Klagen gegen Telekomunternehmen USA erheben schwere Vorwürfe gegen Huawei

Washington · US-Ministerien und das FBI gehen gegen den chinesischen Tech-Riesen Huawei vor - unter anderem wegen Betrugs, Spionage und Geldwäsche. Zu den Geschädigten gehört die US-Tochter der Deutschen Telekom.

Im Handelsstreit um milliardenschwere Strafzölle wollen Peking und Washington ab Mittwoch die Chancen für einen dauerhaften Waffenstillstand ausloten. Auf juristischer Ebene stehen die Zeichen dagegen auf noch mehr Sperrfeuer: Das US-Justizministerium hat das Kronjuwel der chinesischen Tech-Branche – den Telekom-Giganten Huawei – mit einer Reihe von Klagen überzogen. Neben dem Unterlaufen von Handels-Sanktionen kontra Iran werfen Justizministerium, Wirtschaftsministerium, Heimatschutzministerium und Bundespolizei FBI dem weltweit größten Netzwerkausrüster und nach Samsung zweitgrößten Mobiltelefonhersteller Industrie-Spionage, Betrug, Verschwörung, Behinderung der Justiz und Geldwäsche vor.

Zudem wird von den USA die Auslieferung der seit Dezember in Kanada festgesetzten Tochter des Huawei-Gründers Ren Zengfei verlangt. Meng Wangzhou, Finanzchefin des Konzerns, der zuletzt einen Jahresumsatz von rund 110 Milliarden Dollar erzielte, drohen im Falle einer Verurteilung in Amerika bis zu 30 Jahre Haft. Sie soll für „betrügerische Geschäfte“ mit dem Iran über eine Briefkastenfirma in Hongkong verantwortlich sein. Der Konzern wies die Vorwürfe zurück. Das Außenministerium in Peking sprach von „unangemessener Unterdrückung“ von Huawei und verlangte freies Geleit für Meng Wangzhou.

Mitarbeiter sollen Roboterarm gestohlen haben

Verwickelt in den Fall (als Opfer) ist die US-Tochter T-Mobile der Deutschen Telekom. In einer abgetrennten Klage wirft die US-Justiz Huawei Technologie-Diebstahl vor. Es geht es um den Testroboter „Tappy“, der Mobiltelefone auf Schäden untersuchen kann. Huawei-Mitarbeiter sollen Fotos von dem Gerät gemacht und Teile (einen Arm) entwendet haben, um das Produkt zu kopieren. T-Mobile klagte auf 500 Millionen Dollar Schadensersatz. Ein Gericht in Seattle sprach dem Konzern 2017 nur knapp fünf Millionen Dollar zu. Begründung: Huawei habe ohne Vorsatz und Arglist gehandelt. Das FBI behauptet das Gegenteil. Anhand von E-Mails, so Direktor Christopher Wray, könne nachgewiesen werden, dass Huawei bereits 2013 Mitarbeitern einen Bonus versprochen habe, wenn sie bei Wettbewerbern wertvolle Geheimnisse stehlen.

Im Hintergrund schwelt der Handelsstreit

Die juristische Breitseite kommt aus Sicht von US-Medien nicht zufällig. Chinas Vize-Regierungschef Liu He verhandelt in Washington mit Experten über eine Beilegung des von Präsident Donald Trump ausgelösten Handelsstreits. Trump hatte Nachsicht im Fall von Huawei-Finanzchefin Wangzhou angedeutet, wenn Peking sich seinen Forderungen beugt. Das US-Justizministerium betonte, die Klagen gegen Huawei seien unabhängig vom Weißen Haus ergangen.

Analysten in Washington sehen hinter der juristischen Eskalation einen grundsätzlichen Streit. Es gehe darum, den weltweit größten Netzwerkausrüster in letzter Minute vom Aufbau des künftig noch schnellere Vernetzung bietenden Mobilfunkstandards 5G „abzukoppeln“, sagte ein Wirtschaftsvertreter dieser Zeitung. „Auf diesem Weg soll Chinas Drang zu globaler Technologie-Vorherrschaft gebremst werden.“ Bei 5G hat Huawei nach eigenen Angaben weltweit 30 Verträge sicher, darunter 18 mit europäischen Staaten. In den USA ist Huawei seit 2012 vom Geschäft ausgeschlossen. Geheimdienste und Regierung sind der Überzeugung, dass der Konzern in Handys und Netzwerk-Bauteile schwer zu entdeckende Hintertürchen integriert, die vom chinesischen Staat für Datendiebstahl und Spionage missbraucht werden können. Unabhängig erhobene Beweise dafür wurden bisher nicht von US-Stellen öffentlich vorgelegt.

Konzern hat in Bonn ein Labor eingerichtet

In Deutschland, wo Huawei Firmen wie Telekom, Telefónica und Vodafone mit Netzwerk-Technik beliefert, hat der Konzern in Bonn ein Labor eingerichtet. Dort testet das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) Huawei-Produkte auf Unbedenklichkeit, bislang ohne Beanstandung. Huawei-Chef Ren Zengfei bestreit Kooperation mit staatlichen Stellen in Peking. US-Experten halten dem entgegen, dass in China Tech-Firmen per Gesetz verpflichtet sind, Behörden Daten zur Verfügung zu stellen. Mit diesem Kern-Argument drängt die Trump-Regierung weltweit darauf, Huawei als Partner zu meiden. In mehreren Ländern sind bereits Restriktionen ergangen. In Deutschland, wo in diesem Frühjahr die Lizenzen für 5G vergeben werden sollen, mehren sich die Vorbehalte. Die Telekom steckt nach eigenen Angaben im Prüfungsprozess. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) verlangt klare Beweise für den Spionageverdacht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort