Interview mit Jochen Halfmann Vapiano verspricht ab 2020 Gewinne

Köln · Im Erdgeschoss brutzelt der Wok, im zweiten Stock residiert die Zentrale der börsennotierten Pasta-Kette Vapiano. Hier treffen wir Jochen Halfmann – rosa Einstecktuch, lebhafte Gestik. Vapiano ging 2017 an die Börse. Der Umsatz lag zuletzt bei 325 Millionen Euro.

Können Sie Pasta überhaupt noch sehen?

Jochen Halfmann: Aber ja, wir haben so viele Varianten an Pizza, Pasta und Salaten. Das wird nicht langweilig. Vor einigen Monaten haben wir „Zoodles“, Nudeln aus Zucchini, aufgenommen – wenig Kohlenhydrate, gut gegen Pfunde und deshalb auch klasse für den Sommer.

Vapiano betreibt 215 Restaurants. Welche sind die umsatzstärksten?

Halfmann: Am besten geht unser Restaurant in Wien-Mitte, gefolgt von London-Great Portland Street und Berlin-Alexanderplatz. In NRW ist es Köln-Rudolfplatz. Aber auch unser Vapiano in den Schadow-Arkaden in Düsseldorf, mittlerweile unser ältestes Restaurant überhaupt, gehört zu den Top 5.

Umsatz ist nicht alles, Vapiano schreibt seit 2016 rote Zahlen. Was läuft da schief?

Halfmann: Gar nichts. Unser Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lag 2017 bei 38,8 Millionen Euro, ein Plus von 35,8 Prozent zum Vorjahr. Dass wir unterm Strich einen Verlust ausweisen, ist planmäßig: Wir haben ein ehrgeiziges Wachstumsprogramm und investieren viel – in 2017 über 60 Millionen Euro. Allein in diesem Jahr eröffnen wir 33-38 neue Restaurants. Bis 2020 wollen wir auf 330 kommen. Deshalb ist das Ergebnis vor Zinsen und Abschreibungen bei Wachstumsstrategien unser Gradmesser.

Wann macht Vapiano Gewinne?

Halfmann: Unsere Planung richtet sich auf 2020, dann werden wir einen positiven Cashflow haben und Gewinne machen. Weltweit wächst der Markt für italienische Küche um neun Prozent, bei Burgern sind es dagegen nur drei Prozent. Diesen Trend nutzen wir.

Trotzdem verdient McDonalds pro Quadratmeter mehr als Vapiano.

Halfmann: Das kann man schwer vergleichen. Unsere Vapianos sind Fast Casual Restaurants, sie liegen im Segment zwischen Schnell- und klassischem Restaurant. Zudem arbeitet McDonalds als Franchise-Unternehmen. Dagegen sind nur gut 40 Prozent der Vapiano Restaurants franchisegeführt, daneben betreiben wir Restaurants selbst oder mit Partnern. Insgesamt in 33 Ländern.

In welchen Ländern geben Kunden am meisten aus?

Halfmann: Die Franzosen sind bereit, mehr für gutes Essen zu bezahlen, hier können wir höhere Preise durchsetzen. In Frankreich gibt der Kunde im Schnitt 16,80 Euro bei einem Vapiano-Besuch aus. In Deutschland, wo Essen traditionell preisgünstig sein muss, sind es 10,60 Euro. In Österreich muss es ähnlich günstig sein. Die Digitalisierung hilft im Übrigen, den Umsatz pro Gast zu erhöhen.

Wie funktioniert das?

Halfmann: Wir statten unsere Restaurants gerade mit Terminals aus, an denen unsere Gäste ihre Menüs bestellen können. Die Terminals geben einen Buzzer aus, den man an den Tisch mitnimmt und der summt, wenn die Bestellung zeitgleich für eine Familie oder Gruppe von Gästen fertig ist. Der Umsatz bei Terminal-Bestellungen liegt um zwölf Prozent höher als bei den Front-Cooking-Bestellungen. Wer sein Essen am Tisch mit der Vapiano-App ordert, gibt im Schnitt sogar 20 Prozent mehr aus. Unsere Gäste ordern also gerne mehr mit unseren Digital Devices.

Wie erklären Sie sich das?

Halfmann: Die App vergisst nie, auch nach Dessert- und Getränke-Wünschen zu fragen. Hier stellen wir digital ein ähnliches Kundenverhalten wie im Einzelhandel fest. Besonders digital sind unsere asiatischen Gäste: In Schanghai wird mit WeChat nur digital geordert und bezahlt.

Nun gibt es mittlerweile auch Mitnahme-Vapianos. Kannibalisieren Sie damit nicht Ihr Stammgeschäft?

Halfmann: Nur zu einem sehr geringen Teil. Im Schnitt bringt uns ein Vapiano Take Away 350 000 Euro zusätzlichen Umsatz im Jahr – und zwar nach Abzug der Kannibalisierungseffekte. Ebenso arbeiten wir mit Lieferdiensten wie Delivery Hero zusammen. Das Home Delivery-Geschäft zeichnet sich durch ein außergewöhnliches Momentum aus.

Die Anleger sind dennoch vom Konzept nicht überzeugt. Im Juni 2017 startete Vapiano an der Börse mit 23 Euro, heute liegt die Aktie bei 19 Euro.

Halfmann: In Gesprächen mit Investoren erlebe ich viel Zuspruch, sie vertrauen unserer Strategie. Dass der Kurs nach dem Börsengang schwankt, ist normal. Zudem ist unser Streubesitz mit 29 Prozent eher gering, das erschwert den Handel der Aktie. Wir hoffen, dass sich der Streubesitz auf Dauer erhöht.

Planen Sie eine Kapitalerhöhung?

Halfmann: Eine Kapitalerhöhung ist nicht vorgesehen. Vapiano sind durch den Börsengang 84 Millionen Euro zugeflossen, davon haben wir erst einen Teil reinvestiert. Wir sind im kontinuierlichen Dialog mit unseren Großaktionären auch über die Frage, ob gegebenenfalls ein größerer Freefloat denkbar wäre.

In Deutschland machte Vapiano 2015 Schlagzeilen, weil Mitarbeiter angeblich abgelaufenes Fleisch und Gemüse eingesetzt haben. Wie stellen Sie die tägliche Qualität sicher?

Halfmann: Qualität und Frische sind für unsere Vapiano-Restaurants das A und O. Wir haben ein intensives Kontrollsystem: Es gibt interne, externe und vor allem unangemeldete Kontrollen. Zugleich werden unsere Vapianisti kontinuierlich geschult. Damit erreichen wir einen Hygiene-Standard, der höchsten Ansprüchen genügt.

Vor einem Jahr ist die Zentrale von Bonn nach Köln umgezogen. Warum?

Halfmann: Wir wachsen, und in Bonn gab es keine geeignete Immobilie für unsere Zwecke. Uno, Post und Telekom haben die meisten Flächen inne und dies zu hohen Mietpreisen. Wir fühlen uns hier im Kölner Hafen sehr wohl.

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