Neue Rechtslage Zwei von drei Spielhallen in NRW vor dem Aus

Düsseldorf · Die Versuche der Branche, schärfere Auflagen zu umgehen, sind gescheitert. Im Moment gibt es noch 4200 Betriebe im Land. Diese Zahl wird bis Dezember allerdings drastisch schrumpfen.

 Um die Spielsucht einzudämmen, gelten für Spielhallen ab Dezember verschärfte Vorgaben.

Um die Spielsucht einzudämmen, gelten für Spielhallen ab Dezember verschärfte Vorgaben.

Foto: dpa

Den Spielhallen steht ein Massensterben bevor. Eine neue Rechtslage erzwingt bis zum 1. Dezember die Schließung von rund 70 Prozent aller Automatenspiel-Stätten in NRW. „Wenn die Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages restriktiv umgesetzt werden, müssen zum 1. Dezember 70 Prozent der 4200 Spielhallen in NRW schließen“, sagt der Geschäftsführer des Deutschen Automaten-Verbandes (DAV), Michael Eulgem.

Die Versuche der Branche, die Rechtslage noch zu ihren Gunsten zu ändern, sind nach jüngsten Urteilen unter anderem des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe und des Oberverwaltungsgerichtes in Münster abschließend gescheitert. Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums bestätigte: „Damit gelten die neuen Regeln und müssen noch in diesem Jahr umgesetzt werden.“

Auslaufen der Übergangsfrist

Hintergrund ist das Auslaufen einer fünfjährigen Übergangsfrist, die der Gesetzgeber den Betreibern bei der Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages aus dem Jahr 2012 eingeräumt hat. „In diesen fünf Jahren hat die Glücksspiel-Lobby etliche Versuche unternommen, die Vorgaben noch gerichtlich zu stoppen“, berichtet Jörg Wacker von der Düsseldorfer Kanzlei Ganteführer, Marquardt & Partner, die zu diesem Thema mehrere Kommunen berät. „Die Vorgaben wurden in den vergangenen Monaten aber höchstrichterlich bestätigt“, sagt Wacker. So vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe (Az.: 1 BvR 1314/12) und vor wenigen Wochen vom Oberverwaltungsgericht Münster (Az.: 4 B 307/17). Wacker: „Damit führt an der Durchsetzung der Vorgaben nun kein Weg mehr vorbei.“

Der Glücksspielstaatsvertrag schreibt vor, dass zwischen zwei Spielhallen ab Dezember 2017 ein Mindestabstand von 350 Metern liegen muss. Auch mehrere Spielhallen in einem Gebäude sind künftig verboten. Spielhallen dürfen ferner nur noch Spielhallen heißen und nicht mehr wie heute noch häufig üblich „Casino“.

Spielhallen oft in Bahnhofsregionen

Da Spielhallen zum Beispiel in den Bahnhofsregionen größerer Städte oft in Trauben zusammenhingen, werde allein das Mindestabstandsgebot „den Markt schon erheblich ausdünnen“, heißt es im Innenministeriums. Genaue Zahlen liegen der Landesregierung aber weder zur Gesamtzahl der Spielhallen in NRW vor, noch zur Anzahl der zu schließenden Hallen. „Das ist Sache der Kommunen“, so der Sprecher des Innenministeriums.

Die sind mit ihrem Schließungsauftrag allerdings nicht glücklich. „Wenn von drei benachbarten Spielhallen zwei geschlossen werden müssen, gibt uns die neue Rechtslage kaum Kriterien an die Hand, welche zu schließen sind“, klagt Cornelia Jäger vom Städte- und Gemeindebund. Die Rechtsunsicherheit könne zu einer Klagewelle der Betreiber gegen die Kommunen führen. Losverfahren, wie sie in anderen Bundesländern möglich sind, gebe die Rechtslage in NRW nicht her.

Finanzielle Nachteile

Neben den juristischen und logistischen Problemen drohen den Kommunen auch finanzielle Nachteile. Das NRW-Finanzministeriums konnte auf Anfrage nicht sagen, wie viele Steuern die Spielhallen in NRW abführen. Nach Angaben des DAV betrugen die Vergnügungssteuerzahlungen der NRW-Spielhallen an die Kommunen jährlich rund 241 Millionen Euro. Allein die 64 Betriebe in Düsseldorf zahlten 2016 acht Millionen Euro Vergnügungssteuer.

Hinzu kommen die – wenn auch meist schlecht bezahlten – Arbeitsplätze in den Spielotheken. „Wenn 70 Prozent der Spielhallen in NRW geschlossen werden, bedeutet das auch den Verlust von 12.000 bis 15.000 Arbeitsplätzen im Bereich des Spielhallenpersonals und bei den Geräteherstellern“, sagt DAV-Lobbyist Eulgem. Einer der größten Gerätehersteller ist die in Firma Gauselmann mit Sitz in Espelkamp.

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