Europäischer Wirtschaftsraum Wirtschaft in der Eurozone auf Erholungskurs

Brüssel · Die Winterprognose fällt deutlich positiver aus als erwartet: Risiken aus den USA, China und Großbritannien trüben zwar das Bild. Doch erstmals seit fast zehn Jahren soll die Konjunktur in allen Ländern der Gemeinschaft wachsen.

 Mit Containern beladene Lastwagen stauen sich auf der Köhlbrandbrücke im Hafen von Hamburg. Die EU-Kommission stellte am Montag ihr Winter-Konjunkturgutachten vor.

Mit Containern beladene Lastwagen stauen sich auf der Köhlbrandbrücke im Hafen von Hamburg. Die EU-Kommission stellte am Montag ihr Winter-Konjunkturgutachten vor.

Foto: dpa

Es sind nur Vorhersagen. Aber sie fallen deutlich positiver aus, als man unter den derzeitigen Umständen erwartet hätte. Als EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici am Montag in Brüssel die jüngste Winterprognose für den europäischen Wirtschaftsraum vorstellte, gab er sogar Anlass für leichten Optimismus. Denn erstmals seit fast zehn Jahren soll die Konjunktur in allen Ländern der Gemeinschaft wachsen. Allerdings: Sowohl die Eurozone als auch der EU-Binnenmarkt sind großen Risiken ausgesetzt.

Zum einen, weil der Kurs des neuen US-Präsidenten Donald Trump und dessen mögliche „Verschärfung der Geldpolitik“, wie es in dem Bericht der Kommission heißt, nicht ohne Auswirkungen auf die EU bleiben dürften. Zum anderen, weil Chinas Schuldenstand in gefährliche Höhen klettert und das Land als Exportmarkt für die EU schwächeln könnte. Hinzu kommen die bevorstehenden Austrittsverhandlungen mit dem Vereinigten Königreich, die Premierministerin Theresa May wohl schon Anfang März mit einem offiziellen Gesuch in Brüssel auslösen will. Darüber hinaus stehen Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland an.

Nichtsdestotrotz sehen die Zahlen rosig aus, wenn auch mit der Einschränkung, dass das Wachstum in der EU ungleich verteilt bleibt. Durchschnittlich soll die Wirtschaft in diesem Jahr um 1,8 Prozent anziehen. Deutschland liegt mit 1,6 Prozent Zuwachs für das laufende Jahr unter dem EU-Durchschnitt, trotz gestiegenen privaten Konsums, höherer Beschäftigung, einer stärkeren Bauaktivität und mehr öffentlichen Aufträgen. Erst kommendes Jahr wird die Konjunktur voraussichtlich um 1,8 Prozent anziehen.

Vorreiter sind Polen, Niederlande und Spanien

Vorreiter sind andere, wie etwa Polen (3,2 Prozent), die Niederlande (zwei Prozent) sowie Spanien (2,3 Prozent), das sich langsam von seiner Krise zu erholen scheint. Vor allem steigende Nachfrage im Inland verleihe der spanischen Konjunktur neuen Schwung, erklärte Moscovici. Auch im kommenden Jahr soll das Wachstum mit 2,1 Prozent solide bleiben.

Auch Griechenland übertrifft die Erwartungen der EU-Behörde. So errechnete die Kommission für 2016 einen Primärüberschuss (Haushaltsplus vor dem Schuldendienst) von zwei Prozent, erwartet hatte Brüssel von Athen nur 0,5 Prozent. Grund zur Euphorie wollte Moscovici dennoch nicht geben. Die weiteren Leistungen hingen davon ab, wie strikt sich Regierungschef Alexis Tsipras an die Forderungen der Geldgeber halte.

Sorge bereitet indes ein ganz anderes Land. Italiens Wachstum bleibt seit 2012 wie auch in diesem Jahr unter einem Prozent (0,9 Prozent), für 2018 erwartet sind 1,1 Prozent. Einer der Gründe liegt in den anhaltenden strukturellen Schwächen, die Investitionen verhindern und das Wachstum bremsen. Das größte Problem aber liegt in der extrem hohen Verschuldung des Landes, die 2016 bei 133 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung lag. Umso verärgerter ist die Kommission über Italiens Unwillen, das jährliche Defizit zu drücken. Rom will die Empfehlungen der Behörde überschreiten, Brüssel erwartet Anpassungen. Es gebe aber „keine Art von Ultimatum“, betonte Moscovici. Stattdessen würden „konstruktive Gespräche“ geführt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort