These

Ein Chef, der sich eher zurückhält und nicht mit seinem Erfolg protzt, ist bei Kollegen und Mitarbeitern vermutlich beliebter. „Letztendlich müssen wir uns damit auseinandersetzen, welche Organisationskultur wir in unserer Gesellschaft wollen. Eine, in der wir die Leistung der anderen wertschätzen, oder eine, in der wir nur an die eigene Karriere denken“, findet Diekmann. Ihren Studienergebnissen zufolge, ließe sich auf mehr Solidarität im Berufs- und Lebensalltag schließen.

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