400.000 Drohnen über Deutschland Viele Drohnen-Besitzer ignorieren Versicherung

München · Immer mehr Drohnen bewegen sich durch die Luft. Was viele Besitzer nicht wissen: Sie brauchen eine Versicherung für ihr Flugobjekt.

 Drohne über Düsseldorf: Die kleinen Flugkörper am Himmel werden mehr.

Drohne über Düsseldorf: Die kleinen Flugkörper am Himmel werden mehr.

Foto: dpa

Wer sich dem Thema spektakulär nähern will, kann bei YouTube in der Suchzeile „Helicopter Accident Caused By Drone“ eingeben. In diesem von der BBC verfilmten fiktiven Schadenszenario fliegt eine Drohne in den Heckrotor eines gerade landenden Rettungshubschraubers und bringt diesen zum Absturz. „Mehrere Tote und ungefähr zwölf Millionen Euro Schaden“, bilanziert Thomas Kriesmann. Er ist Drohnen-Experte in der Sparte Luftfahrtpolicen der Allianz-Tochter AGCS. Gerade in der Luftfahrt würden immer wieder die unwahrscheinlichsten Unfälle geschehen, weiß er aus Erfahrung. Drohnen seien insofern nur eine neue Risikovariante, wenn auch eine, die es mittlerweile weltweit fünf millionenfach gibt, Tendenz steigend.

Allein in Deutschland fliegen derzeit rund 400 000 der unbemannten Geräte, davon etwa ein Viertel im kommerziellen Einsatz, schätzt der Luftfahrtversicherer. Letztere bereiten der Assekuranz dabei weniger Kopfzerbrechen, obwohl kommerziell auch große Brummer mit bis zu 500 Kilogramm Gewicht unterwegs sind. „Gewerbetreibende nutzen Drohnen als Betriebsmittel, weshalb sie ein größeres Interesse am sicheren Fliegen haben“, sagt Kriesmann. Bei Privatnutzern sieht es anders aus, obwohl auch für sie seit vorigen Herbst zumindest in Deutschland strengere Regeln gelten.

Führerschein notwendig

Dazu zählt, dass man für eine Drohne ab zwei Kilogramm Gewicht einen eigenen Führerschein braucht und ab fünf Kilogramm oder über 100 Meter Flughöhe auch eine Flugerlaubnis der örtlichen Luftfahrtbehörde. Letzteres gilt auch bei Nachtflügen oder in sensiblen Zonen wie eineinhalb Kilometer Umkreis um Flughäfen oder Innenstädte oder Naturschutzgebiete.

Zudem besteht für jede Art von Drohne eine Versicherungspflicht entweder in Form eines Zusatzes zur Haftpflicht oder als Spezialpolice. Das würden Besitzer mangels Beratung im Handel aber oft erst mitbekommen, wenn sie ihr Hightech-Spielzeug auspacken und im Karton einen entsprechenden Hinweis finden, bedauert der Assekuranz-Experte.

Ein Viertel ohne Versicherungspolice

Drohnen-Besitzer ignorieren das aber oft. „Wir schätzen, dass ein Viertel ohne Versicherungspolice fliegt“, sagt Kriesmann. Bedarf entstehe oft erst, bei einem Beinaheunfall oder wenn es vollends gekracht hat. Vielfach bleiben Geschädigte auf ihrem Schaden sitzen, weil der Verursacher nicht ausfindig gemacht werden kann. Für Fluggeräte ab 250 Gramm besteht zwar Kennzeichnungspflicht. „Die Prüfungen könnten aber verbessert werden“, umschreibt Kriesmann den Umstand, dass Drohnen-Halter auch ihren Kennzeichnungspflichten oft nicht nachkommen, das aber kaum kontrolliert wird. Eigentlich müssten sie ein feuerfestes Schild mit Namen und Adresse an ihrem Fluggerät anbringen, tun das aber nicht. Wenn ihre Drohne dann auf ein Auto oder eine Dachsolaranlage stürzt, haben Geschädigte regelmäßig das Nachsehen.

„Oft lässt sich der Haftende wegen mangelnder Kennzeichnung nur schwer ausfindig machen“, stellt der Experte klar und fordert eine Registrierungspflicht für Drohnen. Normalerweise reiche eine Police, die jährlich 80 bis 100 Euro kostet und Schäden von bis zu einer Million Euro abdeckt. Die zahlt aber nur, wenn Drohnen-Besitzer die Spielregeln einhalten und beispielsweise nicht ohne Flugerlaubnis in Flughafennähe unterwegs sind. Auch wenn Persönlichkeitsrechte verletzt werden, indem kamerabestückte Drohnen über das Grundstück des Nachbarn fliegen und das mit Geldbußen geahndet wird, zahlt eine Drohnenversicherung nicht.

Beinaheunfälle mit Flugzeugen

Dramatischer sind Beinaheunfälle mit startenden oder landenden Passagierjets, von denen es schon mehrere gegeben hat. Wer seine Drohne illegal an Flughäfen steigen lässt, schreckt bisweilen nicht einmal davor zurück, das selbst zu filmen und auf YouTube zu veröffentlichen. Deshalb schauen Luftfahrtbehörden neuerdings öfter solche Videos und verschicken dann Abmahnungen mit fünfstelligen Eurosummen.

Kommt eine Drohne in ein Triebwerk, steigt das Schadenspotenzial auf bis zu zehn Millionen Euro, warnt die Allianz. Wirklich gekracht hat es soeben bei einem Flughafen nahe Chemnitz. Dort ist eine Drohne mit einem Sportflugzeug kollidiert und hat es zur Notlandung gezwungen. Der Schaden betrug 30 000 Euro. Ein Verursacher konnte mangels Namensschild auf der Drohne bislang nicht gefunden werden.

Als sehr realistisches Großschadenszenario gilt eine Drohne, die auf einen Lkw stürzt und einen schweren Verkehrsunfall mit Toten verursacht. Finanziell bedeutet das einen Millionenschaden. Noch schlimmer wäre ein Zusammenstoß mit Hubschrauber oder Passagierflugzeug. „Angesichts der uns bekannten Beinahekollisionen ist ein Großschaden wahrscheinlich“, warnt Kriesmann.

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