Milliarden-Sparprogramm VW-Betriebsrat zieht rote Linien

Wolfsburg · Die gewinnschwache VW-Kernmarke muss im Dieselskandal sparen. Das Management dringt nun auf milliardenschwere Sparziele und Mehrarbeit für Fachkräfte. Derweil pocht Verkehrsminister Dobrindt auf härtere EU-Abgasregeln.

 Bei dem Zukunftspakt geht es etwa um Aufgaben der Fabriken, neue Produkte, Stückzahlen, Investitionen und die Belegschaftsstärke.

Bei dem Zukunftspakt geht es etwa um Aufgaben der Fabriken, neue Produkte, Stückzahlen, Investitionen und die Belegschaftsstärke.

Foto: Julian Stratenschulte

Der im Dieselskandal steckende Autobauer VW will seine gewinnschwache Pkw-Kernmarke mit einem milliardenschweren Sparprogramm auf Trab bringen. VW-Markenchef Herbert Diess brachte zudem für Tausende Fachkräfte fünf Stunden mehr Arbeitszeit pro Woche ins Spiel.

Diess sprach im Wolfsburger Stammwerk bei einer Betriebsversammlung von einer 40-Stunden-Woche für die Mitarbeiter in der Technischen Entwicklung (TE). Bisher gilt für sie laut VW-Haustarif in aller Regel eine 35-Stunden-Woche.

Generell will Volkswagen mit einem "Zukunftspakt" bis Ende 2020 bei der Pkw-Kernmarke rund 3,7 Milliarden Euro Sparvolumen freischaufeln. Teile dieser Zielsumme resultierten bereits aus Ansätzen aus dem 2014 gestarteten Effizienzprogramm, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur.

Das Treffen in Wolfsburg mit rund 20 000 Mitarbeitern war nicht öffentlich. Aus dem Umfeld von Diess verlautete, dass die zusätzlichen fünf Wochenstunden auf jeden Fall bezahlt werden würden. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh betonte am Abend: "Wir haben heute schon die Möglichkeit, über Mehrarbeit oder den Arbeitszeitfixpunkt flexibel zu reagieren."

Derzeit ist die Arbeit in der Abteilung wegen des Rückrufs von Millionen Dieselfahrzeugen erschwert. Laut Unternehmensdarstellung arbeiteten allein in der Wolfsburger TE mehr als 9300 Menschen.

Ein noch unter dem damaligen Konzern- und Markenchef Martin Winterkorn aufgelegtes Effizienzprogramm hatte als Sparziel, die jährlichen Kosten von 2014 bis 2017 um fünf Milliarden Euro zu drücken. Damals ging es vor allem um die Struktur des Autobauers, um verbesserten Einkauf und weniger Doppelarbeit in der Entwicklung.

Das neue Ziel von 3,7 Milliarden Euro aus dem Zukunftspakt, den Betriebsrat und Unternehmen derzeit verhandeln, könne nicht auf die fünf Milliarden aus dem Effizienzprogramm addiert werden, hieß es aus Konzernkreisen. Teils überschnitten sich die Programme. Der Zukunftspakt soll in den nächsten Wochen stehen.

Der VW-Betriebsrat hat in den Gesprächen für den Zukunftspakt laut dpa-Informationen einige Punkte als nicht verhandelbar erklärt. Betriebsbedingte Kündigungen dürfe es nicht geben und an bestehenden Verträgen wie dem VW-Haustarif - mit Regeln etwa für Einkommen und Arbeitszeit - sei nicht zu rütteln.

Eine Forderung, mit der sich Osterloh wohl durchsetzen konnte. In einer gemeinsamen Mitteilung von VW und Betriebsrat hieß es, betriebsbedingte Kündigungen seien vom Tisch. "Wir müssen die Mannschaft verkleinern, aber es wird keine Kündigungen geben", sagte Diess. Personalvorstand Karlheinz Blessing sagte: "Wo Aufgaben entfallen, werden wir Stellen nicht wieder besetzen."

Außerdem zog der Betriebsrat eine weitere rote Linie ein: Die schwierige Situation sei nur zu meistern, "wenn wir für alle Standorte eine klare Zukunftsperspektive, neue Produkte und damit langfristig sichere Arbeitsplätze erhalten", sagte Osterloh. Nicht zuletzt wegen der milliardenschweren Belastungen aus der Manipulation von Dieselabgastests steht der Konzern vor einer harten Belastungsprobe, auch der Schwenk zu Elektroautos bedeutet für den Konzern mit weltweit mehr als 600 000 Mitarbeitern einen Umbruch.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt wies derweil eine Mitverantwortung der Bundesregierung am VW-Skandal zurück und dringt weiter auf schärfere EU-Abgasregeln. "Ich glaube nicht, dass alles seine Ordnung hat und die Richtlinien präzise genug sind", sagte der CSU-Politiker im Abgas-Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments in Brüssel. Die bestehenden Vorgaben, wonach die Abgasreinigung zum Motorschutz abgeschaltet werden darf, kämen aus einer technisch anderen Zeit. Solche Abschaltungen sollten künftig nur noch akzeptiert werden, wenn es beim Einsatz "bester verfügbarer Technologien" keine anderen Möglichkeiten zum Motorschutz gibt.

EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska entgegnete dem deutschen Bundesminister: "Die Gesetzgebung zur Typzulassung ist klar, sowohl vom Geist als auch im Wortlaut." Abschalteinrichtungen seien nach EU-Gesetz verboten und könnten nur unter bestimmten Umständen benutzt werden, die im Gesetz definiert seien, sagte sie der "Welt".

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