Arbeiten bei UN und Co. „Internationalität ist die Normalität“

Bonn · Eine Karriere bei internationalen Organisationen klingt verlockend, ist aber nicht leicht zu realisieren. Über die Voraussetzungen, falsche Vorstellungen und ideale Bewerber sprach Moritz Rosenkranz mit den BFIO-Mitarbeitern Ditmar Königsfeld und Ralf Czadzeck.

 Ein Posten bei der UN, hier eine Skulptur vor dem Hauptsitz in New York, bleibt für viele ein Traum.

Ein Posten bei der UN, hier eine Skulptur vor dem Hauptsitz in New York, bleibt für viele ein Traum.

Foto: AFP

Herr Czadzeck, Sie betreuen das Nachwuchsprogramm JPO. Was muss ich tun, um etwa bei den Vereinten Nationen zu arbeiten?

Ralf Czadzeck: Zunächst: Das Ganze ist kein Schnupperprogramm für Menschen, die von der Uni kommen und Erfahrungen sammeln wollen. Es richtet sich an junge Führungskräfte, die einen Masterabschluss und mindestens zwei Jahre relevante Berufserfahrung haben.

Ditmar Königsfeld: Das Spektrum der Aufgabenfelder, das die internationalen Organisationen bieten, ist sehr breit. Diese haben allerdings gewisse Präferenzen: Sie haben einen hohen Bedarf an Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern, Juristen und Naturwissenschaftlern. Es gibt aber kaum eine Fachrichtung an den Hochschulen, bei der wir sagen würden, eine internationale Karriere scheidet aus. Darüber informieren wir bei rund 30 Terminen an Universitäten in ganz Deutschland.

Abgesehen von einem Studien-abschluss: Was muss ich noch mitbringen?

Königsfeld: Formal: Gute IT-Kenntnisse und in der Regel zwei Fremdsprachen, die als Handwerkszeug betrachtet werden. Zudem müssen Sie mit hohen Anforderungen rechnen, denn das System ist sehr kompetitiv. Man ist immer internationaler Konkurrenz ausgesetzt. Auch wenn Sie sich für ein Praktikum im Klimasekretariat in Bonn bewerben, tun Sie das in Konkurrenz mit jungen Studierenden etwa aus Puerto Rico oder Kambodscha und den Leistungseliten der Welt.

Was für Menschen werden gesucht?

Königsfeld: Es ist wichtig, sich früh und differenziert mit dem System und den Zielen der jeweiligen Internationalen Organisationen auseinanderzusetzen. Eine Bewerbung à la „Ich interessiere mich für die Arbeit der Vereinten Nationen“ wird nicht zum Erfolg führen. Man muss bereit zu weltweiter Mobilität sein und in sich selbst investieren: Sprachkurse, Auslandsaufenthalte, mal ein unbezahltes Praktikum.

Wie würden Sie die jungen Leute charakterisieren, die sich erfolgreich bewerben?

Czadzeck: Viele bringen eine gewisse Wendigkeit und Weltoffenheit mit. Manche sind auch Spezialisten in ihrem Bereich, etwa Meteorologen. Alle bewegen sich schon in jungen Jahren sehr sicher auf internationalem Parkett.

Königsfeld: Internationalität ist die Normalität. Kein Interessent zeichnet sich durch eine nationale Biografie aus. Viele haben einen Doppelmaster gemacht. Es sind hoch qualifizierte, engagierte Weltbürger, die einen authentischen Lebenslauf haben, der das vorgegebene Engagement auch widerspiegelt.

Bei wem bewirbt man sich?

Königsfeld: Bewerbungen gehen immer direkt an die jeweilige Organisation, meist geschieht das online. Wir haben vor allem beratende Funktion. Das wichtigste sind allerdings die Websites der einzelnen Organisationen, denn Sie finden nur dort die jeweils aktuellen Informationen, die Sie zwingend stets verfolgen müssen. Bewerben macht Mühe und braucht viel Zeit an Vorbereitung.

Czadzeck: Wir freuen uns besonders, wenn jüngere Semester zu unseren Veranstaltungen kommen, sich informieren und das Ganze in ihre Zukunftsplanung strategisch mit einbauen. Dazu gehören zunächst relevante Praktika, die zu Stellenausschreibungen passen, um Erfahrung zu sammeln. Aber auch der Umgang mit anderen Kulturen ist sehr wichtig. Je früher ich anfange, desto besser.

Königsfeld: Wir erkennen sehr rasch, inwieweit eine inhaltliche, konzeptionelle Vor-Auseinandersetzung mit dem künftigen Arbeitgeber stattgefunden hat.

Welches Mitspracherecht haben Sie bei Bewerbungen?

Czadzeck: Bei dem von der Bundesregierung finanzierten JPO-Programm treffen wir die Vorauswahl für jene Bewerber, die im Anschluss zu einem persönlichen Interview unter Beteiligung der jeweiligen Fachressorts der Bundesregierung in das BFIO kommen. Wir treffen die Auswahl der Bewerber, die zu einem persönlichen Gespräch eingeladen werden, bei dem immer auch ein Ministerialvertreter dabei sitzt, denn jede Stelle ist direkt an ein bestimmtes Ministerium geknüpft. Wir treffen hier somit eine nationale Vorauswahl und leiten die erfolgreichen Bewerber dann an die jeweilige internationale Organisation weiter, wo sie sich dann internationaler Konkurrenz stellen müssen und wo die endgültige Entscheidung getroffen wird.

Wie viele dieser begehrten Stellen gibt es jährlich?

Czadzeck: Mittlerweile liegen wir bei 50 bis 60. Dabei muss man wissen: Die Personalkosten werden von der Bundesregierung getragen. Sie entscheidet jedes Jahr, wie viel Geld sie für das JPO-Programm bereitstellt.

Wo steht Deutschland im internationalen Vergleich?

Königsfeld: Was die Anzahl der finanzierten Stellen und die Qualität der Bewerber angeht, steht Deutschland sehr weit oben. Nach den zwei bis drei Jahren im JPO-Programm gehören die Deutschen zur Premiumgruppe des Personals für internationale Organisationen und sind dementsprechend begehrt. Viele finden also schnell Zugang zu einer regulären Beschäftigung innerhalb des Systems.

Und jeder will am Ende für Unicef arbeiten?

Königsfeld: Man sollte nicht nur auf die Großen schauen und weg vom Mainstream, denn auch dort bieten sich interessante Karriereoptionen. Es gibt viele kleinere internationale Organisationen wie beispielsweise das UN-Büro für Weltraum oder das Sekretariat für wild wandernde Tiere, die direkt vor der Haustür in Bonn sitzen.

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