Bosch stellt Batterieforschung ein Wenige E-Auto-Batterien aus Europa

Frankfurt · Deutsche Zulieferer und Autohersteller überlassen Asiaten die Produktion der Stromspeicher. Das ärgert viele hierzulande.

 Handarbeit: Ein Mitarbeiter der Deutsche ACCUmotive arbeitet im sächsischen Kamenz an einer Batterie für ein Hybridfahrzeug.

Handarbeit: Ein Mitarbeiter der Deutsche ACCUmotive arbeitet im sächsischen Kamenz an einer Batterie für ein Hybridfahrzeug.

Foto: picture alliance / dpa

Die Entscheidung des Autozulieferers Bosch gegen eine eigene Batteriezellen-Produktion halten Autoexperten und Regierungsvertreter für enttäuschend. Matthias Machnig, SPD-Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, bezeichnete das als „industriepolitischen Rückschlag“: „Ein Premium-Standort wie Deutschland und Europa braucht hier eigenständiges Know-how und eigenständige Produktion bei einer Schlüsselkomponente für die E-Mobilität.“

Ähnlich sieht das Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. „Damit kann Europa in der Batteriefertigung nicht mehr mit den Asiaten mithalten.“ Machnig sagte, die deutsche Automobil- und Zulieferindustrie hätte nie eine globale Spitzenstellung einnehmen können, wenn es in Deutschland keine eigene Entwicklung und Produktion von Verbrennungsmotoren gegeben hätte.

Wirtschaftliche Gründe für die Entscheidung

Der Stuttgarter Technologiekonzern hatte am Mittwoch wirtschaftliche Gründe für seine Entscheidung genannt. Um bei Zellen bis 2030 einen Marktanteil von 20 Prozent zu erreichen, müsste eine Fabrik etwa 200 Gigawattstunden Fertigungskapazität schaffen. Das würde Investitionen in Höhe von 20 Milliarden Euro bedeuten, hinzu kämen Betriebskosten in ähnlicher Höhe: „Eine solche Investition ist im Gesamtinteresse des Unternehmens nicht vertretbar“, sagte Bosch-Geschäftsführer Rolf Bulander. Deshalb werde man auch in Zukunft Zellen zukaufen und daraus Batteriesysteme bauen.

„Aus wirtschaftlichen Gründen kann ich diesen Schritt verstehen“, meint Jürgen Pieper, Analyst des Bankhauses Metzler. „Aber mir wäre lieber, die deutsche Industrie hätte noch einen Fuß in der Zellentechnologie. Und da wäre Bosch sehr geeignet gewesen.“ Nun überlasse man dieses Feld den Asiaten. „Die Europäer haben auf diesem Feld jahrzehntelang geschlafen“, kritisiert Autoexperte Dudenhöffer.

Erst Mitte 2017 hatte die EU-Kommission die Diskussion um eine europäische Fertigung von Batteriezellen in Gang gebracht. Da hatte EU-Kommissar Maros Sefcovic sich einen „Airbus für Batterien“ gewünscht, also eine europäische Kooperation. Bosch verteidigte sich zwar, bis auf die Zelle fertige man alle Komponenten für Elektroautos. „Die Zelle aber ist das Wichtigste“, meint Dudenhöffer, und vergleicht sie mit dem Kolben in einem Verbrennungsmotor.

Deutsche setzen Batteriemodule zusammen

Doch Bosch hält sich offenbar auch zurück, weil die Batteriefertigung nichts mit seinen eigentlichen Feldern zu tun habe. „Das ist Chemie und nicht Physik oder Elektrotechnik“, meint Autoanalyst Pieper. Der Aufholprozess in dieser Technologie gegenüber den Asiaten sei zu lang. Gegenwärtig sind asiatische Konzerne Marktführer in der Herstellung der Zellen. Dazu gehören LG aus Südkorea, Panasonic aus Japan und der chinesische Produzent BYD. Die hiesigen Fahrzeughersteller und Zulieferer kaufen diese Zellen, setzen sie zu Batteriemodulen zusammen und versehen sie mit Steuerungselektronik. In diesem Bereich sieht sich Bosch als globaler Marktführer.

Die Debatte dreht sich darum, ob deutsche und europäische Firmen auch die Speicherzellen selbst fertigen sollten. Damit bleiben die deutschen und europäischen Autohersteller von diesen Produzenten abhängig. Ob nun andere Hersteller noch in die Bresche springen, muss man abwarten. Der Autozulieferer Continental wäre da denkbar, meint Dudenhöffer, oder die österreichisch-kanadische Magna-Gruppe.

Vielleicht engagiert sich Volkswagen

Auch die Autokonzerne schließen nicht aus, dass sie doch noch in die Fertigung einsteigen. „Die dürften sich dann aber wohl nicht mehr für die aktuelle Lithium-Ionen-Technologie interessieren, sondern für deren Nachfolge“, vermutet Pieper und rechnet damit, dass wahrscheinlich Volkswagen sich in diesem Bereich engagieren könnte. Denn die Wolfsburger, die jetzt schon stark in die Elektromobilität investieren, dürften nicht an einer dauerhaften Abhängigkeit von asiatischen Batterieherstellern interessiert sein.

„Wir brauchen mehr als zehn große Batteriefabriken in Europa“, sagte EU-Energiekommissar Maros Sefcovic kürzlich. Für die E-Mobilität seien die Zellen und Batterien zentral, so Sefcovic. Wer glaube, die Batterien einfach einkaufen zu können, sei blind oder sogar naiv. Die Bundesregierung sieht das ähnlich und fördert Unternehmen, die an der Vorbereitung der Zellproduktion arbeiten.

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