BER und Stuttgart 21 Wirtschaft kritisiert Bauplanung öffentlicher Großprojekte

Berlin · Macht sich die öffentliche Hand an Großprojekte, wird es oft teurer als angekündigt. Und die Fertigstellung kann sich ziehen. Den Schwarzen Peter schieben sich Politik und Wirtschaft dann gern gegenseitig zu.

 Die Eröffnung des Hauptstadtflughafens BER vor dem Spätsommer 2019 gilt als ausgeschlossen.

Die Eröffnung des Hauptstadtflughafens BER vor dem Spätsommer 2019 gilt als ausgeschlossen.

Foto: Ralf Hirschberger

Immer neue Verzögerungen und höhere Kosten: Die Kritik an der Planung großer Bauprojekte in Deutschland reißt nicht ab. "Oft geht es bei solchen Großvorhaben nicht um Sachfragen, sondern um politische Erwägungen", sagte der Präsident der Handwerkskammer Berlin, Stephan Schwarz, der "Welt am Sonntag".

Fertigstellungstermine orientierten sich am Wahlkalender, Kosten würden heruntergerechnet, um mit dem Projekt beginnen zu können.

Vor wenigen Tagen hatte die bundeseigene Deutsche Bahn eingeräumt, dass sich der Bau des neuen Bahnhofs Stuttgart 21 um eine weitere Milliarde verteuert und sich die Fertigstellung insgesamt wohl um drei Jahre verzögert. Auch beim neuen Hauptstadtflughafen BER steigen die Kosten weiter, den Eröffnungstermin lassen die Gesellschafter Berlin, Brandenburg und Bund schon länger offen.

Auch Architekten und Ingenieure kritisieren die Planung öffentlicher Bauvorhaben. Mit Blick auf Bürgerproteste sagte der Direktor des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), Ralph Appel, der Zeitung: "Man müsste die Planungsphasen dazu verwenden, den Nutzen der Projekte klarer zu formulieren und darüber mit den betroffenen Menschen mehr zu reden." Konsens bei den Betroffenen sei ein Projektbeschleuniger.

Das sieht auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) so, die in ihrer neuen Video-Botschaft eine schnellere Umsetzung wichtiger Infrastrukturprojekte anmahnt. Dabei gehe es auch um die Frage, wie sich Bürgerbeteiligung früher realisieren lasse, damit nicht so viele Einsprüche kämen. In ausgewählten Fällen müsse man so verfahren wie bei den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit, also eine Gerichtsinstanz überspringen, um schneller rechtskräftige Antworten zu bekommen.

Merkel äußerte sich mit Blick auf die neue Schnellbahntrasse Berlin-München, die am 10. Dezember eröffnet werden soll. Die Fahrzeit zwischen beiden Metropolen beträgt dann im ICE nur noch knapp vier Stunden. Zur 25-jährigen Bauzeit sagte die Kanzlerin: "Ein Vierteljahrhundert ist eine lange Zeit, aber gemessen an anderen Bauzeiten in Deutschland war das noch eine schnelle Realisierung der Projekte."

Merkel beklagte, in anderen Teilen der Welt werde sehr viel schneller gebaut. Deutschland dürfe nicht zurückfallen, "zumal wir im Augenblick Geld für Verkehrsinvestitionen haben und zum Teil einfach keine geplanten oder baureifen Strecken da sind". Als weiteres Beispiel nannte die Kanzlerin die Verlegung von Glasfaserkabeln.

Die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, Barbara Ettinger-Brinckmann, sagte der "Welt am Sonntag" zum Problem ausufernder Kosten: "Baukosten lassen sich erst dann wirklich verlässlich prognostizieren, wenn konkrete Angebote aller Gewerke vorliegen und danach nichts mehr geändert wird." Wichtigstes Credo sei: Erst planen, dann bauen. Bei der Hamburger Elbphilharmonie etwa sei die Bauausführung bereits vergeben worden, als wesentliche Planungsparameter noch gar nicht vorlagen.

Im kommenden Jahr soll nun ein Leitfaden für die Planung öffentlicher Großprojekte veröffentlicht werden, der sich laut Bundesbauministerium vor allem an Planer in Behörden, Ländern, Landkreisen und Gemeinden richtet.

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