Auto Diesel-Skandal hinterlässt tiefe Spuren in VW-Konzernbilanz

Wolfsburg · Die Abgas-Affäre belastet den VW-Konzern weiter. Auch im neuen Jahr drücken die Folgen der weltweiten Diesel-Manipulationen auf den Gewinn. Allein die Anwälte verschlingen hunderte Millionen Euro.

 Ein hartnäckiges Problem bleibt die Ertragsschwäche der Kernmarke mit dem VW-Logo.

Ein hartnäckiges Problem bleibt die Ertragsschwäche der Kernmarke mit dem VW-Logo.

Foto: Jochen Lübke

Volkswagen handelt sich im Abgas-Skandal den nächsten heftigen Gewinneinbruch ein.

Unterm Strich sackte das Ergebnis zwischen Januar und Ende März um rund ein Fünftel ab, wie VW am Dienstag in Wolfsburg mitteilte. Die Kernmarke VW mit Modellen wie dem Golf und dem Passat konnte nur noch knapp den Sturz in die roten Zahlen vermeiden.

VW versuchte mit hohen Rabatten, die Verkäufe trotz Diesel-Skandals stabil zu halten. Die Vertriebskosten stiegen zu Jahresbeginn aber bei weitem nicht mehr so stark wie direkt nach Bekanntwerden der Manipulationen. Ursprünglich hatte der Konzern sogar noch mit rund 100 Millionen Euro mehr Anreizen kalkuliert, er schöpfte diesen Puffer aber nicht komplett aus.

Auch die Währungskurse spielten Europas größtem Autobauer in die Karten: Die milliardenschweren Rückstellungen für die Folgen der Abgas-Krise gewannen bei der Währungsumrechnung an Wert. Grund ist vor allem der gestiegene Euro-Kurs gegenüber dem US-Dollar. Deswegen konnte VW einen Teil dieses Polsters auflösen und im operativen Ergebnis verbuchen. Das brachte 500 Millionen Euro und sorgte dafür, dass der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) sogar leicht um 112 Millionen auf 3,4 Milliarden Euro kletterte.

Andererseits zeigt ein weiterer Posten, wie präsent die Abgas-Affäre in den Büchern bleibt: Für künftige Anwaltskosten legte Volkswagen im ersten Quartal 200 Millionen Euro mehr zurück.

VW-Konzernchef Matthias Müller zeigte sich vorsichtig zufrieden: "Es ist uns auch im ersten Quartal gelungen, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Dieselthematik in Grenzen zu halten und unter schwierigen Bedingungen respektable Ergebnisse zu erwirtschaften."

Volkswagen hatte mit einer Software Abgastests bei Dieselfahrzeugen manipuliert. Dies hatte den Konzern in eine schwere Krise gestürzt. Mit den Folgen hat VW noch immer schwer zu kämpfen. Im vergangenen Jahr hatten Milliarden-Rückstellungen für den größten Verlust der Konzerngeschichte gesorgt. Im ersten Quartal lag der Gewinn für die Aktionäre wieder bei 2,3 Milliarden Euro, aber damit noch immer deutlich unter dem Niveau des Vorjahres.

In den USA, wo der Skandal seinen Ursprung hatte, gibt es immer noch keine definitive Lösung mit den US-Behörden. Dabei geht es etwa darum, wie viele Autos VW kostspielig zurückkaufen muss. Außerdem kommt Volkswagen bei der Umrüstung der manipulierten Fahrzeuge nur schleppend voran. Seit Jahresbeginn wurden in Europa erst 50 000 Autos umgerüstet, wie Vertriebschef Fred Kappler sagt. Es könne sein, dass VW es nicht schaffe, bis zum Jahresende alle Autos umzurüsten - das war das vorgegebene Ziel. VW muss alleine in Deutschland 2,5 Millionen Dieselfahrzeuge in die Werkstätten rufen.

Probleme hat VW auch in seinem wichtigsten Markt. In China musste der Autobauer massiv Federn lassen. Das anteilige operative Ergebnis aus dem Geschäft im Reich der Mitte sackte im ersten Quartal um ein Viertel im Jahresvergleich auf 1,2 Milliarden Euro ab. Allerdings hatte dort der Automarkt vor einem Jahr auch noch mächtig gebrummt, bevor die Verkäufe im Sommer spürbar einknickten.

Finanzchef Frank Witter sagte in einer Telefonkonferenz, VW rechne in China im Jahresverlauf mit besseren Aussichten. Die Margen in China seien aber unter Druck. Auch in Brasilien und Russland seien die Märkte angespannt.

Ein hartnäckiges Problem bleibt die Ertragsschwäche der Kernmarke mit dem VW-Logo: Auch zum Jahresstart warf das Sorgenkind mit Golf und Passat kaum Gewinn ab. Zwar arbeitete die Marke in den ersten drei Monaten mit 73 Millionen Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) wieder profitabel. Doch im Vergleich zum Startquartal des Vorjahres (514 Mio Euro) brach das Ergebnis um 86 Prozent ein. Finanzchef Witter sagte, es sei eine der Top-Prioritäten des gesamten Konzerns, die Ertragslage bei der Kernmarke VW zu verbessern.

Die großen Gewinnbringer bleiben die Luxusmarken Audi und Porsche. Auch die tschechische Tochter Skoda glänzte. Der Konzern-Umsatz sank um 3,4 Prozent auf knapp 51 Milliarden Euro. Wie schon bekannt schrumpften die Verkaufszahlen leicht um 1,2 Prozent auf knapp 2,6 Millionen Fahrzeuge.

Auch eine weitere Kennziffer zeigt neuerdings rückläufige Vorzeichen: Nach jahrelangen Zuwächsen sank die Mitarbeiterzahl im Inland seit dem Jahreswechsel um rund 800 Stellen auf 277 900. Dieser Rückgang binnen drei Monaten entspricht einem Minus von 0,3 Prozent. Einen Beschäftigungsrückgang in Deutschland gab es nach VW-Angaben zuletzt im Jahr 2009 mitten in der Wirtschafts- und Finanzkrise. Im Ausland lief der Aufbau dagegen weiter: 1,1 Prozent Plus hoben die Mitarbeiterzahl außerhalb Deutschlands um fast 4000 Stellen auf 335 200 Jobs. In Summe steht damit ein leichtes Plus von 0,5 Prozent.

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